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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman
Autoren: Lisa Kleypas
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reagiert auf nichts, was ich sage.«
    »Du bindest den Knoten, ich spreche mit ihr.«
    Leo hatte in seinem ganzen Leben noch nie eine solche Angst verspürt, nicht einmal, als Laura gestorben war. Damals war der Verlust schleichend gewesen, er hatte zusehen können, wie das Leben aus ihr wich genauso wie der Sand aus einem Stundenglas. Das hier aber war noch schlimmer. Das war die tiefste Hölle überhaupt.
    Leo beugte sich aus dem Fenster und starrte auf Catherines zusammengekauerte, erschöpfte Gestalt. Er kannte die Wirkung von Opium, die Verwirrung, den Schwindel, dass sich die Beine anfühlten wie Blei, während man sich zugleich so wunderbar leicht fühlte, als könnte man fliegen. Und dazu kam noch, dass Catherine nicht einmal etwas sehen konnte.
    Wenn es ihm gelang, sie in Sicherheit zu bringen, würde er sie niemals wieder aus seinen Armen las-sen.
    »Also gut, Marks«, sagte er so normal wie es ihm möglich war. »Von allen lächerlichen Situationen, in die wir uns schon gebracht haben, schlägt das dem Fass den Boden aus.«
    Sie hob den Kopf und blinzelte in seine Richtung. »Mylord?«
    »Ja, ich werde dir helfen. Halt still. Natürlich musstest du mir meinen heroischen Rettungseinsatz so schwer wie möglich machen.«
    »Habe das nicht geplant.« Sie lallte, aber in ihrer Stimme lag ein vertrauter – und angenehmer – Anflug von Empörung. »Wollte hier weg.«
    »Ich weiß. Und in weniger als einer Minute werde ich dich wieder hereinholen, damit wir uns anständig streiten können. In der Zwischenzeit …«
    »Will aber nicht.«
    »Du willst nicht hereinkommen?«, fragte Leo verdutzt.
    »Nein, ich will mich nicht streiten.« Sie ließ den Kopf wieder auf die Knie sinken und stieß einen erstickten Schluchzer aus.
    »Herrgott!«, sagte Leo, und seine Gefühle drohten ihn zu überwältigen. »Schatz, Liebling, bitte, wir werden nicht streiten. Ich versprech’s dir. Weine nicht.« Er holte einmal bebend Luft, als Harry ihm das Seil reichte, das an einem Ende eine perfekte Schlaufe aufwies. »Cat, hör mir zu … heb deinen Kopf und bring deine Knie nur ein kleines Stück weiter nach unten. Ich werde dir jetzt ein Seil zuwerfen, aber du darfst auf keinen Fall danach greifen, verstehst du? Sitz einfach still da und lass es in deinen Schoß fallen.«
    Sie gehorchte und hielt still, schielend, blinzelnd.
    Leo ließ die Schlaufe ein paarmal schwingen und prüfte ihr Gewicht, versuchte abzuschätzen, wie viel Seil er geben musste. Dann warf er es langsam und vorsichtig hinunter. Aber die Schlaufe verfehlte ihr Ziel um einige Zentimeter und baumelte zu Catherines Füßen von den Schindeln.
    »Du musst mir das Seil mit mehr Kraft zuwerfen«, sagte sie.
    Trotz seiner Verzweiflung und der Angst, die ihm in den Knochen saß, musste er sich ein Grinsen verkneifen. »Wirst du wohl jemals damit aufhören, mir zu sagen, was ich zu tun habe, Marks?«
    »Ich glaube nicht«, erwiderte sie nach einer kurzen Denkpause.
    Er holte das Seil wieder ein und warf die Schlaufe erneut zu Catherine hinunter, und diesmal blieb sie wie gewünscht auf ihren Knien liegen.
    »Ich hab es.«
    »Braves Mädchen«, rief Leo. Er bemühte sich inständig, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Jetzt schlüpfe mit den Armen durch die Schlaufe und zieh sie dir über den Kopf. Ich möchte, dass dich das Seil am Brustkorb hält. Nicht zu schnell, halte dein Gleichgewicht …« Sein Herz schlug schneller, als sie mit der Schlaufe hantierte. »Ja, genau so. Ja. Mein Gott, ich liebe dich.« Er stieß einen erleichterten Seufzer aus, als er sah, dass das Seil an der richtigen Stelle saß, direkt oberhalb ihrer Brüste und unterhalb ihrer Arme. Er gab Harry das andere Ende des Seils. »Nicht loslassen.«
    »Auf keinen Fall.« Harry band sich das Seil in Windeseile um die Taille.
    Leo wandte seine Aufmerksamkeit wieder Catherine zu, die mit gerunzelter Stirn etwas zu ihm sagte. »Was hast du gesagt, Marks?«
    »Du musstest das nicht sagen.«
    »Was musste ich nicht sagen?«
    »Dass du mich liebst.«
    »Aber so ist es.«
    »Nein, so ist es nicht. Du liebst mich nicht. Ich habe gehört, wie du zu Win gesagt hast, dass …« Catherine hielt inne, strengte ihr Gedächtnis an. »Dass du nur eine Frau heiraten würdest, die du ganz sicher nie lieben wirst.«
    »Ich sage oft idiotisches Zeug«, protestierte Leo. »Es ist mir nur noch nicht in den Sinn gekommen, dass mir tatsächlich jemand zuhören könnte.«
    Ein Fenster öffnete sich im Haus nebenan, und eine
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