Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kubu und der Tote in der Wueste

Kubu und der Tote in der Wueste

Titel: Kubu und der Tote in der Wueste
Autoren: Michael Stanley
Vom Netzwerk:
gerne bereit, der Polizei in jeder Hinsicht behilflich zu sein, wollte aber den Zwischenfall so schnell wie möglich abhaken und sich wieder auf seine Arbeit konzentrieren.
    Auf dem Rückweg zu seinem Zelt betrachtete er abwechselnd die violetten Wolken des Sonnenuntergangs und die unzähligen Spuren im Sand. Vor langer Zeit hatte er gelernt, die Geschichte der letzten Stunden und Tage aus den Spuren herauszulesen. Hier hatte eine Wolfsspinne ihr Gekritzel hinterlassen, hier war vor ein, zwei Nächten eine Ginsterkatze vorbeigeschlichen, hier war vor einer Stunde ein Schakal vorbeigekommen, seine Spur war noch ganz frisch.
    Dann bemerkte Bongani neue Abdrücke auf dem Pfad. Sandalenabdrücke, aber mit einem quadratischen Reifenprofil. Viele Einheimische trugen selbst gefertigte Sandalen, die sie aus alten Reifen schnitten, mit Riemen aus Innenschläuchen. Andere besohlten ihre Schuhe mit Streifen aus Reifengummi. Dadurch sparte man Geld, und die breiten Sohlen waren nützlich in der Wüste . Doch Bongani kannte nur einen Mann, der selbstgemachte Sandalen mit diesem seltsamen, quadratischen Profil trug – Peter Tshukudu. Bongani bemerkte, dass die Abdrücke nur in eine Richtung verliefen. Tshuduku würde ihn an seinem Zelt erwarten. Der Weg führte nirgendwo sonst hin.
    Er hielt für einen Moment inne und analysierte seine Reaktionen. Erstaunen? Ja. Abneigung? Er mochte Tshuduku nicht. Obwohl dieser den untergeordneten Posten eines neuen Rangers innehatte, gehorchten ihm die schwarzen Angestellten, die sich normalerweise als etwas Besseres betrachten würden. Angst? Ihm war unklar, wo dieses Gefühl herrührte, aber es war vorhanden. Tshuduku war einer der beiden Ranger, die die Nacht in der Wüste bei dem Skelett verbracht hatten. Einer hätte genügt, aber keiner wollte allein dort draußen bleiben. Vielleicht spielte ihm sein Unterbewusstsein einen Streich. Er atmete tief durch und ging zu seinem Zelt.
    Tshuduku lehnte an dem dicken Eisenholzbaum, der dem Zelt tagsüber kühlen Schatten spendete. Er rauchte eine Zigarette, sah aber nicht entspannt aus. Er trug noch immer den staubigen Overall, den er bei der Bewachung der Leiche angehabt hatte. Er musste soeben vom Wasserloch zurückgekehrt sein.
    »Rra, Sibisi«, begann er höflich in ihrer Muttersprache Setswana, »ich muss mit Ihnen reden.«
    »Ich habe eine Verabredung mit dem Detective. Wenn es nicht allzu lange dauert?« Bongani antwortete ebenfalls auf Setswana. Er wollte diese Begegnung so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    Tshuduku schüttelte den Kopf. »Ich muss Ihnen etwas erzählen. Der Mann dort draußen.« Er winkte vage in Richtung Norden. »Er braucht Ihre Hilfe.«
    »Wer braucht meine Hilfe?«, fragte Bongani in der Hoffnung, sich verhört zu haben.
    Tshuduku antwortete nicht, wühlte stattdessen in seiner Overalltasche und holte ein Stück braunes Packpapier heraus. Er wickelte es auf, um Bongani den Inhalt zu zeigen, während dieser beklommen zusah. Es war ein vertrockneter Finger, am Knöchel abgerissen.
    »Das ist ein wichtiges Beweisstück«, sagte Bongani, seine Stimme war nur noch ein Flüstern. »Sie müssen es sofort der Polizeiübergeben.«
    »Gestern Nacht ist etwas geschehen«, sagte Tshuduku und erschauerte. »Ich war krank. Wie Malaria, aber es war keine Malaria. Ich habe das hier an mich genommen, als mein Kollege geschlafen hat. Für den Alten Mann. Ich wusste, dass er ihn brauchen würde.« Tshuduku klang ängstlich. Schon war der Zeigefinger wieder eingewickelt und in seiner Tasche verschwunden. »Nachdem der Polizist mich zurückgebracht hatte, bin ich gleich zum Alten Mann gegangen. Er sagte, ich soll Ihnen das sofort zeigen. Sie sollen zu der Versammlung morgen Abend kommen, damit sie diesem Mann helfen können.«
    Wieder versuchte Bongani zu protestieren, aber sein Mund war trocken, und er brachte keinen Laut heraus. Tshuduku sagte noch etwas, das Bongani nicht richtig verstand, dass das Kamissa heilig oder magisch sei oder so etwas und dass es sehr schlimm für den toten Mann sei, dort bleiben zu müssen. Der Alte Mann habe ihm das gesagt. Bongani müsse hingehen. Auch das habe ihm der Alte Mann gesagt. Dann fragte er: »Kommen Sie zu der Versammlung?«, und Bongani nickte, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Tshuduku trat hinaus in die Dämmerung. Dann drehte er sich noch einmal um, sagte: »Bringen Sie Geld mit«, und war verschwunden.
    Bongani ging in sein Zelt und setzte sich zitternd auf sein Bett. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher