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Kriegswirren

Kriegswirren

Titel: Kriegswirren
Autoren: Robert Jordan
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davon zu erzählen, wenn sie wieder da ist. Sie hat schon genug Sorgen.« Das ›irgend etwas davon‹ bezog sich zweifellos auf Merilille und die Windsucherinnen.
    Sie saßen im Nachthemd auf ihren Betten im zweiten Stock des Gasthauses Neuer Pflug, und sie trugen den gedrehten, ringförmigen Traum-Ter"angreal um ihren Hals, Elayne an einem einfachen Lederband und Nynaeve neben Lans schwerem Siegelring an einer dünnen goldenen Kette. Aviendha und Birgitte, die noch vollkommen angekleidet waren, saßen auf ihren Kleiderkisten. Sie nannten es ›Wache halten‹, bis Elayne und Nynaeve aus der Welt der Träume zurückgekehrt wären. Beide trugen ihre Umhänge, bis sie unter ihre Decken kriechen könnten. Der Neue Pflug war ganz und gar nicht neu. Netzförmige Risse überzogen die getünchten Wände, durch die es obendrein zog.
    Das Zimmer selbst war klein, und die Kisten und aufeinandergestapelten Bündel ließen nur für wenig anderes außer Betten und den Waschtisch Platz. Elayne wußte, daß sie in Caemlyn repräsentieren müßte, aber manchmal fühlte sie sich doch schuldig, wenn ihre Habe auf Packpferden transportiert wurde, während die meisten anderen Frauen mit dem auskommen mußten, was sie auf ihren Rücken tragen konnten. Nynaeve zeigte jedoch niemals Reue wegen ihrer Kisten. Sie waren bereits seit sechzehn Tagen unterwegs. Der Vollmond am nächtlichen Himmel schien auf eine hohe Schneedecke, die das Reisen morgen erschweren würde, selbst wenn der Himmel klar bliebe, und Elayne hielt es für eine optimistische Einschätzung, wenn man noch eine weitere Woche nach Caemlyn einplante.
    »Ich bin klug genug, sie nicht daran zu erinnern«, belehrte sie Nynaeve. »Ich will nicht noch einmal zurechtgewiesen werden.«
    Das war milde ausgedrückt. Sie hatten Tel'aran'rhiod nicht mehr betreten, seit sie Egwene in der Nacht nach dem Aufbruch vom Gutshof mitgeteilt hatten, daß die Schale der Winde benutzt worden war. Sie hatten ihr auch widerwillig von dem Vertrag mit dem Meervolk berichtet, zu dem sie gezwungen gewesen waren - und fanden sich jäh dem Amyrlin-Sitz mit der gestreiften Stola um die Schultern gegenüber. Elayne wußte, daß es nötig und Rechtens war - die engste Freundin unter den Untertanen einer Königin wußte sehr wohl, daß diese nicht nur eine Freundin, sondern auch die Königin war. Aber es hatte ihr nicht gefallen, daß ihre Freundin ihnen mit zorniger Stimme vorgeworfen hatte, sie hätten sich wie geistlose Tölpel verhalten, die ihnen allen womöglich den Untergang beschert hätten - besonders, da Elayne ihr insgeheim zustimmen mußte. Es hatte ihr auch nicht gefallen zu hören, daß Egwene ihnen beiden nur deswegen keine strenge Buße auferlegte, weil sie es sich nicht leisten konnte, sie ihre Zeit verschwenden zu lassen. Dennoch war es nötig und Rechtens gewesen. Wenn sie den Löwenthron innehätte, wäre sie noch immer eine Aes Sedai und deren Gesetzen, Regeln und Bräuchen unterworfen. Das galt nicht für Andor - sie würde ihr Land nicht der Weißen Burg übergeben -, aber für sie selbst. Daher akzeptierte sie Egwenes Vorhaltungen ruhig, so unerfreulich sie auch waren. Nynaeve hatte sich gewunden und verlegen gestottert, widersprochen und fast geschmollt, sich aber dann so ausgiebig entschuldigt, daß Elayne kaum glauben konnte, sie sei noch dieselbe Frau, die sie schon so lange kannte. Natürlich war Egwene die Amyrlin geblieben, in ihrer Ungehaltenheit kühl, selbst als sie ihr die Fehler verzieh. Heute nacht konnte es bestenfalls noch unerfreulicher oder ungemütlicher werden, wenn Egwene anwesend war.
    Aber als sie sich ins Salidar Tel'aran'rhiods träumten, in jenen Raum der Kleinen Burg, der das Arbeitszimmer der Amyrlin genannt wurde, war Egwene nicht dort, und der einzige Hinweis darauf, daß sie den Raum seit ihrem letzten Treffen aufgesucht hatte, waren einige wie von einer trägen Hand, die sich nicht viel Mühe machen wollte, grob auf ein wurmzerfressenes Wandpaneel geritzte, kaum sichtbare Worte.
    BLEIBT IN CAEMLYN
    Und wenige Handbreit daneben:
    VERHALTET EUCH RUHIG UND SEID VORSICHTIG
    Das waren Egwenes letzte Anweisungen. Sie sollten nach Caemlyn ziehen und dort bleiben, bis sie herausfand, wie man den Saal daran hindern könnte, sie alle zu vernichten. Eine Mahnung, die sie nicht auslöschen konnten.
    Elayne umarmte Saidar und lenkte die Macht, um ihre Nachricht zu hinterlassen: die Zahl Fünfzehn scheinbar auf den schweren Tisch eingeritzt, der Egwenes Schreibtisch
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