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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri
Autoren: Jürgen Benvenuti
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Füße scheinen den Boden gar nicht mehr zu berühren, er schwebt beinahe, nur, er schwebt in die falsche Richtung, das Licht,es befindet sich da vorne, aber er, er wird in die entgegengesetzte Richtung gezogen, jemand umklammert ihn und zieht ihn zur Tür, er umklammert ihn mit eisernem Griff, nicht weniger entschlossen als der Griff von Patrick Berger, mit dem er den Behälter packt auf dem Weg zur Tür, nach draußen, wo die Journalisten warten, die Bestien, die sich gleich auf ihn stürzen werden, und er denkt sich, lass ihn los, den Behälter, lass ihn einfach los, vielleicht wird er übersehen, aber er kann nicht, seine Finger gehorchen ihm nicht mehr, seine Finger umklammern den Behälter, als bildeten sie mit ihm eine untrennbare Einheit.

EINUNDDREISSIG
    Ganz vorne standen sie, Erich Widmaier, der Vater von Karl, der sich als Albrecht vorgestellt hatte, Daniel Kollaritz und Nubia, der Windhund, direkt bei den rostigen Gittern, die die Straßenbahntrassen vom Parkplatz trennten, und behielten die Produktionshalle, in der vor wenigen Sekunden alle verschwunden waren, im Auge. Widmaier wunderte sich nicht im Geringsten, dass Drechsler sich einen Weg durch die Menge gebahnt hatte, zur Gruppe vorgestoßen war und von Kalina verlangt hatte, bei der Geldübergabe dabei zu sein, schließlich war seine Freundin oder Beinahe-Freundin da drinnen, und er, Widmaier, hätte sich weder von Gott noch Teufel aufhalten lassen, hätte sich Karin in der Halle befunden.
    Als das dumpfe Grollen ertönte, dem eine bedrohliche Stille folgte, die kurz darauf, als die ersten Gasschwaden durch die weit offene Tür drangen, von angsterfülltem Geschrei vertrieben wurde, spürte Widmaier, wie Panik sich unter den Journalisten, den Polizeibeamten und den Demonstranten hinter der Absperrung, vorne, bei der Zufahrtsstraße, breit machte. Die Leute rannten durcheinander, riefen unverständliche Anweisungen, manche warfen sich aufden Boden, die Polizei solle etwas unternehmen, brüllten die einen, wo bleibt die Rettung, fragten die anderen, die Feuerwehr solle endlich anrücken, verlangten die dritten. Widmaier beobachtete, wie Kalina die vor der Halle wartende WEGA-Meute hineinbeorderte und fragte sich, was, zur Hölle, da drinnen vor sich ging.
    â€žGlauben Sie, der Karl hat die Bombe gezündet?“, fragte Kollaritz und starrte fassungslos hinüber zur Fabrik.
    â€žNach einer Detonation hat sich das nicht angehört“, sagte Widmaier und bemerkte erst jetzt, wie erstaunlich ruhig er auf die Situation reagierte, was vermutlich daran lag, dass er, eher unterbewusst, sofort realisiert hatte, dass, was immer da drinnen in die Luft geflogen war, keine Bombe gewesen sein konnte. Er wandte sich an Kollaritz, der zitternd neben ihm stand, die rechte Hand im dünnen Fell von Nubia vergraben, und sagte: „Der Qualm da, na ja, das ist Tränengas, vermutlich der WEGA ihr eigenes. Ich schätze, die haben wieder mal Mist gebaut.“
    Kollaritz nickte und lächelte halbherzig, und wie Widmaier so hinüberschaute zur Fabrik, da begann auch er sich Sorgen zu machen, um Drechsler vor allem, aber auch um all die anderen Personen, die sich in der Halle befanden. Jetzt, wo die Sache so gut wie erledigt war, konnte, durfte einfach nichts mehr schief gehen, verdammt noch mal.
    Sein Handy piepste und mit einer unwirschen Bewegung riss er es aus seiner Hose und hielt es an sein Ohr.
    â€žWas ist da los bei euch?“, fragte Karin.
    â€žIm Moment nichts“, sagte Widmaier und behielt die Tür im Auge. Plötzlich kamen ein paar schwarzgekleidete WEGA-Männer durch die Tür gerannt, stürmten die Rampe herunter und liefen vor zum Absperrgitter. Ein Raunen ging durch die Menge. Bei den meisten obsiegte die Neugier über die Angst, und alle, die noch vor wenigen Sekunden kopflos durch die Gegend gerannt waren, hasteten jetzt wieder nach vorne zur Straße, um ja nichts zu verpassen. Weitere WEGA-Männer verließen die Fabrik, gefolgt vom Bürgermeister, Dolores Hightower, Qualtinger, den beiden Bodyguards undeinem reichlich mitgenommenen Bankdirektor, den ein WEGA-Beamter stützen musste, weil seine Beine ihren Dienst versagten.
    â€žWo ist Fritz?“, fragte Karin übers Handy, die, wie Widmaier sich vorstellen konnte, jetzt zu Hause saß und das Geschehen live auf dem Bildschirm mitverfolgte.
    â€žIch seh ihn nicht“, sagte Widmaier,
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