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Kommissar Morry - Das Phantom

Kommissar Morry - Das Phantom

Titel: Kommissar Morry - Das Phantom
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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und machten vor der einzig verschließbaren Tür seines Hauses halt. Wenn Trusty Godophin auch seit Stunden schon auf die Rückkehr seines Bootes, aber mehr noch, auf das Erscheinen Rob Austicks und seiner Freunde gewartet hatte, machte er vorerst keine Anstalten, seine Freunde herzlich zu begrüßen. — Erst als Austick drohte, die Tür einzutreten, sprang Godophin von seinem Ruhebett hoch und ließ die feine Gesellschaft in seinen „Palast", wie er den finsteren Bau am Lime Kiln Dock nannte, ein.
    „Wenn du vertrocknete Whiskylaus uns noch einmal wie dumme Jungs vor deinem Loch stehen läßt, kannst du dir die Leihgebühr für den alten Holzkahn dort unten vom Chef persönlich abholen", knurrte der riesenhafte Austick wie ein gereiztes Tier den Hausbesitzer an und ließ sich hernach auf einen wackligen Stuhl fallen, daß er aus den Fugen zu brechen schien. Auch Hone und Pookfield benahmen sich plötzlich wieder wie große Helden. Die Angst, die ihnen noch vor kurzer Zeit im Nacken gesessen hatte und sie bald erdrückt hätte, war verflogen. Großspurig ließen sie sich auf die Sitzgelegenheiten nieder, streckten ihre Beine lang in dem nur schwach erleuchteten Raum aus und harrten schweigsam der kommenden Dinge. Godophin ließ sich jedoch nicht durch ihr Getue einschüchtern, auch Austicks giftig herumgespritzte Worte schienen gar nicht bis in sein Gehirn vorgedrungen zu sein. — Er wußte, was er diesen Leuten wert war, und so saß er mit halbgeschlossenen Augenlidern ruhig auf seinem Lager und studierte kurz und unmerklich hintereinander die Gesichter seiner nächtlichen Besucher. Sein Gesicht schien in dem fahlen Licht einer Totenmaske gleich, und der spöttisch grinsende Zug, der sich nach Beendigung seines Rundblickes auf seine dürren Lippen gelegt hatte, erhöhte noch die Wirkung.
    „Eurem Palaver nach scheint es ja geklappt zu haben", krächzte er plötzlich mit dünner Stimme los und rieb sich vergnügt seine knochigen Hände.
    „Well, die Ware haben wir hier, und du wirst sie noch heute nacht zur Morant-Street in Dickens Hafenbar bringen!"
    „He he — halt Boys! — Was hat das zu bedeuten? Bisher war es doch eure Aufgabe, die Ware sicher bis in George Dickens Haus zu bringen. Nun plötzlich soll ich... Da stimmt doch etwas nicht? Wollt ihr mich etwa verzinken?"
    „Red' keinen Unsinn, Trusty. Vom Verzinken kann hier keine Rede sein", versuchte Rob Austick den mißtrauisch gewordenen Knochenmenschen zu beruhigen. „Nur eine Vorsichtsmaßnahme, die mir soeben eingefallen ist."
    „Vorsichtsmaßnahme ist gut", konterte der Hausherr und reckte seinen Schwanenhals in die Luft. „Und warum das alles? Wollt ihr mir etwa erzählen, daß nicht einer von euch in der Lage ist, dieses kleine Päckchen dort unauffällig zur Morant-Street zu bringen?"
    „Unauffällig, Trusty, das ist es, warum du gehen sollst. Und nicht nur heute, sondern in Zukunft wirst du immer den Weg nach Dickens Bar machen, sobald wir mit der frischen Ware hier angelangt sind. — Verstanden!"
    „Nichts da, ihr Herren!" erwiderte Godophin gereizt. „Ein Trusty Godophin geht nur dann, wenn es ihm Spaß macht, und nicht, wenn so ein hergelaufener Bengel wie du einer bist, es befehlen will!"
    „Stop, Trusty! Nicht ich gebe die Order für deine Tätigkeit, sondern der Chef selbst hat es für die Zukunft so angeordnet."
    Sekundenlang blieb es nun zwischen den beiden Streithähnen ruhig. Mit stechenden Augen versuchte Trusty hinter der Stirn Rob Austicks dessen wahre Gedanken zu erraten. Dann fielen ihm seine Eingangsworte wieder ein, mit denen diese Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen begonnen hatten.
    „So, der Chef wünscht es, und warum sagtest du, es sei eine Vorsichtsmaßnahme, die dir eben erst ein* gefallen sei?" fragte Godophin gefährlich leise.
    „Damn't, Trusty! Hör' auf mit diesem Gerede. Es ist doch im Augenblick gleich, was ich gesagt habe. Die Hauptsache ist, die frische Ware kommt wohl* behalten in der Morant-Street an — und da dich jeder Cop hier in der Gegend kennt, wird keiner von ihnen eine derartige Ware bei dir vermuten. Nun endlich begriffen, warum du von nun an diese Wege machen sollst? Oder muß ich es dir erst sagen, daß unser schönes Limehouse von verstärkten Nachtstreifen der Cops begangen wird?"
    Trusty Godophin erwiderte nichts mehr. Er zog seine schon vorhandenen Furchen in der Stirn noch tiefer und überlegte einen Moment. Eine kurze Pause trat ein. Obwohl er schon lange wußte, daß er sich
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