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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allzusehr auf das erotische Interesse des lebenslustigen Hausherrn und wurde als ›beste Hausdame, die man sich denken kann‹ von der Gräfin an die befreundete Fürstin von Pleß weiterempfohlen.
    Hier ging es friedlicher zu. Hans Heinrich XI., Fürst von Pleß, Graf von Hochberg, Freiherr zu Fürstenstein, war 54 Jahre alt, Königlich Preußischer Oberstjägermeister, Chef des Hofjagdamtes und von 1871 bis 1878 Mitglied des Deutschen Reichstages als Vertreter der Deutschen Reichspartei. Er kümmerte sich mehr um die Jagd, die kaiserliche Politik und seinen Freund, den Reichskanzler Fürst von Bismarck, als um hübsche Witwen. Er trank gern einen guten Wein, erzählte Witze und residierte in seinem Fürstentum wie ein selbständiger Herrscher. Hier unten, im äußersten Zipfel Schlesiens, sprach man noch nicht von Liberalisierung, von Sozialismus oder Demokratie; der Fürst von Pleß war Herr und Vater in einer Person, Mittelpunkt einer eigenen kleinen Welt, mit der man zufrieden war. Man hörte ja auch nichts anderes.
    Man weiß es schon: Den Fürsten bekam man selten zu sehen, aber allgegenwärtig in seinem großen Bezirk Gut III war Leo Kochlowsky. So blieb es auch nicht aus, daß die schöne Witwe Elena von Suttkamm, der man das fürstliche Leibpersonal unterstellt hatte, mit Leo zusammentraf.
    Elena war damals 37 Jahre alt, eine reife, erblühte Schönheit mit vollem Busen und schlanker Taille, strahlenden braunen Augen und einem Mund, der zum Küssen reizte. Seit ihrem vor 17 Jahren begonnenen Witwendasein hatte sie es verstanden, männliche Attacken auf ihre Tugend abzuwehren. Bei Bällen tanzte sie gern, aber wenn ihr jemand ins Ohr flüsterte, man könne sich ja zurückziehen, erstarrte sie zu Eis und ließ den Partner stehen.
    Das änderte sich, als sie Leo Kochlowsky begegnete.
    Es war an einem Vormittag, und schon von weitem hörte Elena, als sie sich der großen Küche näherte, wie jemand mit dröhnender Stimme herumbrüllte. Das schrille Organ von Wanda Lubkenski antwortete.
    Als Elena sich zu der großen Tür begab, sprang diese auf, und vier Küchenmädchen flüchteten weinend über den Gang in den Vorratsraum.
    Mit einem Stoß öffnete Elena die Pendeltür und betrat die riesige Küche.
    In der Mitte stand ein Mann im schwarzen Reitrock, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schimpfte aus voller Kehle. Die gewölbeartige Decke warf seine Stimme verstärkt zurück. Es dröhnte von allen Seiten. Wanda Lubkenski stand hinter einem dicken Holzblock und hielt ein blinkendes Fleischerbeil in den Händen.
    »Du dämliche Dienstspritze!« schrie der Mann. »Du ausgekotztes Luder! Du willst mir widersprechen!«
    Und Wanda keifte mit greller Stimme zurück: »Du hochnäsiger Affe! Du Lederhintern! Wenn ich recht habe, dann habe ich recht, auch wenn's dir nicht paßt!«
    »Was ist hier los?« warf Elena laut dazwischen. »Wer sind Sie überhaupt?«
    Der Mann drehte sich ruckartig um – und damit war es passiert. Schwarze, blitzende Augen musterten Elena von Suttkamm, die dichten Brauen zuckten, der seidige, schwarze Bart bauschte sich etwas, als der Mann das Kinn gegen die Brust preßte. Elena wußte später keine Erklärung dafür, sie konnte es auch nicht beschreiben, sie sagte immer nur: »Als ich ihn so sah, traf es mich wie ein Blitz. Er blickte mich an, und ich war nicht mehr ich selbst.«
    »O Gott!« sagte Wanda Lubkenski und machte einen tiefen Knicks. Aus den Augenwinkeln sah Leo Kochlowsky diese Geste und verzichtete darauf, auch diese Frau anzuschreien. Mit der rechten Hand streichelte er seinen Bart.
    »Was ist hier los?« fragte Elena noch einmal.
    »Nichts, Frau Baronin …«, stotterte Wanda. »Wirklich nichts.«
    »Wegen eines Nichts wird so gebrüllt?«
    »Er kann nicht anders, Frau Baronin …«
    Leo Kochlowsky kniff die Augen zusammen. Es kostete ihn eine ungeheure Überwindung, Wanda nicht wieder mit unflätigen Titeln zu belegen. Er machte eine kleine Verbeugung und sagte mit mühsam unterdrückter Stimme:
    »Leo Kochlowsky. Verwalter von Gut III.«
    »Sie haben hier keinen Ochsen vor sich, den Sie anschreien müssen«, sagte Elena hochmütig.
    »Aber eine dämliche Kuh«, platzte Kochlowsky nun doch heraus und deutete auf Wanda.
    »Frau Baronin«, stotterte die Köchin und stützte sich auf ihr Fleischerbeil.
    Elena schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. »Sie sind ein Flegel, Kochlowsky!«
    Es war bestimmt das erste Mal, daß jemand so etwas zu Leo sagte, und dann
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