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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel
Autoren: Gavin Smith
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eigentlichen Grenze der USA blicken konnte. Dem Rand der Toten Straßen. Da drüben sah es auch nicht wesentlich besser aus.
    »Nein«, antwortete ich angespannt, was selbst für mich ein wenig kindisch klang. Ich stieg aus dem Wagen, gefolgt von Mudge. Ich konnte Rannu erkennen, der auf einem starken Geländemotorrad angefahren kam, den Kopf in ein Shemagh gewickelt, die schwarzen Linsen seiner kybernetischen Augen mit einer Sturmbrille vor dem Staub geschützt.
    Mudge wandte seine Kameraaugen in meine Richtung. Ich hatte sehr lange gebraucht, mich daran zu gewöhnen, wie sich die Linsen ständig hin und her drehten, während sie nach dem günstigsten Brennpunkt suchten. Er war etwas kleiner als meine einsachtzig und erheblich dünner, obwohl wir beide eher drahtig gebaut waren. Sein langes Gesicht hatte etwas Eigenartiges, aber man konnte nicht genau sagen, was es war. Er sah einfach nur irgendwie ungewöhnlich aus. Auf den Wangen hatte er zwei Tage alte blonde Stoppeln, und sein helles Haar war kurz und zerzaust.
    Rannu brachte das Bike zum Stehen, klappte den Ständer aus und stieg ab. Seine Cargohose und die gepanzerte schwarze Kampfjacke waren völlig verstaubt. Er klopfte sich ab, während er sich wachsam umblickte.
    »Was ist passiert? Droht uns Gefahr?«, wollte er wissen.
    »Nur durch die zarten Empfindungen dieses Weicheis«, antwortete Mudge.
    Ich konnte beinahe hören, wie sich die Augenbrauen des untersetzten, kräftig gebauten Nepalesen unter der Brille hochzogen. »Wir gehen nicht gegen The Wait vor?«, fragte er in leicht überraschtem Tonfall.
    »Nein«, erklärte ich.
    »Wirklich?«, fragte Mudge. Es klang weniger wie eine Frage, sondern eher nach einem Experiment, wie viel Sarkasmus man in ein einziges Wort packen konnte. »Immerhin haben sie mich entführt, mich gefoltert, mich einer tödlichen Strahlendosis ausgesetzt und mir generell das Leben zur Hölle gemacht. Mal ganz davon abgesehen, dass ich mich seitdem wie ein beschissener nervtötender Jammerlappen verhalte. Ach nein, Moment, das war ja gar nicht ich. Das warst ja du!«
    Rannu trat unbehaglich von einem Bein auf das andere.
    »Du musstest nicht …«, begann ich.
    »Aber ich habe es getan, verdammt!«, raunzte Mudge mich an. Er schien sehr gereizt zu sein. »Weil du mich zu einem Versprechen gezwungen hast!«
    »Als ich dachte, dass ich sterben würde. Jetzt geht es mir schon etwas besser.«
    »Mein Versprechen, im Kampf gegen sie zu helfen, gilt nach wie vor«, sagte Rannu. Er hatte sich den Staub von den Sachen geklopft und die Brille abgenommen. Seine Augen waren genauso wie meine, genauso wie bei den meisten Vets, mattschwarze Plastiklinsen. Ich seufzte und lehnte mich gegen den Wagen und wünschte mir, ich hätte eine Zigarette.
    »Ich weiß, und ich weiß es zu schätzen.«
    »Und weshalb, verdammt?«, brüllte Mudge mich an.
    »Warum töten wir diese Faschisten nicht?«, fragte Rannu wesentlich ruhiger.
    »Die was?«, fragte ich verwirrt.
    »So nennt man sie nach ihrer Ideologie. Faschisten oder Nazis. Aus der Zeit vor dem FMK . Sie sind die Bösen!«, erklärte Mudge, ohne dass mir dadurch irgendetwas klarer wurde.
    »Wir stehen kurz vor dem vielleicht schwersten Krieg zwischen Menschen seit dem FMK . Was zum Teil unsere Schuld ist …«
    »Quatsch. Rolleston und Cronin könnten jederzeit damit Schluss machen, wenn sie nur wollten«, gab Mudge zu bedenken.
    »Hast du nicht selber gesagt, dass wir Verantwortung übernehmen müssen?«
    »Willst du gegen die Schwarze Schwadron in den Kampf ziehen?«, fragte Rannu. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass das einen gewissen Reiz für Rannu hatte. Ich wusste, dass ich ihn gebremst hatte, als ich ihn holte, um The Wait das Leben schwer zu machen. Als ich noch dachte, dass ich es wollte. Ich hatte gedacht, ich würde ihn davon abhalten, zu seiner Familie zurückzukehren. Aber wie es schien, war es etwas ganz anderes.
    »Nein. Es reicht. Ich will nicht noch mehr Leute umbringen. Genug ist genug.«
    »Ach, völliger Blödsinn. Dieses Lied hast du auch kurz vor Atlantis gesungen«, sagte Mudge, aber er schien sich allmählich zu beruhigen.
    »Immerhin haben wir dort niemanden getötet.«
    »Aber in Rollestons Fall haben wir es mit verdammt großem Einsatz versucht.«
    »Er ist eine Ausnahme. Wer ihn tötet, begeht eine gemeinnützige Tat.«
    »Dasselbe gilt für diese Scheißer!« Mudge explodierte förmlich. Rannu nickte dazu. »Diese idiotischen Wichsflecken wollten dich fertigmachen, weil
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