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Kommissar Morry - Der Tod war schneller

Kommissar Morry - Der Tod war schneller

Titel: Kommissar Morry - Der Tod war schneller
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Ängste ging Lucius Banim am nächsten Morgen daran, seinen Plan sofort in die Tat umzusetzen. Er packte seinen Koffer, legte die Geldtasche hinein und rief die Liverpool Station an, wo er sich nach einem passenden Zug in Richtung Dover-Ostende erkundigte. Er hörte, daß ein solcher Zug mittags um ein Uhr ging. Diese Zeit paßte genau in seine Pläne. Anschließend läutete er seine Bank an.
    „Ich fühle mich heute nicht wohl, Mister Blenheim", murmelte er. „Ich weiß nicht, was es ist. Vieh leicht eine Erkältung. Vielleicht auch . . ."
    „Bleiben Sie ruhig zu Hause, Mister Banim", tönte es freundlich aus der Leitung. „Kurieren Sie sich aus. Ich wünsche Ihnen gute Besserung." Das war alles. Jetzt war der Weg frei. Wer sollte ihn jetzt noch zurückhalten? Mittags um zwölf Uhr verließ Lucius Banim das Haus. Er nahm am Lambeth Viaduct eine Taxe und ließ sich zur Liverpool Station fahren. Bis jetzt war alles glatt gegangen. Aber nun, da er die Schalterhalle betrat, begannen die ersten Schwierigkeiten. Lucius Banim sah sofort, daß auffällig viel Uniformierte vor der Sperre standen. Scheu und unstet schielte er zu den Konstablern hinüber. Würden sie ihn passieren lassen? Oder hatten sie Befehl, ihn festzunehmen? Nervös trat Lucius Banim an den nächsten Schalter heran.
    „Eine Fahrkarte erster nach Ostende, bitte", murmelte er.
    Er bekam das Ticket anstandslos ausgehändigt. Mit zitternden Händen schob er den Fahrpreis über das Zahlbrett. Aber als er sich dann umdrehte, stand plötzlich ein baumlanger Konstabler vor ihm.
    „Sie wollen verreisen, Mister Banim?" fragte er liebenswürdig. „Wohin denn, wenn man fragen darf ? Ins Ausland etwa? Aber nein, das kann doch gar nicht sein, Mister Banim! Sie sind ja nur für ein paar Tage krank, nicht wahr?"
    Lucius Banim fand keine Antwort. Vor ihm drehte sich auf einmal alles im Kreise. Ich bin verloren, dachte er verzweifelt. Sie überwachen jeden meiner Schritte. Sie sind über meine geheimsten Pläne informiert und lassen mich nicht eine Sekunde aus den Augen.
    „Die Karte ist nicht für mich", stotterte er. „Ich sollte sie nur für einen Kollegen besorgen."
    Er wandte sich hastig ab und zwängte sich durch das Gedränge in der Abfahrtshalle. Er ging nicht zur Sperre, sondern stürmte auf den Ausgang des Bahnhofsgebäudes zu.
    „Taxe!" rief er mit schriller Stimme. „Hallo, Taxe!"
    Er ließ sich zurück nach Lambeth fahren. Am Bricks Way hielt der Mietwagen an. Das altertümliche Haus, das ihm seit Jahren gehörte, lag unmittelbar zur Rechten.
    Lucius Banim zahlte den Fahrpreis, kramte seinen Koffer aus dem Wagen und sperrte das Gartentor auf. Langsam und schwerfällig schleppte er sich auf die Villa zu.
    Nun war er also doch wieder hier. Dabei hatte er dieses Haus doch nie wieder sehen wollen. Was sollte er jetzt noch unternehmen? Er setzte sich an den Tisch des öden Wohnzimmers, um seine nächsten Schritte zu überlegen. War er denn eigentlich auf die Bahn angewiesen? Konnte er nicht auch mit einem Wagen fahren? Es gab doch Mietautos, die man sich für ein paar Tage leihen konnte. Oder sollten inzwischen auch schon an den Ausfallstraßen überall Streifen stehen? Das war kaum anzunehmen. Lucius Barnim überlegte noch hin und her, als plötzlich unten die Zugglocke anschlug. Er trat hastig ans Fenster und schob die Vorhänge zurück. Er beugte sich hinaus.
    „Wer ist da?" rief er hinunter.
    Ein straffes, gebräuntes Gesicht hob sich zu ihm empor. Es war Kommissar Morry. „Wollen Sie mich nicht einlassen?" fragte er freundlich.
    Aus, dachte Lucius Banim. Das Theater ist zu Ende. Der Kommissar kommt, um mich zu verhaften. Sie wissen alles. Jetzt wollen sie den Schlußstrich ziehen.
    Er ging hinunter. Seine Knie waren weich wie Gummi. Seine Sohlen klebten am Boden.
    „Was ist, Kommissar?" fragte er, als er nervös die Tür auf gerissen hatte. „Was wollen Sie von mir?"
    „Nichts Besonderes", lächelte Morry und ging neben dem Abteilungsleiter die Treppe hinauf. Das Lächeln auf seinem jungenhaften Gesicht vertiefte sich, als er den gepackten Koffer sah.
    „Haben Sie eine größere Reise vor, Mister Banim?"
    „Nein, nein, Sir", murmelte Lucius Banim rasch. „Ich bleibe hier. Ich habe es mir anders überlegt. Heute morgen freilich wollte ich aus lauter Unruhe und Angst davonlaufen."
    „Aus welcher Angst?"
    „Hier wurde heute Nacht eingebrochen", stieß Lucius Banim heiser hervor. „Man fragte mich nach einem grüngelben Zettel und einer
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