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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle
Autoren: Das fremde Kind
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könne
er seinen Blick nicht von ihr lassen. Er schaut sie noch ein paar Sekunden an. Sie
steht vollkommen still hinter dem Tresen. Eine Fotografie, ein Stummfilm. Die Sekunden
kommen ihm wie Stunden vor. Gertrud streicht eine rote Haarsträhne am Hals beiseite,
sagt jedoch nichts mehr.
     
    S obald er die
Eingangstür des Hotels öffnet, schlägt ihm die Hitze entgegen. Sie ist feucht, nahezu
tropisch. Es ist erst früher Vormittag, doch er merkt sofort, dass er auf das Unterhemd
besser verzichtet hätte. Konrad will umkehren, auf sein Zimmer gehen und sich leichter
anziehen. Doch dann müsste er erneut die Rezeption passieren. Was ihm im Moment
unmöglich erscheint. Er beginnt zu schwitzen.
    Er schlendert am Brunnen und an dem
einsamen Obsthändler auf dem Marktplatz vorbei, wirft einen Blick in das Schaufenster
vom Systembolag und geht weiter in Richtung Kirche.
    Ich muss nachfragen, wann die Beerdigung
stattfindet, fällt ihm ein.
    Er überquert die Bahngleise und betritt
den Friedhof. Die Kirche ist aus roten Ziegelsteinen erbaut und wirkt ziemlich unansehnlich.
Eine ausladende Blutbuche breitet ihre Aste schützend über die Gräber aus. Kleine
Erdhügel im Gras zeugen davon, dass nachts, wenn die Totengräber nach Hause gegangen
sind, die Maulwürfe aktiv werden. Aber die Kieswege sind fein säuberlich geharkt.
Hinten am Geräteschuppen neben einer hohen Buchsbaumhecke sieht er den Friedhofsgärtner
seinen Rechen abstellen. Ansonsten ist niemand zu sehen. Lediglich einige herumstolzierende
Elstern wagen sich auf die perfekt geharkten Wege.
    Dann erblickt er den Hund.
    Ein räudiger streunender Hund von nicht
näher definierbarer Rasse.
    Er steht am hinteren Ende des Kieswegs
vollkommen reglos neben einem Wacholderstrauch und beobachtet Konrad mit gespitzten
Ohren. Er ist schmutzig braun und wirkt abgemagert und ausgezehrt. Scheint neugierig
und zugleich auf der Hut zu sein. Trotz des großen Abstandes meint Konrad, ein
Leuchten in den Augen des Hundes zu erkennen. Ein Besitzer ist nirgends zu sehen.
Gibt es hier etwa Wildhunde?
    Er schüttelt angesichts seiner Wahrnehmung
den Kopf, und im selben Augenblick zuckt der Köter zusammen, als hätte er sich erschrocken,
und verschwindet hinter einem Busch. Dann ist er weg.
    «Wollte er etwas von mir?»
    Langsam geht Konrad durch die Reihen
mit schwarzen und rotbraunen Granitsteinen. Grablichter mit niedergebrannten Kerzen.
Vasen mit halb verwelkten Blumen. Er liest die Namen auf den Grabsteinen, einige
von ihnen sagen ihm etwas. Es ist zwar lange her, aber damals war er oft hier langgegangen.
    Konrad blickt sich suchend um, genau
wie damals.
    Obwohl er weiß, dass er das, was er
sucht, niemals finden wird.
    Agnes' Grab.
    Unter der Blutbuche könnte es vielleicht
sein. Er lehnt sich mit dem Rücken gegen den kräftigen Stamm und blinzelt angesichts
der vereinzelten Sonnenstrahlen, die durch das Blattwerk dringen, in Richtung Himmel.
    «Warum hast du mich verlassen, Agnes?»,
flüstert er.
     
    KAPITEL 4
     
    E s war der Köter,
der ihn mit seinem Winseln weckte. Die alte Hündin kratzte mit ihren Pfoten an der
Haustür und jaulte erbärmlich. Musste wie immer in aller Herrgottsfrühe pinkeln.
Er seufzte, schob die Bettdecke beiseite und stand mit einem steifen Gefühl in seinen
altersschwachen Gelenken auf.
    Die alte Töle kann das Wasser nicht
mehr halten, dachte er. Man sollte sie erschießen, damit sie sich nicht länger
quält.
    Als er draußen im Flur jedoch ihrem
kläglichen Blick begegnete, überkam ihn ein schlechtes Gewissen. Er öffnete die
Tür, sodass der Hund hinausschlüpfen konnte. Dann ging er selbst auf die Toilette.
Die Klobrille war bereits hochgeklappt. Er betrachtete den kraftlosen Strahl, der
in die gelbbraune Porzellanschüssel tröpfelte. Schüttelte seinen Schwanz ab und
steckte ihn wieder zurück in die langen Unterhosen.
    Mit dem ist auch nichts mehr los, dachte
er. Vielleicht sollte man nicht nur den Hund erschießen.
    Er wollte schon wieder unter die Decke
kriechen und versuchen noch einmal einzuschlafen, überlegte es sich dann aber anders.
    Nach Ruts Tod hat er es sich zur Gewohnheit
gemacht, früh aufzustehen. Nicht, dass er jemals ein Langschläfer gewesen wäre oder
als Rentner besonders viel zu tun hätte.
    Die Sau hatte er mit den letzten Ferkeln
zum Schlachten gebracht, und die Hühner begnügten sich damit, dass er ihnen ab
und an einige Hände Mais zuwarf. Eigentlich war nur die grauschnäuzige Hündin auf
ihn angewiesen.
    Er
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