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Königsfreunde (German Edition)

Königsfreunde (German Edition)

Titel: Königsfreunde (German Edition)
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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das Plateau, hob den Jungen hoch und legte ihn auf den Pferderücken. Seine Beine hingen rechts links herab und das Gepäck stützte seinen Körper ausreichend, sodass er nicht einfach herunterfiel. Das Pferd schnaubte zufrieden während Marquard den Jungen provisorisch festband und stabilisierte. Anscheinend mochte es den Knaben wirklich. Als er mit seinem Werk zufrieden war, stieg er wieder von der Plattform herab und leerte als Erstes den Wasserschlauch. Er musste ihn gründlich ausspülen, bevor er ihn wieder verwenden konnte.
    Dann führte er das Pferd langsam den Weg weiter, den steil aufragenden Felsen des Kamms entgegen.
     
    Er war besser vorangekommen, als er gedacht hatte. Das Pferd war auch an den schwierigen Stellen ruhig an seiner Seite geblieben. Marquard war froh, dass er so ein nervenstarkes Tier ausgewählt hatte, auch wenn sich seine Reise nun so völlig anders entwickelte als geplant.
    Seit einer Stunde marschierten sie nun durch grüne Wälder und Marquard rechnete jeden Moment damit, das kleine Häuschen zu sehen. Der junge König schlief auf dem Pferderücken und Marquard war froh, wenn er ihn gleich der Verantwortung anderer Menschen übergeben konnte. Danach musste er sich auf dem Rückweg die weitere Vorgehensweise überlegen. Der Plan sah vor, dass man im Schloss glauben sollte, Marquard sei für einige Tage verreist. Den Zeitpunkt der Reise hatten sie schon vor Wochen verkündet, sodass Marquards Fehlen nicht nur natürlich, sondern auch seine Versicherung sein würde, nicht verdächtigt zu werden.
    Am Morgen nach der Krönung, wenn das Verschwinden des Königs auffiel, würden sie eine Suchaktion einleiten und die Wälder durchkämmen. Natürlich würden sie nichts finden und dann die vorgeschriebene Zeit abwarten, bevor ein neuer König eingesetzt wurde. Das war nach Gesetz der sogenannte »Platzhalter«. Ein Mann, der gewählt wurde für den Fall, dass dem letzten Spross der Königsfamilie etwas zustieß. Selbstredend musste dieser Posten mit einer absolut loyalen, vertrauenswürdigen Person besetzt werden. Aber Loyalität war seit Jahrzehnten ein Fremdwort im Herrscherhaus. Stelin, ein Mann aus dem Beraterstab, hatte sich diesen Platz gesichert und Petrisa hatte mit ihm ein Verhältnis, und das seit Monaten. Marquard hielt es für ganz natürlich, dass die Korruption um sich griff. Wer Brennnesseln im Garten duldete und ihre Wurzeln nicht regelmäßig ausgrub, durfte sich nicht wundern, wenn sie ihr unterirdisches Geflecht ausdehnten und alle anderen Pflanzen zurückdrängten. Und schon gar nicht konnte man sich beklagen, dass das Laufen mit ungeschützten Füßen im Garten dann nicht mehr möglich war.
    Genau das war aber passiert. Während die Eltern des Prinzen sich mehr an Banketten und protzigen Feierlichkeiten als an den Pflichten des Regierenden erfreuten, verkam das Wurzelgeflecht unter ihren Füßen zu einem Netz aus Betrug, Gier und Intrigen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Königspaar abdanken würde.
    Der junge Prinz würde immer noch jung sein, wenn er den Thron bestieg. Es war eine unausgesprochene Tatsache, dass es Vorteile hatte, sich schleunigst mit dem Jungen gutzustellen und sich seine Gunst zu sichern. Marquard besaß sie schon von Anfang an, denn er war fast die einzige Anlaufstelle für den einsamen Prinzen, um den sich die Eltern nicht kümmerten. Darum fiel ihm auch die Aufgabe zu, den Jungen zu beseitigen. Jeder wusste um das Vertrauensverhältnis und man würde ihn als Letzten verdächtigen. Hoffentlich. Viel würde davon abhängen, ob der Platzhalter sein Versprechen hielt. Bis die Pflichtzeit verstrichen war und der König für tot erklärt werden konnte.
    Der Weg vor Marquard wurde breiter und es gab weniger Pflanzen. Er bemerkte Spuren von Schuhen und Hufen. Jeden Moment musste er das Haus sehen. Seit Jahren war er nicht hier gewesen und er hoffte, dass sich nichts verändert hatte. Neben ihm hob das Pferd den Kopf und blieb stehen. Es witterte etwas und dann wieherte es aus der Tiefe seiner Brust. Marquard vermutete andere Pferde ganz in der Nähe.
    »Komm, alter Freund. Gleich hast du’s geschafft.« Marquard zog das Pferd vorwärts. Er glaubte jetzt, die Umgebung zu erkennen. Viel hatte sich seit damals wirklich nicht verändert. Der Weg machte eine sanfte Biegung und dann stand er direkt davor. Das Haus war noch da. Und es schien in einem ordentlichen Zustand zu sein. Marquard fiel ein Stein vom Herzen.
    Ein Mann von mittlerer Statur mit
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