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Kommissar Morry - Die Stimme des Terrors

Kommissar Morry - Die Stimme des Terrors

Titel: Kommissar Morry - Die Stimme des Terrors
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Enttäuschung — und im nächsten Moment ein Empfinden von Furcht. Er sah die Faust des Fremden auf sich zuschießen und schaffte es gerade noch, sich abzuducken. Aber schon in der nächsten Sekunde traf ihn ein zweiter Schlag. Rockwell taumelte gegen die Wand. Langsam rutschte er zu Boden.
    „Stehen Sie auf!" forderte der Fremde wütend. „Los!"
    Langsam kam Rockwell wieder in die Höhe. Er war ziemlich benommen.
    „Dafür werden Sie bezahlen müssen!" murmelte er leise. Dann marschierte er, von dem Fremden gefolgt, in das Badezimmer.

    *

    Roger Landville stand am Fenster seines Zimmers und starrte hinaus in den grauen, regenverhangenen Tag. Das Wasser tropfte von den Bäumen, und die schmutzigen Wolkenfetzen spiegelten sich in den zahlreichen Pfützen am Rande der schmalen, mit Kies bestreuten Auffahrt. So kann es nicht weitergehen, sagte er sich. Irgend etwas muß geschehen...
    Als sich hinter ihm die Tür öffnete, wandte er sich nicht um. Er war mit den Geräuschen in diesem Haus vertraut genug, um zu wissen, daß Jeanette gekommen war.
    Sie trat neben ihn ans Fenster. „Scheußlich", sagte sie. „Und ich war mit Liz zum Golfspielen verabredet!"
    „Das redest du dir ein. Sie gehört zu den wenigen Mädchen, die rückhaltlos ehrlich sind."
    „Es gibt eine Ehrlichkeit, die aus der Dummheit geboren wird."
    Jeanette wandte den Kopf und blickte den Bruder an. Seit ihrer frühesten Kindheit war sie stolz auf ihn — auf seinen schlanken, geraden Wuchs, auf sein markantes, anziehendes Profil, auf seine Art, sich zu geben und zu sprechen — kurzum auf alles, was ihn zu einem der begehrtesten Junggesellen dieser Stadt gemacht hatte. Sie hörte den bohrenden Aerger aus seinen Worten heraus und erkundigte sich: „Was ist denn heute nur los mit dir? Du bist doch sonst nicht vom Wetter beeinflußbar!"
    „Ich hasse dieses Haus", sagte er.
    Jeanette war so verblüfft, daß sie eine volle Minute brauchte, um sich zu besinnen.
    „Hier bist du doch groß geworden — hier hast du deine schönsten Stunden verbracht...“
    „Ich werde niemals begreifen, was dich an diesem Mädchen fesselt. Sie ist ausgesprochen dumm."
    Es ist doch unser Elternhaus!" meinte sie schließlich.
    „Es ist groß, muffig, dunkel und scheußlich", erklärte er. „Ein lauerndes Ungeheuer, das nur darauf wartet, uns zu verschlingen. Ich habe niemals darüber gesprochen, weil ich fühlte, daß ich damit Mama und dich verletzen würde. Aber jetzt muß es einmal heraus. Ich hasse es. Es ist ein Alptraum. Wenn es dir recht ist, möchte ich es verkaufen."
    „Verkaufen?" wiederholte Jeanette verwundert. „Das kann doch nicht dein Ernst sein!"
    „Es liegt im vornehmsten Viertel der Stadt. Wir könnten damit ein Vermögen erzielen."
    „Wozu? Wir brauchen kein Geld. Mama hat jedem von uns mehr als hunderttausend Dollar hinterlassen."
    „Du Schäfchen!" sagte er beinahe mitleidig. „Glaubst du wirklich, daß wir ewig damit auskommen werden? Ich habe mich schon bei einigen namhaften Maklern vorsorglich erkundigt. Für Haus und Grundstück können wir ungefähr eine Viertelmillion Dollar erzielen. Das ist mehr, als wir geerbt haben! Wir könnten uns in irgendeinem modernen Haus eine helle, großzügige Appartementwohnung nehmen — und...“
    „Nein!" unterbrach Jeanette ihn entschlossen. „Das kommt nicht in Frage. Ich bin dagegen! So können und dürfen wir nicht handeln. Es wäre nicht in Mamas Sinn." Ihre Stimme wurde unsicher und zögernd, als sie fortfuhr: „Außerdem scheinst du nicht daran zu denken, wie die anderen Leute darauf reagieren würden."
    „Die anderen Leute?” fragte er verblüfft. „Was haben die denn damit zu tun?"
    „Wir sind in Memphis bekannt", erwiderte sie. „Mamas tragischer Tod ist noch allen in frischer Erinnerung. Es werden sich Menschen finden, die behaupten, wir versuchten den düsteren Schatten des Verbrechens zu entfliehen, die das Haus seit Mamas Tod umgeben. Oder, um es noch deutlicher auszudrücken: Man wird uns unterstellen, das schlechte Gewissen hätte uns aus dem Haus getrieben!"
    „Ich verstehe nicht, was du meinst."
    Jeanette holte tief Luft. Dann sagte sie sehr rasch und leise: „Heute morgen habe ich drei Briefe bekommen. Alle drei enthielten den gleichen, ungeheuerlichen Vorwurf. Man behauptet, daß wir Mama getötet haben!"
    Roger zuckte zusammen. „Das ist doch verrückt!" rief er empört aus. „Hirnverbrannter Unsinn! Wie kannst du dich nur von solchen Schmierereien beeindrucken lassen?
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