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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel
Autoren: Gavin Smith
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auch wenn es ziemlich brenzlig gewesen war. Eins von vielen letzten Gefechten. Mir tat der Arm weh. Der Prothesenarm.
    »Es ist die Reinheit!« Mudge heulte fast. »Ich meine nicht die Reinheit des Pulvers. Dieses Zeugs ist wahrscheinlich mit Rattengift gestreckt. Aber die Farbe, dieses Weiß, geradezu jungfräulich!« Er war ganz aufgeregt wegen des großen Haufens Koks, der auf einem Plastikstück in seinem Schoß vor ihm lag.
    »Es ist weiß, weil es gebleicht wurde«, brummte ich, während ich mich verzweifelt bemühte, mir einen Weg durch den Sandsturm zu suchen. Man sollte meinen, dass sich ein so großer desorganisierter Konvoi wie Crawling Town langsamer bewegte. Stattdessen musste ich mich völlig auf die Informationen der Sensoren des Sportwagens mit Vierradantrieb verlassen.
    Die dreidimensionale topografische Karte in meinem internen visuellen Display verriet mir, wo sich all die anderen Fahrzeuge in meiner Umgebung befanden. Hoffte ich. Sie schienen mir unvernünftig nahe zu sein. Außer einer scheinbar soliden Wand aus fliegendem Staub und Dreck konnte ich nichts sehen. Theoretisch war Rannu da draußen auf einem Motorrad unterwegs. Gelegentlich tauchte in der Nähe unseres Wagens ein großes Rad von irgendeinem Fahrzeug auf und wirbelte die Suppe zusätzlich auf.
    Mudge zog sich eine Linie des weißen Pulvers rein. Der kalte Entzug war für ihn eine sehr, sehr schlimme Zeit gewesen.
    »Das hat dir wirklich gefehlt, was?«, fragte ich.
    »Du hast keine Ahnung, Kumpel. Willst du auch ’ne Line?«
    »Nein, Mudge. Ich habe keine Lust, meine Nasenfilter mitten in einer riesigen giftigen Staubwolke auszuschalten.«
    »Wie du meinst.« Er zuckte mit den Schultern und zog sich eine weitere Linie ins andere Nasenloch.
    Wir hatten bereits mehrere Unfälle konstatieren müssen. Obwohl es eigentlich keine Unfälle waren, sondern eher automobiler Darwinismus. Viele kleinere Fahrzeuge, so wie unseres, hatten ihren Platz in der großen Ordnung falsch eingeschätzt und waren von größeren und schwereren Fahrzeugen mit größeren Rädern oder Gleisketten zermalmt worden. Es überraschte mich nicht, dass Verkehrsunfälle die häufigste Todesursache in Crawling Town waren.
    Doch die Opferzahlen durch Unfälle hatten eine furchterregende Konkurrenz in Form der toxischen und gelegentlich verstrahlten Umwelt der Toten Straßen. Das hatte ich während meines letzten Besuchs auf die harte Tour feststellen müssen. Die Toten Straßen waren das zerbombte und verseuchte Ödland, das sich an der östlichen Meeresküste der Vereinigten Staaten entlangzog: das Resultat des Finalen Menschheitskonflikts vor zweihundertpaarundfünzig Jahren und der unregulierten industriellen Verschmutzung im Gefolge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Landes.
    Auf dem dritten Platz der häufigsten Todesursachen in Crawling Town standen überraschenderweise die internen Fehden zwischen den verschiedenen Nomadengangs. Und nun waren wir hier, um zu sehen, ob wir die Anzahl der gewaltsamen Todesfälle steigern konnten. Ich hatte einen alten und tiefsitzenden Grund dafür: Ich musste eine Rechnung begleichen.
    Ich hatte glücklich meinen Ruhestand genossen, nachdem ich während des nie endenden Krieges gegen SIE in den Kolonien verwundet worden war. Nein, das ist gelogen. Mir ging es beschissen, aber ich hatte gar nicht erwartet, dass es besser sein könnte, genauso wie alle anderen Leute. Außerdem war es die Art von Beschissenheit, mit der man sich ganz gut arrangieren konnte. Dann hatte mein alter Vorgesetzter Major Rolleston, ein ausgemachter Drecksack der Extraklasse, es sich in den Kopf gesetzt, mir das Leben schwer zu machen, indem er mich auf die Jagd nach einem Infiltrator von IHNEN schickte. Wir waren davon ausgegangen, dass es ein Ninja war – Soldatenslang für IHRE lautlosen Killermaschinen. Ein solches Ding hatte die meisten der Wild Boys aus meiner damaligen Spezialeinheit getötet.
    Aber es war kein Ninja. Andernfalls wäre die Angelegenheit wesentlich gefährlicher, aber längst nicht so kompliziert gewesen. Es war ein Botschafter. Er fand Zuflucht in einer Gruppe von Prostituierten, die in den Rigs arbeiteten, dem Slumviertel, das aus aufgegebenen Ölbohrplattformen am Ufer des Tay vor Dundee bestand. Auf diese Weise begegnete ich Morag und machte alles noch viel komplizierter, weil ich Rolleston den Befehl verweigerte. Ich bekomme stets nur die nettesten Orte zu sehen, eine Tradition, die ich seit meiner Armeezeit beibehalten
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