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Komm und küss mich!: Roman (German Edition)

Komm und küss mich!: Roman (German Edition)

Titel: Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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blinzelte den Fotografen durch den dichten Saum ihrer Wimpern an. Dann streckte sie ihm die Zunge heraus.
    An diesem Nachmittag hatte Chloe zum ersten, aber beileibe nicht zum letzten Mal Francescas kleine scharfe Zähne zu spüren bekommen. Auch nachdem drei Kindermädchen gekündigt hatten, weigerte sich Chloe, offen zuzugeben, daß die Beißwut ihrer Tochter zum Problem geworden war. Francesca war eben nur sehr temperamentvoll, und Chloe hatte nicht die Absicht, sich den Zorn ihrer Tochter zuzuziehen. Also nahm sie von so einer Nebensächlichkeit keine Notiz. Francescas Terrorregime wäre von unbegrenzter Dauer geblieben, hätte nicht einmal ein fremdes Kind nach einem Streit um die Schaukel im Park zurückgebissen. Als Francesca entdeckte, daß diese Erfahrung schmerzlicher Natur war, gab sie das Beißen auf. Sie war ja nicht vorsätzlich grausam; sie wollte nur ihren Willen durchsetzen.
    Kurz nach Francescas Geburt hatte Chloe ein Haus aus der Zeit Queen Annes erworben. Es lag in der Upper Grosvenor Street, nicht weit von der Botschaft der Vereinigten Staaten und am östlichen Rand des Hydeparks. Das viergeschossige Gebäude war nur etwas über neun Meter breit. In den dreißiger Jahren hatte Syrie Maugham, die Frau von Somerset Maugham, diese schmale Konstruktion restaurieren lassen. Sie war eine der höchstgefeierten Innenarchitektinnen ihrer Zeit. Eine Wendeltreppe verband das Erdgeschoß mit dem Wohnzimmer und schwang sich an einem Porträt von Chloe und Francesca vorbei, das von Cecil Beaton stammte. Korallenrote Säulen aus unechtem Marmor säumten den Eingang zum Wohnzimmer, in welchem sich französische und italienische Kunst mischten, aber auch Adam-Stühle neben einer
Sammlung venezianischer Spiegel vorkamen. Auf der darüberliegenden Etage lag Francescas Schlafzimmer, das eingerichtet war wie ein Dornröschenschloß. Vor einer Kulisse von Spitzengardinen, verziert mit rosa Seidenrosetten, und einem Himmelbett, von dessen Blattgolddach dreißig Meter hauchdünner weißer Tüll herabhingen, herrschte Francesca als regierende Prinzessin, so weit ihr Auge reichte.
    Hin und wieder hielt sie hof in ihrem Märchenzimmer. Dann schenkte sie gesüßten Tee aus einer Kanne aus Meißener Porzellan für die Tochter einer von Chloes Freundinnen ein. »Ich bin die Prinzessin Aurora«, verkündete sie einmal der Ehrenwerten Clara Millingford und warf ihre kastanienbraunen Locken zurück, die sie – zusammen mit ihrer Unbekümmertheit  – von Black Jack Day geerbt hatte. »Du bist eine gute Frau aus dem Dorf, die mich besuchen kommt.«
    Clara, die einzige Tochter von Vicomte Allsworth, beabsichtigte keineswegs, die gute Frau aus dem Dorf zu spielen, während Francesca Day von königlichem Geblüt war. Sie legte ihren Keks hin und rief: »Ich will Prinzessin Aurora sein!«
    Diese Vorstellung belustigte Francesca derart, daß sie in ein silberhelles, leichtes Lachen ausbrach. »Sei nicht dumm, liebe Clara! Du hast doch so große Sommersprossen. Die sind zwar auch ganz hübsch, aber natürlich nicht für Prinzessin Aurora, die Allerschönste im Land. Ich bin Prinzessin Aurora, du kannst meinetwegen Königin sein.«
    Francesca hielt diesen Kompromiß für ausgesprochen fair und war am Boden zerstört, als Clara – wie so viele andere kleine Mädchen zuvor – nicht wieder mit ihr spielen wollte. Sie war ehrlich verblüfft. Sie hatte sie doch mit allen ihren schönen Sachen spielen lassen. Und sie hatte ihnen doch erlaubt, in ihrem wunderschönen Zimmer zu spielen.
    Chloe ignorierte alle Hinweise, ihr Kind würde furchtbar verzogen. Francesca war ihr Baby, ihr Engel, ihr vollkommenes kleines Mädchen. Sie stellte die liberalsten Privatlehrer ein,
kaufte die neuesten Puppen, die neuesten Spiele, umsorgte sie wie eine Glucke, verzärtelte sie und ließ ihr in allem ihren Willen, solange es nicht gefährlich war. Unerwartete Todesfälle hatte es bereits zweimal in Chloes Leben gegeben, und der bloße Gedanke daran, daß ihrem heißgeliebten Kind etwas zustoßen könnte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Francesca war der einzige ruhende Pol für sie, die einzige gefühlsmäßige Bindung, die sie in ihrem ziellosen Leben hatte eingehen können. Manchmal wälzte sie sich schlaflos im Bett herum, schweißgebadet; dann kamen ihr alle möglichen schrecklichen Gefahren in den Sinn, die das kleine Mädchen bedrohen könnten, das unglückseligerweise die sorglose Natur seines Vaters geerbt hatte. Vor ihrem geistigen
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