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Kopfjagd

Kopfjagd

Titel: Kopfjagd
Autoren: Jack Higgins
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suchen.«
      »Ich fürchte, Sie
verstehen nicht ganz«, warf er behutsam ein. »Es gibt
keinen anderen.«
    »Aber das ist nicht mein Problem, sondern Ihres.«
      Sein Palmwedel verharrte. Er
saß stumm da und starrte mich an und doch wieder nicht.
Schweiß floß ihm über das Gesicht. Er starrte mit
seinen grauen Augen auf einen fernen Punkt hinter mir. Dann begann sich
der Fächer wieder zu bewegen, ziemlich schnell sogar, und er
wischte sich wieder den Schweiß ab, mit einem riesigen
Seidentaschentuch.
      Und dann war plötzlich sein
gönnerhaftes Lächeln wieder da. »Na gut, Sir. Dann kann
ich Ihnen nur noch viel Glück wünschen und Ihnen die Hand
schütteln.«
      Und er streckte seine Hand aus und
ich nahm sie, denn es wäre albern gewesen, ihm das zu verweigern.
Aber sein Händedruck war ganz und gar nicht das, was man von einem
fetten Mann erwarten würde, der nur dasitzt und schwitzt. Er war
fest und kräftig – sehr kräftig sogar. Und das machte
mich ziemlich nachdenklich, während ich ging. Er hatte zu
plötzlich und zu schnell aufgegeben…

    Vor der Revolution mußte das Hotel Blanco
ziemlich luxuriös gewesen sein. Jetzt waren allerdings Risse in
der Marmortreppe, und von den Wänden waren schon ganze Schichten
des Verputzes heruntergefallen. Man konnte nahezu dabei zusehen, wie
der ganze Bau langsam verkam. Die Tür meines Zimmers hatte kein
Schloß mehr, aber sie mußte ohnehin immer einen Spalt offen
sein, weil es im Raum brütend heiß war. Der Ventilator an
der Decke hatte sich schon seit fünf Jahren nicht mehr bewegt,
nämlich seit dem Sprengstoffanschlag auf das EWerk.
      Es gelang mir, die Fensterläden
zu öffnen, wobei allerdings einige Leisten zerbrachen, und etwas
warme Luft hereinzulassen. Ich triefte vor Schweiß und der
Revolver im Schulterhalfter unter meinem rechten Arm hatte mich bereits
wundgerieben. Ich zog die Jacke aus, legte den Halfter ab, das brachte
einige Erleichterung, und warf alles aufs Bett.
      In früheren Zeiten war dies ein
besonderes Zimmer gewesen, denn es hatte ein eigenes Badezimmer. Jetzt
strahlte es diese heruntergekommene Billigkeit aus, die man in miesen
Hotels in der ganzen Welt findet. Niemand schien jemals wirklich in ihm
gewohnt zu haben. Aus irgendeinem nicht erklärbaren Grund sehnte
ich mich wie wahnsinnig danach, wieder einmal etwas Kerry-Regen auf
meinem Gesicht zu spüren. Mit offenen Augen nach oben blickend ihn
auf mich herunterfallen zu sehen. Ihn in meinen offenen Mund rinnen zu
lassen. Aber das war natürlich Illusion, ein Wunschtraum der
schlimmsten Sorte.
      Das Badezimmer verfügte
über die gleiche matte Eleganz wie das ganze Hotel. Italienische
Fliesen, auf denen nackte Knaben zu sehen waren, die einander Trauben
reichten, zierten die Wände und den Boden. Die Badewanne selbst
hatte schon hundert Sprünge, aber sie war so groß wie ein
halber Swimmingpool. Die meisten Armaturen waren freilich schon lange
abmontiert worden, und aus dem vergoldeten Löwenmaul lief
allenfalls noch lauwarmes bräunliches Wasser, wenn man den Hahn
aufdrehte.
      Ich ging ins Zimmer zurück, zog
den Rest meiner Kleider aus und schlüpfte in meinen alten
Bademantel. Dann marschierte ich wieder ins Bad, nicht ohne den
Revolver mitzunehmen. Alte Gewohnheiten gibt man nicht so leicht auf.
    Das Wasser war so schmutzig, daß ich den
Grund der Wanne nicht mehr sehen konnte. Ich setzte mich trotzdem
klaglos hinein und legte mich zurück und starrte die Decke an, die
voller Risse war.
      Wie leicht sich doch die Dinge nach
den eigenen Vorstellungen deuten lassen! Es war kein Problem, in der
rissigen Mauer eine Landkarte zu entdecken. Einschließlich der
Eisenbahnlinie, die sich durch Monterrey bis Tampico windet. Dann kommt
die Schiffsroute quer durch den Golf nördlich der Halbinsel
Yucatan bis Kuba und dort die Strecke bis Havanna.
      Schön, und was würde ich
dort anfangen? Ich hatte eine Adresse, aber das war auch schon alles.
Ein Mann, der mir vielleicht Arbeit geben könnte. Oder auch nicht.
Und dann? Aber was gab es auf solche Fragen schon für Antworten.
Jeden Tag geschah so oder so, was nun mal geschehen mußte.
      Plötzlich war in meinem Zimmer
ein gedämpftes Geräusch zu hören. Ich sprang in ein und
demselben Augenblick aus der Wanne und riß meinen Revolver an
mich. Ich drückte mich gegen die Wand neben der Tür, um aus
der Schußlinie zu sein, falls irgend jemand die Absicht haben
sollte, sich den Weg hier herein
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