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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz
Autoren: H Nygaard
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so viel Brisanz
liegt, dass ihn jemand mit einem Sprengsatz attackiert. Im gegebenen
Parteiengefüge dürfte der Täter nicht zu finden sein, und die Wahrnehmung des
Kreistages durch die Bevölkerung ist so gering, dass die Menschen gar nicht
spüren, dass es ihn gibt.«
    »Richtig«,
bestätigte Lüder. »Ein Beweis dafür ist die geringe Wahlbeteilung bei der
Direktwahl des Landrates. Der erfolgreiche Kandidat darf sich sicher nicht als
Repräsentant der breiten Bevölkerungsmehrheit wähnen, selbst wenn er nach
demokratischen Spielregeln gewählt wurde. Ich habe eruiert, ob sich Rasmussen
in einer politischen Gemeinschaft engagiert, wie zum Beispiel der
Deutsch-Israelitischen-Gesellschaft oder dem arabischen Gegenstück. Fehlanzeige.
Der Mann ist nicht einmal Mitglied im Rat seiner Kirchengemeinde, gehört keinem
Gesang- oder Geflügelzüchterverband an, und seine Tätigkeit in der
Verbandsorganisation der Landwirte ist auch unkritisch.«
    »Könnte es
Verbindungen zu extremen politischen Gruppierungen geben? Linkslastigkeit darf
man wohl bei diesem Hintergrund ausschließen. Wie sieht es mit dem rechten
Spektrum aus?«
    Lüder lachte kurz
auf.
    »Sie meinen,
schleswig-holsteinische Landwirte sind anfällig für nationalistische Parolen?
Fehlanzeige. Rasmussen hat nicht einmal Beziehungen zu Vertriebenenverbänden,
weil seine Familie seit jeher in Angeln beheimatet ist.«
    »Dann dürfte es ein
hartes Brot werden, dem Motiv für die Tat auf die Spur zu kommen«, meinte
Frauke Dobermann. »Könnte vielleicht ein Irrtum vorliegen?«
    »Sie meinen, der
Bombenleger hat die Sprengladung nur aus Versehen an Rasmussens Adresse
geschickt?« Lüder überlegte einen Moment. »Nein! Das möchte ich ausschließen.
Wer sich der Mühe unterzieht, einen Sprengsatz zu basteln und zu versenden, der
schickt ihn nicht an die falsche Adresse. Ich glaube, wir sollten das Ergebnis
der kriminaltechnischen Untersuchung abwarten.«
    Er hatte den Hörer
kaum auf den Apparat zurückgelegt, als sich das Telefon wieder bemerkbar
machte.
    »Hallo, Frau Dr. Braun«,
begrüßte er die Leiterin der Kriminaltechnik des LKA .
    »Guten Morgen, Herr
Lüders. Sie haben keine Vorstellung davon, was Sie von uns erwarten. Die Arbeit
in meiner Abteilung stellt besondere Anforderungen an die Mitarbeiter. Von
daher ist die ohnehin knapp bemessene Erholungspause übers Wochenende kaum
ausreichend, um sich zu regenerieren. Wenn wir trotzdem …«
    »Liebe Frau Dr.
Braun«, unterbrach Lüder die Wissenschaftlerin. »Wir alle wissen, dass ohne Sie
und Ihre Kollegen viele Straftaten ungesühnt bleiben würden. Wir sind uns
bewusst, dass die ermittelnden Beamten draußen auf den Dienststellen nur
schmückendes Beiwerk sind, von uns im LKA ganz zu schweigen.«
    »Aber Herr Lüders«,
empörte sich Dr. Braun. »Ich habe den Eindruck, Sie nehmen mich nicht ernst.«
    »Ich verbeuge mich
in tiefer Hochachtung vor Ihrer Arbeit. Und welche Anerkennung die bei
Staatsanwaltschaft und Richtern genießt, können Sie daran ermessen, dass die
meisten Strafgefangenen in unserem Land auf Ihr Konto gehen.«
    »Trotzdem …«, warf
die Frau ein.
    Erneut unterbrach
Lüder sie. »Als dummer Jurist verstehe ich ohnehin nichts von Ihrer
wissenschaftlichen Arbeit. Können Sie einem Laien, der sich auf dem Gymnasium
an den wichtigen Fächern vorbeigemogelt hat, erläutern, was Sie entdeckt
haben?«
    »Ich glaube Ihnen
nicht, dass Sie sich nicht für die Naturwissenschaft interessiert haben«, sagte
Dr. Braun.
    »Doch«, log Lüder.
»Deshalb bitte ich um eine Kurzdarstellung, die auch ein völlig Ahnungsloser
begreift.«
    Sie erklärte ihm,
nach welchem Prinzip der Zündmechanismus der Sprengladung aufgebaut war.
Anschließend nannte sie Lüder das verwendete Explosivmaterial. Im Eifer ihrer
Erläuterungen bemerkte sie nicht, dass sie Fachausdrücke verwandte, ohne dass
Lüder nach deren Bedeutung fragen musste.
    »Das ist aber noch
nicht alles. Obwohl nicht viel vom Umschlag übrig geblieben ist, konnten wir
feststellen, dass es sich um einen handelsüblichen DIN - A 4-Umschlag
aus braunem Natronpapier handelte. Den erhalten Sie in jedem Kaufhaus oder
Papierwarengeschäft. Es ist uns auch gelungen, mit viel Fantasie den
Poststempel zu identifizieren. Es handelt sich um das Briefzentrum 24.«
    Lüder stöhnte auf.
    »Das ist ein großes
Gebiet. Es umfasst die Region von Kiel bis zur Westküste und den gesamten
Norden des Landes.«
    »Ich kann Ihnen nur
die Fakten nennen«,
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