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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
Autoren: Unbekannter Autor
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»Cocktailstunde« vorbeigekommen wäre. Sie hätte alles getan, um ihrem durchweichten Hirn zu beweisen, dass sie eine Gesellschaftstrinkerin war.
    So saßen sie scheinbar eine Ewigkeit da, er auf dem Sofa, sie in dem Fernsehsessel, und tranken schweigend. Das klirrende Eis und die Schluckgeräusche wirkten in dem stillen Raum außergewöhnlich laut. Angel wollte ihr sagen, weshalb er eigentlich gekommen war - um ihr Lebewohl zu sagen -, aber er würde den Ausdruck in ihren Augen nicht ertragen können, wenn er es sagte. Sie hätte sofort gewusst, dass er vor Schwierigkeiten davonlief, und ihr triumphierendes Lächeln würde alles bestätigen, was sie je über ihn gesagt hatte.
    Nach einer Weile hörte er ein Auto vorfahren. Der Motor blubberte, spuckte, erstarb. Schritte hallten auf den Metallstufen.
    Ma setzte ihren Drink ab und eilte zur Tür, riss sie weit auf. Sie breitete ihre Arme aus und juchzte vor Freude. »Frankie!«
    Angel setzte seinen Drink ab und stand auf. Angst schnürte ihm die Kehle zu. Er stand da und wartete. Sein Herz begann heftig in seiner Brust zu schlagen. Er war noch nicht dazu bereit, seinem Bruder Lebewohl zu sagen, noch nicht ...
    Ma trat beiseite und schob ihren Liebling hinein.
    Francis trat in den Wohnanhänger und ließ seine Tasche mit den Büchern auf das Sofa fallen. »Hey, Angel«, sagte er.
    Ma versetzte Francis einen so heftigen Stoß in den Rücken, dass er vorwärtstaumelte. »Du kommst gerade rechtzeitig zum Abendessen. Ich geh in die Küche und mach dir dein Lieblingsgericht. Frankfurter Würstchen und Bohnen für meinen Frankie.« Mit einem letzten Quietscher eilte sie über den Korridor und verschwand in der Küche.
    Francis sah ihn an. »Auf dem Hof steht eine brandneue Harley-Davidson.«
    Angel rutschte nervös auf dem Sofa hin und her. »Ich hab Ärger, Franco. Ich muss die Stadt verlassen. Ich bin nur...« Zu seiner Schande spürte er, dass Tränen in seinen Augen brannten. »Ich bin nur gekommen, um Lebewohl zu sagen.«
    »Mach das nicht, Mann«, sagte Francis leise und schüttelte seinen Kopf. »Lauf nicht einfach weg. Was immer es ist, wir können doch darüber reden. Überlegen, was zu tun ist. Geh nicht. Bitte...«
    »Ich muss.« Er wandte sich ab, um die Enttäuschung in Francis' Augen nicht sehen zu müssen, und rannte aus dem Wöhnmobil. Er sprang auf das Motorrad, ließ die Maschine an und raste dröhnend aus der Stadt. Er zwang sich dazu, nicht zurückzuschauen. Er hatte Angst, dass er anfangen würde zu weinen, wenn er das täte ... und nicht mehr aufhören könnte.
     
    Der antiseptische Geruch kam wieder, war scharf und bitter. Das Licht des Krankenzimmers stach schmerzend in seine feuchten Augen. Er war Seattle siebzehn lange, einsame Jahre ferngeblieben. Und jetzt, nach all dieser Zeit, würde er zurückkehren.
    Nach Hause kommen.

Kapitel 2
    Angel starrte an die pockennarbige Decke.
    Es war einfach zu verdammt still hier drin. Diese Stille zerrte an seinen überstrapazierten Nerven. Er wollte die Stille plötzlich durchbrechen, er wollte es herausschreien: Ich bin hier, ich lebe noch. Er wollte Kraft aus diesem einen Satz schöpfen, Freude aus dem Wissen, dass seine Lunge noch Luft pumpte. Aber das war nicht mehr genug. Nicht einmal annähernd genug. Jetzt steckte da in seiner Brust eine Phiole mit Flüssigsprengstoff, ein dunkler, hässlicher Klecks, der jede Sekunde explodieren konnte, jede Sekunde.
    Nur ein Piepen auf dem Bildschirm und es war vorbei. Flache Linie.
    Er schloss seine Augen und versuchte, den Kopfschmerz zu ignorieren, der hinter seinen Augen hämmerte. Er wollte über diesen Scheiß nicht länger nachdenken. Er wollte nur, dass das alles einfach verschwand.
    »Du siehst zum Kotzen aus.«
    Angel hörte die lang gezogene, vom Südstaatenslang gefärbte Stimme und lächelte fast. Er hätte gelächelt, wenn er sich nicht so verdammt mies gefühlt hätte. Er riss die Augen auf und blinzelte heftig, als das grelle Neonlicht in sein Hirn stach.
    »Danke.« Angel richtete sich langsam auf. Die Nadeln in seinen Adern stachen bei jeder Bewegung. Als er schließlich aufrecht saß, war er außer Atem und seine Brust schmerzte höllisch.
    Val stand in Designerklamotten verpackt in der Tür, sein schlanker Körper lehnte am Türrahmen. Er strich sein wirres, blondes Haar verlegen hinter ein Ohr zurück. Er löste sich von der Tür und glitt mit diesem langsamen, hüftschwungbetonten Schritt, der die Aufmerksamkeit der Medien immer weckte, in das
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