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Lady Ghoul

Lady Ghoul

Titel: Lady Ghoul
Autoren: Jason Dark
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bei dem Ausdruck seiner Augen nicht sprechen. Es war ein Starren, er schaute hinaus über das Wasser, er dachte dabei an nichts, dennoch tobten Gedanken durch seinen Kopf, die er allerdings nicht in die Reihe bekam.
    Alles war anders geworden, so schrecklich, so furchtbar. Er wollte nicht wahrhaben, daß Phil Garner ein fürchterliches Ende erlitten hatte und nur mehr Erinnerung war.
    Der Himmel hatte mittlerweile eine andere Farbe angenommen. Er war dunkler geworden. Die grauen Schatten schoben sich vor und drückten das Tageslicht zurück.
    Abendliche Winde wehten über das Wasser und erzeugten lange Wellen. Sie klatschten auch gegen die Bordwand, das Schiff geriet ins Schaukeln, und erst jetzt erwachte Ernie Balsam aus seiner Erstarrung. Er drehte sich um. Ein seufzender Atemzug drang aus seinem Mund. Mit einer verlegen wirkenden Geste wischte er sich über die Augen. Noch einmal suchte er das Meer ab.
    Er hatte das Fernglas genommen. Der Felsen, an dem die unheimliche Person erschienen war, sah zum Greifen nahe aus. Das Wasser brandete gegen ihn, der weiße Schaumbart blieb immer erhalten, und er sah plötzlich die hellen, länglichen Gegenstände auf und dicht unterhalb der Wasserfläche schwimmen.
    Knochen…
    Menschliches Gebein — die Reste seines Freundes Phil Garner, der in eine schreckliche Todesfalle getaucht war.
    »Farewell, old boy, farewell…«, flüsterte Ernie mit rauher Stimme, während der Wind durch sein Haar fuhr und es aufwühlte. »Irgendwann sehen wir uns wieder, irgendwann…«
    Er drehte sich um und betrat den Ruderstand. Vor der tiefen, tintigen Dunkelheit wollte er dieses gefährliche Gebiet verlassen haben. Das Boot tat seine Pflicht. Der Rolls-Royce-Motor brachte einiges an Stärke mit und war hervorragend in Schuß. Allein fuhr er wieder zurück. Kurs Nord, der türkischen Küste entgegen…
    ***
    Es war schon dunkel, als Ernie im Hafen anlegte und das Boot mit einigen persönlichen Dingen unter dem Arm verließ. Er ging die paar Schritte bis zu der kleinen Pension, in der er wohnte. Das Haus gehörte einer Familie, die auch englisch sprach. Der Mann hatte mal drei Jahre in Liverpool gearbeitet, sein Sohn in London auf dem Fischmarkt. Der kleine Hafen lag in einer Bucht. Er hätte als romantisch bezeichnet werden können, doch Phil hatte an diesem frühen Abend keinen Blick dafür. Um das Haus zu erreichen, mußte er eine Treppe hochsteigen. Man hatte sie in den felsigen Hang gschlagen.
    Überhaupt lagen die Wohnhäuser der Menschen am Hang oder verteilten sich jenseits des Hafens zwischen den Zypressenhainen.
    »Hallo!«
    Aus dem Dunkeln war er angesprochen worden. Sein türkischer Wirt saß auf der Treppe. Er trank Kaffee. »Ich grüße dich, Özal.«
    »Deine Stimme klingt nicht gut. Und du bist allein zurückgekehrt.«
    Bevor Ernie eine Antwort gab, schaute er über das Meer, das mittlerweile eine dunkelblaue Farbe angenommen hatte, die einen Stich ins Grüne bekam.
    »Wenn du jetzt nicht reden willst, mach es später. Ich warte hier auf dich.«
    »Danke, Özal.« Ernie ging weiter, drückte die alte Haustür auf und hörte die Stimme der Wirtin. Die Frau hantierte in der Küche. Sie briet dort etwas an, dessen scharfer Geruch durch das Haus zog. Über die alte Treppe schritt er nach oben in die erste Etage, öffnete die nicht verschlossene Zimmertür und ließ sich auf das einfache Bett fallen. Dort blieb er hocken und starrte gegen die Wand. Seine Gedanken galten Phil, sie trieben ihm Kälteschauer über den Rücken. Ernie streifte wärmere Sachen über, bevor er sich wieder an die Einladung erinnerte.
    Er ging hinunter und fand Özal noch immer auf dem gleichen Fleck hockend. Etwas hatte sich verändert. Neben ihm auf dem Tablett, wo auch der Kaffee und die Tassen standen, ragte etwas Schlankes in die Höhe. Es war der Hals einer Flasche.
    Özal trank keinen Alkohol, aber er wußte, daß Ernie Balsam einen Schluck vertragen konnte.
    »Setzt dich zu mir, Freund.«
    »Danke.« Ernie nahm Platz. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und schaute über den Hafen hinweg auf die dunkle Wasserfläche, die ihm endlos vorkam. Am Himmel blinkten die ersten Sterne. Winzige Punkte in der tiefblauen Unendlichkeit. Der Abendwind wehte von der See her und strich gegen die Gesichter der Männer. Im Hafen war es still geworden. Die dort ankernden Boote dümpelten im Rhythmus der anlaufenden Wellen. Jemand fuhr mit einem Motorrad über den Kai. Das Geräusch des knatternden Auspuffs
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