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Kritik der praktischen Vernunft

Kritik der praktischen Vernunft

Titel: Kritik der praktischen Vernunft
Autoren: Immanuel Kant
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ähnliche Art) erwarten dürfe, d.i. den Begriff der Ursache im Grunde als falsch und bloßen Gedankenbetrug verwerfen. Diesem Mangel der objektiven und daraus folgenden allgemeinen Gültigkeit dadurch abhelfen wollen, daß man doch keinen Grund sähe, andern vernünftigen Wesen eine andere Vorstellungsart beizulegen, wenn das einen gültigen Schluß abgäbe, so würde uns unsere Unwissenheit mehr Dienste zur Erweiterung unserer Erkenntnis leisten, als alles Nachdenken. Denn bloß deswegen, weil wir andere vernünftige Wesen außer dem Menschen nicht kennen, würden wir ein Recht haben, sie als so beschaffen anzunehmen, wie wir uns erkennen, d.i. wir würden sie wirklich kennen. Ich erwähne hier nicht einmal, daß nicht die Allgemeinheit des Fürwahrhaltens die objektive Gültigkeit eines Urteils (d.i. die Gültigkeit desselben als Erkenntnisses) beweise, sondern, wenn jene auch zufälliger Weise zuträfe, dieses doch noch nicht einen Beweis der Übereinstimmung mit dem Objekt abgeben könne; vielmehr die objektive Gültigkeit allein den Grund einer notwendigen allgemeinen Einstimmung ausmache.
    Hume würde sich bei diesem System des allgemeinen Empirismus in Grundsätzen auch sehr wohl befinden; denn er verlangte, wie bekannt, nichts mehr, als daß, statt aller objektiven Bedeutung der Notwendigkeit im Begriffe der Ursache, eine bloß subjektive, nämlich Gewohnheit, angenommen werde, um der Vernunft alles Urteil über Gott, Freiheit und Unsterblichkeit abzusprechen; und er verstand sich gewiß sehr gut darauf, um, wenn man ihm nur die Prinzipien zugestand, Schlüsse mit aller logischen Bündigkeit daraus zu folgern. Aber so allgemein hat selbst Hume den Empirismus nicht gemacht, um auch die Mathematik darin einzuschließen. Er hielt ihre Sätze für analytisch, und, wenn das seine Richtigkeit hätte, würden sie in der Tat auch apodiktisch sein, gleichwohl aber daraus kein Schluß auf ein Vermögen der Vernunft, auch in der Philosophie apodiktische Urteile, nämlich solche, die synthetisch wären, (wie der Satz der Kausalität,) zu fällen, gezogen werden können. Nähme man aber den Empirismus der Prinzipien allgemein an, so wäre auch Mathematik damit eingeflochten.
    Wenn nun diese mit der Vernunft, die bloß empirische Grundsätze zuläßt, in Widerstreit gerät, wie dieses in der Antinomie, da Mathematik die unendliche Teilbarkeit des Raumes unwidersprechlich beweiset, der Empirismus aber sie nicht verstatten kann, unvermeidlich ist: so ist die größte mögliche Evidenz der Demonstration, mit den vorgeblichen Schlüssen aus Erfahrungsprinzipien, in offenbarem Widerspruch, und nun muß man, wie der Blinde des Cheselden fragen: was betrügt mich, das Gesicht oder Gefühl? (denn der Empirismus gründet sich auf einer gefühlten , der Rationalismus aber auf einer eingesehenen Notwendigkeit.) Und so offenbaret sich der allgemeine Empirismus als der echte Skeptizismus , den man dem Hume fälschlich in so unbeschränkter Bedeutung beilegte 6 , da er wenigstens einen sicheren Probierstein der Erfahrung an der Mathematik übrig ließ, statt daß jener schlechterdings keinen Probierstein derselben (der immer nur in Prinzipien a priori angetroffen werden kann) verstattet, obzwar diese doch nicht aus bloßen Gefühlen, sondern auch aus Urteilen besteht.
    Doch, da es in diesem philosophischen und kritischen Zeitalter schwerlich mit jenem Empirismus Ernst sein kann, und er vermutlich nur zur Übung der Urteilskraft, und um durch den Kontrast die Notwendigkeit rationaler Prinzipien a priori in ein helleres Licht zu setzen, aufgestellet wird: so kann man es denen doch Dank wissen, die sich mit dieser sonst eben nicht belehrenden Arbeit bemühen wollen.

Einleitung. Von der Idee einer Kritik der praktischen Vernunft
    Der theoretische Gebrauch der Vernunft beschäftigte sich mit Gegenständen des bloßen Erkenntnisvermögens, und eine Kritik derselben, in Absicht auf diesen Gebrauch, betraf eigentlich nur das reine Erkenntnisvermögen, weil dieses Verdacht erregte, der sich auch hernach bestätigte, daß es sich leichtlich über seine Grenzen, unter unerreichbare Gegenstände, oder gar einander widerstreitende Begriffe, verlöre. Mit dem praktischen Gebrauche der Vernunft verhält es sich schon anders. In diesem beschäftigt sich die Vernunft mit Bestimmungsgründen des Willens, welcher ein Vermögen ist, den Vorstellungen entsprechende Gegenstände entweder hervorzubringen, oder doch sich selbst zur Bewirkung derselben (das
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