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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1)
Autoren: Joe Abercrombie
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dem Baumstamm eingeklemmt lag auch noch sein Mantel, dem man die zehn Jahre Krieg und Wetter ansah; er war immer wieder zerrissen und zusammengeflickt worden, und ein halber Ärmel fehlte. Sein Rucksack lag schlaff in einem nahen Gebüsch; der Inhalt hatte sich über den Hang verteilt. Gebückt und atemlos warf Logen alles wieder hinein: ein Stück Seil, seine alte Tonpfeife, einige Streifen getrocknetes Fleisch, Nadel und Zwirn, eine ramponierte Feldflasche, in der noch ein wenig Schnaps gluckerte. Alles gut. Alles gut zu gebrauchen.
    Über einem Zweig hing eine zerlumpte Decke, nass und halb mit Dreck verkrustet. Logen langte nach ihr und grinste. Sein alter, verbeulter Kochtopf lag darunter. Er war auf die Seite gerollt; vielleicht war er während des Kampfes vom Feuer weggeschlagen worden. Der Topf war Logen in alle Fehden gefolgt, quer durch den ganzen Norden und wieder zurück. Sie hatten gemeinsam darin gekocht, wenn sie eine Spur verfolgt hatten, und alle hatten sie daraus gegessen. Forley, Grimm, der Hundsmann, sie alle.
    Logen sah wieder über den Lagerplatz. Drei tote Schanka, aber niemand von seinen Leuten. Vielleicht waren sie noch immer irgendwo da draußen. Vielleicht sollte er es riskieren, vielleicht sollte er versuchen, sie zu finden …
    »Nein.« Er sagte das ganz ruhig und leise zu sich selbst. Er wusste, dass das keinen Zweck hatte. Es waren sehr viele Plattköpfe gewesen. Verdammt viele. Er hatte keine Ahnung, wie lange er am Flussufer gelegen hatte. Selbst wenn ein paar von seinen Jungs zunächst die Flucht gelungen war, die Schanka hätten sie verfolgt und in den Wäldern gejagt! Sie alle lagen inzwischen ganz sicher steif und tot in den Hochtälern. Logen konnte jetzt nur noch in die Berge ziehen und versuchen, sein eigenes erbarmungswürdiges Leben zu retten. Man musste realistisch sein. Man musste es einfach sein, egal, wie weh das tat.
    »Jetzt sind nur noch wir beide da«, sagte Logen, als er den Topf in seinen Rucksack stopfte und sich das Gepäck über die Schulter warf. Dann humpelte er los, so schnell er konnte. Den Hang hinauf, dem Fluss entgegen, in die Berge.
    Nur noch sie beide. Er und sein Topf.
    Sie waren die einzigen Überlebenden.

DAS VERHÖR
    Wieso tue ich das überhaupt?
, fragte sich Inquisitor Glokta zum tausendsten Mal, als er den Korridor entlanghinkte. Die Wände waren mit Rauputz überzogen und geweißelt, aber offenkundig schon vor ziemlich langer Zeit. Dem Ort haftete etwas Heruntergekommenes an, und es roch dumpfig. Fenster gab es keine, da dieser Gang tief unter der Erde lag, und die Laternen warfen zähe Schatten in alle Ecken.
    Wieso sollte das überhaupt irgendjemand tun wollen?
Gloktas Schritte schlugen einen beständigen Rhythmus auf den verdreckten Bodenfliesen. Erst das selbstbewusste Klack seines rechten Absatzes, dann das Klick seines Stocks, und schließlich das endlose Schleifen seines linken Fußes, begleitet von den vertrauten, stechenden Schmerzen in Knöchel, Knie, Hintern und Rücken. Klack, klick, Schmerz. Das war der Rhythmus seines Schritts.
    Die dreckige Monotonie des Korridors wurde hin und wieder von einer schweren, mit rostigem Eisen beschlagenen Tür unterbrochen. Einmal glaubte Glokta, einen erstickten Schmerzensschrei hinter einer dieser Türen hervordringen zu hören.
Welcher arme Narr wird dort wohl gerade befragt? Welchen Verbrechens ist er wohl schuldig – oder unschuldig? Welche Geheimnisse werden dort enthüllt, welche Lügen offen gelegt, welche Verrätereien aufgedeckt?
Er dachte jedoch nicht allzu lange darüber nach. Die Treppe unterbrach seine Gedanken.
    Hätte man Glokta die Möglichkeit gegeben, einen Menschen seiner Wahl zu foltern, dann hätte er sich sofort für den Erfinder von Treppen entschieden. Als er noch jung und viel bewundert war, vor seinem Unglück, hatte er sie kaum je wahrgenommen. Er war zwei Stufen auf einmal heruntergesprungen und vergnügt seiner Wege gegangen. Das war vorbei.
Sie sind überall. Man kann ohne sie nicht von einem Stockwerk ins andere gelangen. Und abwärts gehen ist noch schlimmer als aufwärts, das machen sich die Leute gar nicht bewusst. Wenn man nach oben steigt, fällt man in der Regel nicht so tief.
    Er kannte diese Treppe hier gut. Sechzehn Stufen, aus glattem Stein gehauen, in der Mitte ausgetreten und ein wenig feucht, wie alles hier unten. Es gab kein Geländer oder sonst etwas, an dem man sich hätte festhalten können.
Sechzehn Feinde. Eine echte Herausforderung.
Glokta hatte
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