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Klar Schiff zum Gefecht

Klar Schiff zum Gefecht

Titel: Klar Schiff zum Gefecht
Autoren: Alexander Kent
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im Durchgang vor der Tür hörte. Er erkannte Graves' Stimme, höflich und zurückhaltend, dann sprach jemand anderer, zuerst ruhig, dann ärgerlich losbrechend. »Nun, wie in drei Teufels Namen sollte ich das wissen? Sie hätten signalisieren können, Sie verdammter Narr!«
    Einen Augenblick lang herrschte Stille, dann klopfte es abermals an. Der Erste Leutnant trat ein. Er sah ganz anders aus, als Bolitho erwartet hatte. Colquhoun hatte gesagt, er sei zu jung, um das Kommando zu übernehmen. Doch dieser Mann war etwa zwei Jahre älter als Bolitho. Groß, breitschultrig, mit tief gebräuntem Gesicht stand er vor ihm. Sein dichtes, kastanienbraunes Haar wischte zwischen den Decksbalken über die Kajütsdecke, so daß er den niedrigen Raum ganz auszufüllen schien.
    Bolitho blickte ruhig zu ihm auf. »Mr. Tyrell?«
    Der Leutnant nickte kurz. »Sir!« Er holte tief Luft. »Ich muß mich für mein spätes An-Bord-Kommen entschuldigen. Ich war auf dem Flaggschiff.«
    Bolitho senkte seine Augen. Tyrell sprach etwas gedehnt, ein sicheres Zeichen, daß der Mann in den amerikanischen Kolonien geboren und aufgewachsen war. Er wirkte wie ein nur halb gezähmtes Tier, und sein rasches Atmen verriet den Ärger, der immer noch in ihm brodelte.
    »Unser Einsatzbefehl wurde soeben überbracht«, sagte Bolitho leichthin.
    Tyrell schien nicht zu hören. »Ich war in persönlichen Angelegenheiten von Bord, Sir. Ich hatte keine Zeit, es anders einzurichten.«
    »Ah, ja!«
    Bolitho wartete und beobachtete den Mann, der unruhig zu den Heckfenstern hinstarrte. Er hatte eine sonderbare Art zu stehen. Ein Arm hing an seiner Seite herunter, der andere war auf den Degengriff gestützt. Er sah ganz entspannt aus, doch aufmerksam wie jemand, der auf einen Angriff gefaßt war.
    »Es wäre mir lieber gewesen, wenn ich bei meinem Kommandoantritt den Ersten Offizier an Bord angetroffen hätte.«
    »Ich habe Käptn Ransomes sterbliche Überreste an Land bringen lassen, damit sie mit seinem Besitz nach Hause befördert werden. Da Sie, Sir, den Befehl noch nicht übernommen hatten, fühlte ich mich frei zu handeln, wie ich es für richtig hielt.« Er schaute Bolitho ruhig an. »Ich war an Bord des Flaggschiffs, um mich, wenn möglich, auf ein anderes Schiff versetzen zu lassen. Es wurde abgelehnt.«
    »Sie glaubten, daß Ihre Fähigkeiten unter anderem Kommando passender eingesetzt werden könnten, war das der Grund?«
    Auf Tyrells Gesicht erschien ein zurückhaltendes Lächeln. Es veränderte ihn im Augenblick von einem ärgerlichen Mann in einen Menschen mit auffallendem Charme und der angeborenen Unbekümmertheit eines Kämpfers.
    »Es tut mir wirklich leid, Sir. Nein, das war es nicht. Sie wissen zweifellos, daß ich das bin, was der verstorbene Käptn Ransome als einheimischen Kolonisten zu bezeichnen pflegte.« Bitter fügte er hinzu: »Obwohl es schien, daß wir, als ich vor einem Jahr an Bord kam, alle auf der gleichen Seite gegen die Rebellen standen.«
    Bolitho horchte auf. Es war eigenartig, daß er sich niemals um die Gefühle von Leuten wie Tyrell gekümmert hatte, um die Einstellung guter amerikanischer Familien, die loyal zur britischen Krone sich als erste gegen die plötzliche Erhebung im eigenen Lande gestellt hatten. Als sich aber der Krieg ausweitete und die Briten hart um die Herrschaft, ja schließlich um ihre Existenz kämpfen mußten, waren die loyalen Amerikaner, wie Tyrell, plötzlich die Außenseiter geworden.
    »Wo sind Sie zu Hause?« fragte er ruhig.
    »Virginia, in der Grafschaft Gloucester. Mein Vater kam von England herüber, um einen Küstenschiffahrtshandel zu gründen.
    Als der Krieg begann, war ich Käptn auf einem seiner Schoner. Seitdem stehe ich im Dienst des Königs.«
    »Und was ist mit Ihrer Familie?«
    Tyrell blickte weg. »Weiß Gott, ich habe nichts mehr von ihnen gehört.«
    »Wollten Sie sich auf ein Schiff versetzen lassen, das näher Ihrer Heimat stationiert i st? Um zu jenen Leuten zurückzukehren, die Sie jetzt als Ihre Landsleute betrachten?« Bolitho gab sich keine Mühe, die Schärfe in seinem Ton zu verbergen.
    »Nein, Sir! Das ist's nicht.« Er hob einen Arm und ließ ihn wieder sinken. Seine Stimme wurde böse. »Ich bin Offizier des Königs, gleichgültig, was Ransome auch glauben mochte – der verfluchte Kerl.«
    Bolitho stand auf. »Ich möchte nicht, daß Sie so von Ihrem letzten Kapitän reden!«
    Eigensinnig antwortete Tyrell: »Käptn Ransome ist in seinem Sarg im Laderaum eines
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