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Krieg der Ordnung

Titel: Krieg der Ordnung
Autoren: L. E. Modesitt
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Vor dem Bug der Llyse spürte Justen das lydische Schiff, das unter dem Banner des Herzogs und nicht unter der rot eingefassten Flagge Fairhavens segelte und sich durch die schwere Dünung kämpfte. Er und die Mannschaft sahen vor dem Bug ein schwarzes Nichts. Die Lydier dagegen sahen hinter ihrem Heck nichts als offenes Meer.
    »Liegt der Kurs auf die Lydier an?«, fragte der Kapitän.
    »Wir halten von Steuerbord aufs Vorderschiff zu, Kapitän. Drei Kabel jetzt, Entfernung verringert sich«, antwortete Pendak, der für das Schiff abgestellte Bruder.
    »Ein achtel Grad weiter nach Backbord. Was, zum Teufel, hecken die Weißen jetzt wieder aus?«
    Kapitän Hyntal vergaß nie, dass sein Ururgroßvater der Kapitän der Schwarzer Hammer gewesen war. Leider ließ er es auch die anderen nie vergessen, dachte Justen bei sich.
    »Ein achtel Grad weiter nach Backbord.« Die Frau am Ruder legte das Steuerrad etwas um, bis das Schiff fast parallel zum lydischen Schiff fuhr.
    Gischt wehte über das Deck und die winzigen Tropfen drangen sogar bis ins Ruderhaus vor, wo Justen und Pendak standen. Auf der Stirn des älteren Ingenieurs bildeten sich Schweißperlen von der Anstrengung, den einseitigen Schild an der richtigen Stelle zu halten.
    Hyntal drehte sich zum Ersten Kanonier um. »Waffen bereit?«
    »Geschützturm ist einsatzklar, Kapitän. Geschosse und Raketen feuerbereit.«
    »Lasst die Schilde fallen, Bruder Pendak«, befahl Hyntal. »Wir wollen uns mal ansehen, was die verdammten Weißen vorhaben.«
    Das lydische Schiff tauchte an Steuerbord vor dem Bug auf. Die geschnitzte Platte über dem stillstehenden Schaufelrad trug den Namen Zemyla . Pendak wischte sich die Stirn trocken und griff nach der Wasserflasche. »Es ist schwerer, einen einseitigen Schild zu halten als einen kreisförmigen, Justen.«
    »Ich konnte es dir ansehen«, gab Justen flüsternd zurück.
    Hyntal warf einen kurzen Blick zu den Ingenieuren, sah aber weiter schweigend zu, wie die Llyse sich dem Handelsschiff näherte.
    »Sie wollen die Segel nicht reffen.«
    »Setzt ihr eine Signalrakete vor den Bug.«
    Zischend landete die Signalrakete vor der Zemyla.
    Die Llyse hielt sich ein Stück vor dem Handelsschiff, bis am hinteren Flaggenmast ein weißes Banner mit weißem Rand gehisst wurde. Dann tauchte am Hauptmast eine zweite Parlamentärsflagge auf und das Handelsschiff strich die Segel.
    »Enterhaken.«
    »Aye, Enterhaken.«
    »Entermannschaft.«
    Die schwarz gekleideten Marineinfanteristen mit den ernsten Gesichtern versammelten sich auf der Steuerbordseite und stiegen auf das Handelsschiff hinüber.
    »Ihr seid an der Reihe, Brüder«, sagte der Kapitän.
    »Jetzt siehst du, wie es hier zugeht, Justen«, erklärte Pendak.
    Der junge Ingenieur kletterte hinter Pendak die Leiter zum schwankenden Deck der Zemyla hinüber. Die Matrosen waren bereits vor der Entermannschaft zurückgewichen und hatten sich auf dem Achterdeck und vorn am Bugspriet versammelt.
    Die schwarz gekleideten Marineinfanteristen führten einen Mann, der eine Jacke mit den Abzeichen des Kapitäns trug, zum Hauptmast. »Sie behaupten, er wäre der Kapitän.«
    »Seid Ihr schon immer der Kapitän dieses Schiffs gewesen?«, fragte Pendak müde.
    »Ja, Meister.«
    So falsch klangen die Worte, dass Justen innerlich zusammenzuckte. Er warf einen Blick zu Pendak. Pendak sah seinerseits zum Anführer der Entermannschaft, einem jungen Mann namens Martan, der gespannt neben ihm wartete. »Sucht mir den Ersten Maat.«
    Marten und ein anderer Marineinfanterist drehten sich um, aber noch bevor sie einen Schritt getan hatten, sprang ein junger Seemann vom Achterdeck ins Meer.
    Eine Zeit lang beobachteten die Soldaten und die Ingenieure das Wasser, aber kein Kopf tauchte auf und Justen konnte spüren, dass dort in den Tiefen niemand mehr am Leben war.
    »War das der Kapitän?«, fragte Pendak, indem er sich wieder zum falschen Kapitän umwandte.
    »Nein, Ser.«
    Immer noch klangen die Worte des Mannes unaufrichtig.
    »Sucht mir den Zweiten Maat.«
    »Ich bin der Zweite Maat.« Ein stämmiger Mann näherte sich den Soldaten. Gesicht und Unterarme waren sonnengebräunt und ledrig, das Haar von der Sonne gebleicht und der sauber getrimmte Bart von einer Farbe irgendwo zwischen blond und weiß. Justen hatte den Eindruck, dass der Mann die Wahrheit sagte.
    »Ist dieser Mann ein Sträfling?«
    »Ich bitte um Verzeihung, Meister … aber Ihr werdet uns alle in eine schreckliche Lage bringen, wenn Ihr so
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