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Korsar meiner Träume

Korsar meiner Träume

Titel: Korsar meiner Träume
Autoren: Michelle Beattie
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einen Schritt nach vorn. Ihre Stimme war klarer als alles, was Nate je gehört hatte, und umfing alle Anwesenden mit ihrem Zauber und hielt sie gefangen. Als die Worte gesprochen wurden, von einem Wesen, das verloren und dann wiedergefunden wurde, suchte Nates Blick nach Claire.
    Sein Herz hatte einen Satz gemacht, als er sie gesehen hatte. Sie war grün gekleidet, was zur Farbe ihrer Augen passte, und ihr Haar war geschnitten und die ramponierten Spitzen geglättet worden. Es war zu kurz, um nach den üblichen Maßstäben als elegant bezeichnet zu werden, aber Nate war kein Mann, den die üblichen Maßstäbe interessierten. Ihm gefiel die Art, wie die Haarspitzen über ihre Wangenknochen strichen und Claires Gesicht weich und hübsch aussehen ließen. Das Kleid lag eng an ihrer Taille an, und der eckige Ausschnitt ihres Mieders verriet die Andeutung sanfter Rundungen darunter.
    Ihre Blicke begegneten sich über der frisch aufgeschütteten Erde, und Claire wischte sich eine Träne von der Wange. Die Stimme der Frau verlor sich, und die letzte Note des Refrains glitt über die tränenüberströmten Gesichter. Sie trat einen Schritt zurück, und ihr Vater, der Prediger, trat wieder nach vorn. Er hielt die Hände über das Grab und sprach ein letztes Gebet.
    Nate und Blake knieten nieder, wie sie es geplant hatten. Sie streckten die Hände aus, ergriffen eine Handvoll kühler Erde und ließen sie auf Vincents Grab rieseln. Nates Hand blieb noch lange, nachdem die letzte Erde gefallen war, auf dem Boden liegen. Die Erde unter seinen Händen war kühl, und die Realität hinterließ einen bitteren Geschmack in seinem Mund.
    Vincent würde ihn nie mehr gnadenlos auf den Arm nehmen, würde nie mehr eine Kiste ans Ruder schleppen, wenn er an der Reihe war, das Schiff zu steuern. Sein Freund war tot, und Nate konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie der Rest seines Lebens ohne Vincent aussehen würde. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und biss vor Kummer fest die Zähne aufeinander. Lebewohl, mein Freund .
    Er spürte, wie Blake aufstand, und wusste, er suchte Trost bei seiner Frau. Nate atmete tief ein und versuchte, sich auf diese einfache Bewegung zu konzentrieren, statt auf den Verlust. Doch als er seine Augen öffnete und aufstand, spürte Nate noch ein weiteres, ebenso starkes Gefühl des Verlustes.
    Claire war nirgendwo zu sehen.

25
    Claire trottete zurück ins Lager, ihr Herz war zu schwer, als dass sie sich um die dornigen Finger kümmern konnte, die sich an ihren Rock krallten. Nate und Blake weinend am Grab zu sehen, hatte Claire den Rest gegeben. Sie war nicht in der Lage gewesen, deren Qual auch nur einen Augenblick länger zu ertragen. Nicht, wenn schon ihr eigener Schmerz beinahe unerträglich war. Aus diesem Grund war sie aus der Gruppe der Trauergäste verschwunden, sobald die beiden sie nicht mehr im Blick gehabt hatten.
    Stunden später, nachdem sie wieder ihre Hose und ihr Hemd angezogen und das Kleid vorsichtig zusammengefaltet in ihrer Tasche verstaut hatte, zündete Claire ein Feuer an, nicht nur um sich zu beschäftigen, sondern weil es kühl wurde. Sie saß mit gekreuzten Beinen auf ihrem Bett und beobachtete, wie die Flammen lebendig flackerten. Wie leicht ein Leben einfach ausgelöscht werden konnte, dachte sie traurig.
    Sie hörte herannahende Schritte, und ihr Leib verkrampfte sich. Blake betrat das Lager. Claire schluckte heftig, die Enttäuschung war bitter.
    »Alicia hat mir gesagt, wo ich dich vielleicht finden kann. Wir dachten, du würdest zum Haus kommen.«
    »Ich wollte euch alle in Ruhe trauern lassen.«
    Blake warf ihr einen wissenden Blick zu.
    »Du warst ebenfalls Vincents Freundin. Du hättest nicht weggehen müssen.«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Ich dachte, so wäre es am besten.«
    »Für wen, Claire?«
    »Für alle.«
    »Claire, Nate hätte dich heute dort gebraucht.«
    »Ich war dort.«
    »Nein, warst du nicht. Du hast ganz allein gestanden, hast Nate noch nicht mal die Hand gereicht und bist sofort nach der Beerdigung weggerannt.«
    »Ich bin nicht gerannt.«
    Blake zog fragend eine Augenbraue hoch. »Ach nein?«
    Claire stand auf und begann hin- und herzugehen.
    »Ihr seid eine Familie. Ich gehöre nicht dazu.«
    »Nur, weil du es nicht willst. Alicia und Samantha haben beide nach dir gefragt.«
    Claire hielt inne und sah Blake an.
    »Und Nate?«
    Blake rieb sich die Braue.
    »Er hat dich vermisst.«
    »Aber er hat nicht nach mir gefragt.«
    Blake seufzte.
    »Gerade
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