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Knight 07 - Im Bann der Sehnsucht

Knight 07 - Im Bann der Sehnsucht

Titel: Knight 07 - Im Bann der Sehnsucht
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gif- tige Schlangen, blutsaugende Fledermäuse – und Papa hielt London für gefährlich. Geduld, sagte sie sich und bemühte sich nach Kräften, ihre Sehnsucht nach der Zivilisation unter Kont- rolle zu halten. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern. Ob es Papa nun gefiel oder nicht, bald würden Sie nach England zu- rückkehren.
    Sie richtete den Blick auf das Arbeitszelt ihres Vaters und setzte eine entschlossene Miene auf. Dann nickte sie sich selbst kurz zu. Ja. Die Spannung wurde unerträglich. Sie musste Papas Entscheidung hören – jetzt. Sie riss die Seiten aus ihrem Ma- gazin heraus, die nicht mehr zu retten waren, und legte sie als Brennmaterial für das Küchenfeuer beiseite, dann verließ sie ihr im Stil der Gegend errichtetes Heim, das palafito genannt wur- de, und fasste das Hauptzelt der Wissenschaftler ins Auge.
    Um den freien Platz herum brannten Kerzen, die die Tiere fernhalten sollten, doch gegen die Moskitos gab es kaum Hilfe. Sie schlug eins der Insekten weg, als sie die Feuerstelle in der Mitte des Lagers passierte, wo sie freundlich ihre drei schwarzen Diener grüßte. Nun, da die Hitze des Tages vorüber war, kochten die Dienstboten, die in helle tropische Gewänder aus fließenden Stoffen gekleidet waren, sich selbst etwas zu essen.
    Eden wechselte ein paar heitere Bemerkungen mit ihnen und ging weiter. Bei jedem Schritt schwangen die Röcke ihres Baum- wollkleids um ihre Beine, und die schweren Stiefel sanken in den weichen Boden ein. Edens Blick drückte Selbstvertrauen aus, doch tatsächlich klopfte ihr Herz wie rasend, als sie auf das Urteil wartete.
    Vor ihr in dem dreiseitigen Militärzelt beugten Dr. Victor Farraday und sein stämmiger australischer Assistent Connor O'Keefe die Köpfe über eine verwitterte Karte, über die sie gera- de diskutierten. Der Tisch war bedeckt mit den neuesten Pflan- zenexemplaren, die sie auf ihrer Wanderung gesammelt hatten. Ein Schamane der Waroas hatte die Naturforscher dorthin ge- führt, wo die Heilkräuter wuchsen. Doch jetzt waren die neuen Funde erst einmal vergessen. Im matten orangefarbenen Schein der Laterne wirkten ihre Gesichter ernst und angespannt.
    Das war kein Wunder. Der Kurier hatte heute nicht nur Edens kostbares Magazin mitgebracht, sondern auch die Post und ein paar Vorräte an der spanischen Flotte vorbeigeschmuggelt, die

vor der Küste patrouillierte.
    Es war auch ein Brief dabei gewesen, der offensichtlich ver- altet war und von dem Anwalt des adligen Mäzens ihres Vaters stammte. In dem Brief wurde mitgeteilt, dass der alte, wohltäti- ge vierte Earl of Pembrooke bedauerlicherweise vor einigen Mo- naten zu seinem himmlischen Schöpfer abberufen worden war.
    Der Erbe Seiner Lordschaft, der fünfte Earl, war jung, kühn und, wie es hieß, recht gut aussehend, und wenn es stimmte, was die Gesellschaftsspalte der La Belle Assemblée berichtete, au- ßerdem ein berüchtigter Spieler und so etwas wie ein Schürzen- jäger. Der neue Lord Pembrooke baute sich gerade ein hübsches neues Landhaus, und was ihn betraf, konnten all die Künstler, Gelehrten, Musiker und Bildhauer, die sein Großvater so lange unterstützt hatte, dahin gehen, wo der Pfeffer wuchs. Jedenfalls hatte er seinen Anwalt angewiesen, das zu schreiben.
    Kurzum, der angesehene Dr. Farraday hatte die Unterstüt- zungsgelder für seine Forschung verloren, und als Eden das hör- te, hätte sie beinahe laut aufgejauchzt.
    Doch sie hatte sich auf die Zunge gebissen und ihre Freude unterdrückt, denn Papa war erbleicht, als er diese Neuigkeit vernahm. Wie jedes Genie lebte er nur für seine Arbeit.
    Dabei ist es nicht so, dass wir hungern müssten, wenn wir nach England zurückkehren, oh nein, dachte sie mit jenem Sinn fürs Praktische, der ein so gelungenes Gleichgewicht zu ihrer verträumten Seite bildete.
    Als studierter Arzt und inzwischen angesehener Autor hatte Dr. Farraday immer noch das Angebot, für einen hochangesehe- nen Lehrstuhl am Royal College of Medicine in London. Wenn er dieses Angebot annahm, was er zweifellos tun musste, dann würde es nicht lange dauern, bis sie mit Cousine Amelia zwi- schen den anderen elegantes durch den Hyde Park promenier- te, sodass die jungen Herren ihre modischen Phaetons anhalten mussten, um ihnen nachsehen zu können.
    Bald vielleicht würde sie wirklich ein ganz normales Leben führen können.
    Eden verschränkte die Hände hinter dem Rücken und räus- perte sich höflich, um die Aufmerksamkeit der Herren auf sich zu
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