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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Brücke zu. Ein Scheinwerfer flammte auf, glitt suchend über die Wasserfläche.
    „Dort, Sir“, sagte ein Konstabler aufgeregt. „Schauen Sie zum Sockel des mittleren Brückenpfeilers hinüber. Anscheinend wieder ein Selbstmord, Sir! Daß sich diese Leute keine bessere Todesart aussuchen. Da würde ich mich schon lieber an! einen Gasherd setzen.“
    „Schweigen Sie, zum Donnerwetter!“ knurrte Sergeant Palmer erbost: „Halten Sie auf den Pfeiler zu. Vielleicht ist noch etwas zu retten. Obwohl . . Er verschlucke die nächsten Worte. Jedes Kind konnte sehen, daß es hier kaum noch etwas zu retten gab.
    Das Boot legte sich scharrend an den Beton. Mit einem geschmeidigen Satz sprang Sergeant Palmer auf den kreisrunden Steinklotz hinüber. Das grelle Licht des Scheinwerfers folgte ihm. Es tauchte den gräßlichen Schauplatz in unbarmherzige Helligkeit.
    „Mein Gott!“ murmelte der Sergeant erschüttert, als er das junge Mädchen erblickte. „Welch ein Wahnsinn, ausgerechnet auf diesen Sockel zu springen. Gab es denn wirklich keine andere Möglichkeit für sie?“ Schaudernd schaute er auf das rinnende Blut und die zerschmetterten Glieder. Das einst so hübsche Gesicht war maßlos entstellt. An der rechen Schläfe klaffte eine furchtbare Wunde. Rein mechanisch beugte sich Palmer über das regungslose Mädchen und griff nach dem schlaffen Handgelenk. Ohne jede Hoffnung begann er den Puls zu fühlen.
    „Sie lebt noch“, schrie er dann plötzlich ganz laut in die Nacht hinein. „Rufen Sie sofort den Polizeiarzt herbei, Miller. Er soll in die erste Revierbaracke kommen. Wir werden das Mädchen dorthin bringen. Und nun faßt an, Boys! Jede Sekunde kann entscheidend sein.“
    Sie luden den zerschundenen Menschenkörper in das Boot und steuerten in raschem Tempo auf das Ufer zu. Drei Minuten später hatten sie ihre stumme Last in der Revierbaracke untergebracht. Sie umstanden ratlos die Unglückliche, die bleich und wächsern auf dem Ledersofa lag. Nur Sergeant Palmer wußte auch jetzt, was zu tun war. Er holte eine Flasche mit scharfem Brandy herbei und begann die bleichen Lippen der Ohnmächtigen zu beträufeln. Dabei redete er ununterbrochen auf sie ein, obwohl es doch nur wenig Sinn hatte.
    „Hören Sie mich?“ fragte er immer wieder. „Hallo, hören Sie mich? Nicken Sie mit dem Kopf, wenn Sie nicht mehr sprechen können.“
    Das Wunder geschah. In den zerschmetterten Körper kehrte noch einmal Leben zurück. Dora Gibbon schlug die Augen auf. Gramvoll und dunkel irrten ihre Blicke durch die nüchterne Revierstube.
    „Wie kann man so etwas tun?“ sagte Sergeant Palmer
    „Wo bin ich?“ fragte sie mit erlöschender Stimme, so sanft wie möglich. „Warum entschlossen Sie sich denn zu diesem schauerlichen Sprung? Nennen Sie mir den Grund.“
    Dora Gibbon begriff diese Frage nicht. Oder sie wollte sie nicht begreifen. Ihr ausgeblutetes Hirn hatte nur noch eine einzige Sorge. Es war die Sorge um Miriam Davis.
    „Meine Freundin“, stammelte sie mit bleichen Lippen, „wartet in einer Imbißstube am Ship Yard . . . auf meine . . . Rückkehr. Sie heißt Miriam Davis. Bitte sagen Sie ihr . . . was aus mir geworden ist.“
    Sergeant Palmer notierte sich den Namen. Dann gab er seinem jüngsten Konstabler einen Wink. „Rufen Sie Scotland Yard an“, tuschelte er leise. „Es soll sofort jemand von der Nachtbereitschaft kommen. Sagen Sie, es sei sehr dringend.“
    Der Konstabler stellte rasch die Verbindung her. „Welche Abteilung soll ich rufen, Sir?“
    „Für die Strompolizei ist nur das Sonderdezernat zuständig Merken Sie sich das“, zischte Sergeant Palmer ärgerlich. „Am besten wäre es, wenn Sie Kommissar Morry erreichen könnten. Vielleicht haben Sie Glück.“ Da der Arzt noch immer nicht erschienen war, blieb Sergeant Palmer nichts anderes übrig, als sich weiterhin selbst um die Schwerverletzte zu kümmern. Er flößte ihr Kognak ein und rieb die Schläfen mit Essigwasser ab. Auch diesmal hatten seine Bemühungen Erfolg. Dora Gibbon fand noch einmal ihr Bewußtsein wieder. Ihre Blicke ruhten leer und geistesabwesend auf dem Sergeanten.
    „Ich war im Orchideen-Klub am Ruskin Wall“, murmelte sie mit kaum hörbarer Stimme. „Ich wollte mit Mr. Fingal abrechnen. Ich wollte ihn wegen seines schändlichen Treibens zur Rechenschaft ziehen. Aber ich war zu schwach für ihn. Ich konnte mich nicht gegen ihn wehren. Seine Verfolger ließen mir keine Chance mehr. Da sprang ich aus Angst und Verzweiflung . .
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