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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera
Autoren: Theodor Fontane
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entschließen können, geladen waren. Auch Anastasia.
    Melanie, die noch, vor Eintreffen ihres Besuchs, allerlei Wirtschaftliches anzuordnen hatte, war ganz Aufregung und erschrak ordentlich, als sie gleich nach Dunkelwerden und lange vor der festgesetzten Stunde die Klingel gehen hörte. Wenn das schon die Gäste wären! Oder auch nur einer von ihnen. Aber ihre Besorgnis währte nicht lange, denn sie hörte draußen ein Fragen und Parlamentieren, und gleich darauf erschien das Vrenel und trug eine mittelgroße Kiste herein, auf der, ohne weitere Adresse, bloß das eine Wort »Julklapp« zu lesen war.
    »Ist es denn für uns, Vreni?« fragte Melanie.
    »I denk schon. I hab ihm g'sagt: ›'s isch der Herr Rubehn, der hier wohnt. Un die Frau Rubehn.‹ Un do hat er g'sagt: ›'s isch schon recht; des isch der Nam'.‹ Un do hab i's g'nomme.«
    Melanie schüttelte den Kopf und ging in Rubehns Stube, wo man sich nun gemeinschaftlich an das Öffnen der Kiste machte. Nichts fehlte von den gewöhnlichen Julklappszutaten, und erst als man, unten am Boden, eines großen Gravensteiner Apfels gewahr wurde, sagte Melanie: »Gib acht. Hierin steckt es.« Aber es ließ sich nichts erkennen, und schon wollte sie den Gravensteiner, wie alles andere, beiseite legen, als sich durch eine zufällige Bewegung ihrer Hand die geschickt zusammengepaßten Hälften des Apfels auseinanderschoben. »Ah, voilà.« Und wirklich, an Stelle des Kernhauses, das herausgeschnitten war, lag ein in Seidenpapier gewickeltes Päckchen. Sie nahm es, entfernte langsam und erwartungsvoll eine Hülle nach der andern und hielt zuletzt ein kleines Medaillon in Händen, einfach, ohne Prunk und Zierat. Und nun drückte sie's an der Feder auf und sah ein Bildchen und erkannt es, und es entfiel ihrer Hand. Es war, en miniature, der Tintoretto, den sie damals so lachend und übermütig betrachtet und für dessen Hauptfigur sie nur die Worte gehabt hatte: »Sieh, Ezel, sie hat geweint. Aber ist es nicht, als begriffe sie kaum ihre Schuld?«
    Ach, sie fühlte jetzt, daß das alles auch für sie selbst gesprochen war, und sie nahm das ihrer Hand entfallene Bildchen wieder auf und gab es an Rubehn und errötete.
    Dieser spielte damit hin und her und sagte dann, während er die Feder wieder zuknipste: »King Ezel in all his glories! Immer derselbe. Wohlwollend und ungeschickt. Ich werd es tragen. Als Uhrgehäng, als Berloque.«
    »Nein,
ich
. Ach, du weißt nicht, wieviel es mir bedeutet. Und es soll mich erinnern und mahnen... jede Stunde...«
    »Meinetwegen. Aber nimm es nicht tragischer als nötig und grüble nicht zuviel über das alte leidige Thema von Schuld und Sühne.«
    »Du bist hochmütig, Ruben.«
    »Nein.«
    »Nun gut. Dann bist du stolz.«
    »Ja, das bin ich, meine süße Melanie. Das bin ich. Aber auf was? Auf wen?«
    Und sie umarmten sich und küßten sich, und eine Stunde später brannten ihnen die Weihnachtslichter in einem ungetrübten Glanz.
     
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