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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd
Autoren: Florian Homm
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gewesen, die von MIM erheblich profitieren könnten. Mir gefällt die Vorstellung, offiziell und wieder einmal mit einem echten Pass reisen zu können und einen guten Job auszuüben. Ich bin es leid, egal wo ich hinkomme, Geschichten erfinden zu müssen. Der Umgang mit Schmugglern, Mördern, IRA-Agenten und Unterweltbossen sowie ihrem administrativen Personal ist überbewertet, birgt zu viele Nebenrisiken und wird mit der Zeit einfach langweilig. Ich werde allerdings die Gangsterbräute vermissen. Sie sind ein wenig gestört, aber sehr scharf. Ich freue mich auf einen zahmeren und zivilisierteren Partnerkreis. Wahrscheinlich werde ich einfach alt und konservativ. Vielleicht imitiere ich auch wieder einmal nur Necko oder meine Schwester Barbara. Nach ihrem langen Flirt mit Kommunismus und Revolte wurde Barbara zu einer Säule der konservativen Werte. Nachdem Necko sein Imperium eingebüßt hatte, hätte er sich einfach entspannen können. Stattdessen begann er, über die Deutsche Sporthilfe Tausende von vielversprechenden Amateursportlern zu unterstützen und hinterließ ein großartiges Vermächtnis. Vielleicht kann ich ein noch größeres Vermächtnis hinterlassen. So oder so habe ich meinen bisherigen Kurs verlassen und ziele in die richtige Richtung.
    Jahrzehntelang habe ich die falschen Götter verehrt und als Folge daraus meine Macht, mein Vermögen und meine Familie verloren. Hartgesottene Verbrecher, Kopfgeldjäger und mächtige Organisationen bedrohen mein Leben und meine Freiheit. Auf meiner Reise habe ich festgestellt, dass unsere moderne westliche Version von irdischem Erfolg ein Scheitern garantiert. Ich habe gelernt, dass Geben zufriedener macht als Nehmen. Dankbarkeit und Mitgefühl sind bessere Reisegefährten als Gier und blinder Ehrgeiz. »Man lernt nie aus« hat »Zu viel ist nie genug« als meinen Lieblingsleitsatz abgelöst.
    Conrads kluge Charakterisierung war befriedigender als Millionen mit dem Verkauf von VMR-Aktien zu verdienen. Isabellas Mitgefühl für Bedürftige, vernachlässigte Tiere und vergessene alte Menschen in Seniorenheimen rühren das Herz eines kaltblütigen Hedgefondsmanager. Ich bin dankbar für Susans Liebe, die sie mir fast zwei Jahrzehnte lang schenkte, trotz meiner verzerrten Psyche, und ich bin unendlich dankbar dafür, dass sie unsere Kinder ganz alleine aufzieht. Ich entschuldige mich von ganzem Herzen für all den Schmerz und die andauernden Probleme, die ich ihr und meinen Kindern beschert habe.
    Ich war das Produkt von Materialismus und Exzess, das ausgeflippte Kind der stürmischen Achtziger und Neunziger. Als ich der Beherrscher des Universums war, machte ich mich über Gefühle wie Reue und Schuld lustig und tat sie als nutzlos ab. Schuld und Reue sind in einer Welt der reinen Wohlstandsmaximierung in der Tat schädlich. Aber in der weitaus relevanteren menschlichen Sphäre sind sie maßgeblich für unsere Nachhaltigkeit und unsere menschliche Entwicklung. Schuldgefühle können oft selbstzerstörerisch sein, sie können aber zu Reue führen, und Reue inspiriert oft zu positivem Verhalten und bringt Veränderungen mit sich.
    Die Wut und Abscheu, die mir seit meinem Rückzug aus der Finanzwelt entgegenschlagen, unterscheiden sich nicht von der kollektiven Wut der Bewegung Occupy Wall Street, die sich gegen die Missbräuche des Establishments richtet. Zwischen meinen Missbräuchen und denen des Finanzestablishments gibt es jedoch zwei große Unterschiede. Die Finanzgemeinde nagelt unabhängige, weniger etablierte Außenseiter wie mich oder andere Hedgefondsmanager ans Kreuz, um von den wesentlich zerstörerischeren und kriminelleren Handlungen der Banken und Politiker abzulenken.
    Der zweite wichtige Unterschied besteht darin, dass ich bereits ganz unten angekommen bin und mein Wertesystem auf bewusstere und befriedigendere Werte umgestellt habe. Unsere Gesellschaft betet nach wie vor die Dämonen des Konsums und der Wohlstandsanhäufung an. Ihre Implosion steht uns noch bevor. Im Jahr 2013, aber ganz gewiss bis spätestens 2016 wird die Finanz-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zusammenbrechen oder in eine anhaltende Periode schwerer ziviler und finanzieller Repressionen eintreten, begleitet von einer zunehmenden sozialen Ungerechtigkeit, sozialen Verwerfungen und Unruhen. Die Mischung einer stark alternden Bevölkerung und staatlichen Gelddruckmaschinen,die auf Hochtouren laufen, ist eine toxische Kombination.
    Ende 2007 wurde bei mir eine schwere Form von
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