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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)
Autoren: Charles C. Mann
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mehr so schwierig wie Anfang der achtziger Jahre, als Crosby für sein Buch
Die Früchte des weißen Mannes
recherchierte. Inzwischen ist der Argwohn der Behörden weitgehend verschwunden; das größte Hindernis, auf das ich bei meinen Besuchen in Peking stieß, war der grauenhafte Verkehr. Sehr zuvorkommend versorgten mich Bibliothekare und Forscher mit frühen chinesischen Dokumenten in Form von Computerscans der Originale, die ich auf meinen kleinen Speicherstift kopieren durfte.
    Die Ergebnisse dieser neuen Studien verraten höchst Bemerkenswertes über die nachkolumbische Zeit: Aus dem Zusammenprall der beiden alten Welten – oder der drei, wenn wir Afrika als ein von Eurasien unabhängiges Gebilde betrachten – bildete sich eine einzige neue Welt. Das diesem Austausch zugrundeliegende ökonomische System, das im 16 . Jahrhundert aus dem europäischen Wunsch nach Beteiligung an der blühenden asiatischen Handelssphäre geboren wurde, verwandelte den Planeten bis zum 19 . Jahrhundert – biologisch betrachtet also fast im Handumdrehen – in ein einziges ökologisches System. Durch die Schaffung dieses Systems war Europa in der Lage, mehrere entscheidende Jahrhunderte hindurch die politische Initiative an sich zu reißen, was umgekehrt die Grundzüge des heutigen erdumspannenden Wirtschaftssystems in seiner ganzen vielfältig verflochtenen, allgegenwärtigen und kaum verstandenen Pracht hervorbrachte.
    Seit die Gewaltproteste während der WTO -Konferenz 1999 in Seattle den Globalisierungsbegriff ins öffentliche Bewusstsein brachten, haben Experten jeder ideologischen Provenienz die Öffentlichkeit mit Artikeln, Büchern, Weißbüchern, Blog-Einträgen und Videodokumentationen überschüttet, um ihn zu erklären, zu preisen oder anzugreifen. Von Anfang an kreiste die Debatte um zwei Pole. Auf der einen Seite die Ökonomen und Unternehmer, die leidenschaftlich die Auffassung vertraten, der Freihandel komme jeder Gesellschaft zugute – beide Seiten könnten von einem Austausch ohne Zwänge nur gewinnen. Je mehr Handel, desto besser, sagen sie. Sonst blieben den Menschen an einem Ort jene Errungenschaften versagt, die Erfindungsgabe unserer Art an anderen Orten hervorgebracht habe. Auf der anderen Seite beklagen Umweltschützer, Kulturnationalisten, Gewerkschafter und Konzerngegner lautstark, dass unregulierter Handel zu politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Verhältnissen führe, die selten vorhersehbar seien und sich am Ende meist nachteilig auswirkten. Je weniger Handel, so sagen sie, desto besser. Schützt die lokalen Gemeinwesen vor den Kräften, die von multinationaler Gier entfesselt werden!
    Im Kreuzfeuer dieser beiden entgegengesetzten Auffassungen ist das globale Netzwerk zum Gegenstand einer wüsten intellektuellen Schlacht geworden, die mit allen Mitteln geführt wird: einander wechselseitig widersprechenden Tabellen, Diagrammen und Statistiken sowie Tränengas und Pflastersteinen auf den Straßen, während die politischen Führer hinter Mauern von Bereitschaftspolizei um internationale Handelsabkommen ringen. Manchmal erscheint der Wirrwarr von Parolen und Gegenparolen, Fakten und Behauptungen vollkommen undurchdringlich, doch je genauer ich mich mit der Sache befasste, desto mehr gewann ich den Eindruck, dass beide Seiten recht haben könnten. Von Anfang an bewirkte die Globalisierung enorme wirtschaftliche Gewinne und gleichzeitig ökologische und soziale Umwälzungen, die diese Gewinne aufzuheben drohten.
    Natürlich unterscheidet sich unsere Zeit von der Vergangenheit. Unsere Vorfahren verfügten nicht über Internet, Luftverkehr, gentechnisch veränderte Pflanzen und weltweiten elektronischen Wertpapierhandel. Und doch, wenn wir lesen, wie der Weltmarkt einst entstand, fühlen wir uns zwangsläufig – mal von fern, mal sehr deutlich – an die Auseinandersetzungen erinnert, von denen wir heute in den Fernsehnachrichten hören. Ereignisse, die vierhundert Jahre zurückliegen, prägten maßgeblich, was wir heute erleben.
    Eines ist dieses Buch allerdings nicht: eine systematische Darlegung der ökonomischen und ökologischen Ursprünge dessen, was einige Historiker etwas vollmundig, aber zutreffend das «Weltsystem» nennen. Einige Erdregionen lasse ich völlig außer Acht; einige wichtige Ereignisse erwähne ich nur am Rande. Meine Entschuldigung lautet, dass der Gegenstand zu groß für ein einziges Buch ist; jedes Werk, das Anspruch auf Vollständigkeit erhöbe, müsste
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