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Kuenstlernovellenovellen

Kuenstlernovellenovellen

Titel: Kuenstlernovellenovellen
Autoren: Heinrich Mann
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als eine bekannte Erscheinung anzusehen, da Sie der weiblichen Figur auf einem vielleicht zu sehr gelobten, zur Zeit hier ausgestellten Gemälde in frappanter Weise gleichen, ja, sie sind." „Der Name des Malers?" fragte hastig die Dame. „Philipp Seegers."

    „Das ist sonderbar." Sie wiederholte: „Das ist sonderbar", und während sie wie abwesend vor sich hin sah, schenkte sie, vielleicht ohne daran zu denken, dem Fremden ihr Vertrauen, indem sie mit der eintönigen und zuweilen pfeifenden Stimme der Brustkranken sagte: „Der Name, den Sie soeben nannten, ist vor mir erst einmal ausgesprochen, aber ich habe ihn nicht vergessen. Ich lebe im Sommer sehr einsam auf meiner Besitzung nahe der russischen Grenze. Ich erinnere mich, es war am Tage vor meiner Abreise, als meine Gesellschafterin mir aus dem ,Figaro' eine Notiz vorlas, die besagte, daß jenes Bild von Philipp Seegers, das auf dem letzten Salon ein so eigenartiges Interesse erregt habe, nun auch in Florenz mit Begeisterung aufgenommen sei. Warum, weiß ich nicht, aber ich bekam Lust, das Werk zu sehen, und obwohl mir jede Änderung meiner Lebensgewohnheiten recht lästig fällt, habe ich doch diesmal meine Reise von Venedig nicht sofort nach Brindisi und Kairo fortgesetzt, sondern den beschwerlichen Umweg über Florenz gemacht, eigentlich nur dieser sinnlosen Laune zuliebe."
„Das ist sonderbar", murmelte nun auch der Fremde, ohne seine Nachbarin anzusehen. Beim Verlassen derTafel wurde die Dame von der Direktrice der Pension aus dem Saal geleitet. Diese sagte: „Gnädige Frau sind mit dem Platz neben Herrn Seegers zufrieden?"

    „Wie?"
    „Nun, ich meinte, die gnädige Frau neben den Künstler placieren zu sollen, der die gnädige Frau porträtiert hat."
    Hierauf begann die Direktrice, nach einleitenden Komplimenten das Sonett herzusagen, das zu Ehren des berühmten Bildes im Fieramosca gestanden hatte - während die Fremde, ohne sich umzuwenden, hinausging. Am nächsten Morgen reisten beide ab; er nach Norden, zu seiner Frau, die er in diesem Augenblick kaum für die seinige hielt, sie gen Süden, um als ein armer Traum, der nur im Bilde leben darf, recht bald zu sterben.

    PIPPO SPANO
    Die Komödie

    „Und verratet mich nicht", sagte Mario Maivolto zu seinen zwei Freunden. „Laßt sie glauben, ich käme zurück." „Du kommst nicht?"
    „Ich muß nach Hause. Ich habe Kopfschmerzen ... Nein, ich will euch gestehen, ich muß allein sein." „Deinen Triumph überdecken. Gute Nacht, glücklicher Dichter."
    „Schlafen wirst du kaum." „Wer weiß. Gute Nacht."
    Die andern gingen hinein. Mario Maivolto stand noch einen Augenblick oben an der Treppe. Hinter ihm verhallte das Bankett zu seinen Ehren. Links und rechts neigten sich tief zwei Lakaien voll goldener Schnüre. Er hielt seine schmächtige Gestalt ganz steif und schritt hinab, über den blassen, dicken Teppich zwischen den vergoldeten Geländern.
    ,Diese Eitelkeit muß ausgekostet werden', dachte er dabei. ,Drinnen arbeitete ich zu sehr an meiner Rolle. Jetzt beherrsche ich das Erlebnis.'
    „Wohin fahren wir, Herr Maivolto?" fragte der Kutscher.
    „Nach Settignano."
    ,Warum fragte denn der? Meinte er, ich fahre jetzt noch zu Mimi? O Mimi, du hin und her wehendes Seidenfähnchen! Bald flattert es dem um den Hals, bald jenem.
    Ich hab' es geküßt, sooft an mir die Reihe war, habe sogar Abenteuer hineingestickt. Ja, Mimi, kleine Kokotte mit flüchtigen Impulsen, aber ohne Spur von Größe in deiner Sinnlichkeit, ich habe dir Leidenschaften angedichtet, habe sie zu meiner eigenen Genugtuung, aus Eitelkeit, aus Sehnsucht, deinen ganzen Lebenslauf entlang aufgestellt, wie Puppen, die große Gebärden schleudern. Du warst nur ein Mädel. Adieu, Mimi. Wir wünschen mehr, wünschen Stärkeres. So etwas wie Mimi läßt sich noch neben einer Tragödie her lieben. Es nimmt sowenig Herz ein. Meine Tragödie hat heute abend gesiegt. Ja, ich werde stark. Aber es heißt von den kleinen Genugtuungen ganz frei bleiben, die schwach erhalten und die der verbietet, der in meinem Zimmer über seine eiserne Schulter hinweg mich herausfordert!'
    Nahm dieses enge Florenz kein Ende? Ihn verlangte es auf einmal heftig nach der Luft von seinen Hügeln, nach der vom öllaub durchschimmerten, von Lorbeer gewürzten Luft, die ihn bitter und sanft auf den Mund küßte. Die Gassen ließen noch immer ihr nächtliches Echo klappern. Der Schatten von Pferd und Kutscher stieg die Mauern hinauf und hinab. Dann lichteten sich die
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