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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod
Autoren: Wolf Haas
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hat ihn ausgefragt! Das hat ihn so aufgeregt, daß er einen Anfall gekriegt hat! Komm schnell!"
    Der Brenner hat sich gewundert, daß die Lungauerin mit dem fetten Buttinger per du ist. Aber die Leute vom Land sind ja oft schneller per du, und vielleicht hat sie die alten Kollegen von ihrem Sohn einfach geduzt.
    "Schnell!" hat die alte Lungauerin ins Telefon geschrien.
    "Komm!"
    "Süßer Tod", hat der Brenner für sie ergänzt. Weil ihr Anruf hätte wirklich den sicheren Tod für ihren Sohn bedeutet, wenn nicht der Herr Oswald mit seiner Anlage gewesen wäre.
    Und da kann man gegen die Technik sagen, was man will, aber ohne sie wäre der Lungauer eine halbe Stunde später tot gewesen. Und man erschreckt vielleicht manchmal, daß gerade die Lebensretter, die Ärzte und die Spitäler und die Rettung ausgerüstet und bewaffnet sind bis zu den Zähnen, praktisch Privatarmee. Praktisch kleiner Krankenschwesternfaschismus, hochkarätig gesprochen.
    Aber das ist eben so, wenn es auf Leben und Tod geht. Da verliert man das Sozialkritische. Da greift man dann doch wieder zur Technikbombe, auch wenn man sonst sagt: lieber das Menschliche.
    Und durch den Maschinenpark des Herrn Oswald hat es jetzt doch noch einen Hoffnungsschimmer für den Lungauer gegeben. Weil so haben sie genau gehört, wie der fette Buttinger sofort nach dem Anruf der Lungauerin den Junior informiert hat.
    Darüber, daß der Brenner den Lungauer ausgequetscht hat, bis er einen Anfall gekriegt hat. Und erst jetzt in der Wiederholung hat der Brenner den Junior im Funk gehört: "590 rückt aus."
    Der Brenner hat gewußt, daß der Auspuff des 590er, der die Abgase direkt in den Transportraum geleitet hat, immer noch nicht repariert war.
    "Kommen Sie!" hat er den Oswald von seinem Computer regelrecht weggerissen. Und im nächsten Moment ist er schon die Stiege hinuntergehechtet, als ginge es um einen akuten 21.
    "Der Junior fährt gerade nach Alt Erlaa hinaus und will den Lungauer abholen", hat der Brenner im Hinunterlaufen erklärt.
    "Der Lungauer ist der einzige Zeuge. Bisher hat der Junior geglaubt, daß der Lungauer zu bedient ist, um etwas aussagen zu können. Aber jetzt weiß er, daß ich bei ihm war. Wir müssen den Lungauer unbedingt vor dem Junior erwischen."
    "Wir müssen ihn vor der Rettung retten", hat der Herr Oswald verwundert geschnauft.
    Der Brenner ist gefahren, daß ich sagen muß: Wenn es eine Hölle gibt, dann hat der Bimbo sicher stolz auf ihn heraufgeschaut. Weil vom zweiten Bezirk bis Alt Erlaa sind es leicht zehn Kilometer und bestimmt, warte: dreißig, vierzig, vielleicht sogar an die fünfzig Ampeln. Und vom zweiten Bezirk bis Alt Erlaa nicht ein einziges Mal anhalten - da trau ich mir nicht die Hand ins Feuer legen, ob das der Bimbo überhaupt einmal geschafft hat.
    Aber wie der Brenner dann bei der Mutter vorn Lungauer geläutet hat, ist der Junior mit ihrem Sohn schon weg gewesen.
     

16
    Vier Stunden, bevor das Donauinselfest begonnen hat, waren die Straßen so ausgestorben, wie der Brenner es in Wien überhaupt noch nie erlebt hat, praktisch Geisterstadt. Jetzt ist er natürlich mit den roten Ampeln auch ein bißchen im Vorteil gewesen.
    Wie das Handschuhfach von den Vibrationen aufgesprungen ist, hat der Herr Oswald wieder nach dem Schweizerkracher gegriffen. Und dieses Mal hat er ihn wirklich herausgenommen.
    Aber er ist ihm sofort aus den Händen gefallen und auf den Boden gekracht.
    "Passen Sie auf!" hat der Brenner geflucht, obwohl ihm selber gerade ein einsamer Fußgänger den Vogel gedeutet hat, so brutal hat er ihn vom Zebrastreifen gescheucht.
    "Die ist ja irrsinnig schwer", hat sich der Herr Oswald gewundert, wie er die Waffe wieder aufgehoben hat.
    "Ja, aus Plastik ist die nicht. Mit der kannst du zwei gleichzeitig erschießen."
    "Gleichzeitig nicht, aber mit einer Kugel hintereinander", hat es der Herr Oswald auf einmal ganz genau genommen. "Wohin fahren wir eigentlich?"
    "Sanitäter Munz an 590", hat der Brenner mit der Stimme vom Hansi Munz ins Funkmikrofon gequengelt.
    "590 Standort Spinnerin am Kreuz", hat der Junior sofort geantwortet.
    Der Brenner hat gegrinst, wie er dann den echten Hansi Munz ganz aufgeregt aus dem Funk gehört hat: "770 an alle! Wer funkt hier Sanitäter Munz?" Der arme Hansi Munz, sowieso schon mit dem alten 770er gedemütigt, weil ihm der Brenner mit dem 740er auf und davon ist, und jetzt funkt auch noch einer mit seiner Stimme, ohne daß der Junior es kapiert.
    "770, was wollen Sie?" hat
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