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Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Titel: Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Autoren: Evelyn Boyd
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seine Stimme hörte.
    »Willst du etwa abreisen, meine Schöne?« Kjells Cousin lehnte lässig im Türrahmen. Ich drehte mich zu ihm um. Auf seinen silberblonden Haaren lag ein feuchter Schimmer.
    »Ich wüsste nicht, was dich das angeht.« Ich versuchte meiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben und mir möglichst gelassen meine Reisetasche zu schnappen. Seine eisblauen Augen beobachteten jede meiner Bewegungen aufmerksam. Ich kam mir vor wie eine hilflose Maus, die von einer hungrigen Schlange fixiert wird.
    »Wie bist du überhaupt hier hereingekommen?«, fragte ich so kühl wie möglich. »Ich kann mich nicht erinnern, dich hereingelassen zu haben.«
    »Die Haustür war nicht abgeschlossen und ich habe mir große Sorgen um meinen lieben Cousin gemacht. Da wollte ich mal nachsehen wie es ihm geht.«
    »Sorgen?«, echote ich. Ich glaubte diesem Typen kein Wort.
    »Ja, unsere Familie hält fest zusammen. Da drängt sich niemand dazwischen.« Aus seinem Mund klang dieser Satz wie eine Drohung. »Aber wie ich sehe, ist Kjell gar nicht mehr bei dir.«
    »Nein, er ist zurück nach …«, ich stockte kurz und suchte nach dem richtigen Wort, » … nach Hause gegangen.«
    Kjells Cousin lachte kurz auf. Selbst sein Lachen schien aus Eis zu bestehen. »Nach Hause ist gut.«
    »Er ist jedenfalls zurück zu eurem See. Du musst ihn also dort suchen und jetzt entschuldige mich bitte, ich bin in Eile.« Ich ging mit der Tasche in der Hand in Richtung Flur. Alles sträubte sich in mir, aber ich musste an ihm vorbei, wenn ich das Haus verlassen wollte. Er lehnte immer noch im Türrahmen und machte keine Anstalten mich vorbeizulassen.
    Ich blieb vor ihm stehen. »Würdest du mich bitte durch lassen, ähm …« Mir fiel auf, dass ich nicht mal seinen Namen wusste. Eigentlich spielte es auch keine Rolle mehr. »Verzeih, ich weiß deinen Namen nicht«, murmelte ich dennoch entschuldigend.
    Er wirkte äußerst belustigt. »Nun, da mein Cousin auf der Party verhindert hat, dass ich mich dir vorstelle, sollten wir dies jetzt besser nachholen. Immerhin bist du ja nun so etwas wie seine feste Freundin und gehörst quasi zur Familie, nicht wahr?« Er grinste mich an.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und so fuhr er fort: »Man nennt mich Kjell.« Mit diesen Worten ergriff er meine Hand und drückte mir mit seinen kühlen Lippen einen Kuss auf meinem Handrücken.
    Ich war einen Moment wie erstarrt. Dann entriss ich ihm meine Hand. »Soll das ein schlechter Scherz sein?«, fuhr ich in an.
    »Ich dachte, mein lieber Cousin, hätte dir alles von uns berichtet? Das ist anscheinend nicht der Fall. Man nennt uns Kjell. Uns alle!«
    Ich schüttelte unwillig den Kopf. »Ich werde dich ganz gewiss nicht Kjell nennen.«
    »Nun das steht dir frei, meine Hübsche«, lächelte er mich strahlend an. Dabei kam er näher. Sein Geruch trat jetzt wieder stärker hervor. Wie bei Kjell war es ein Duft nach Wasserlilien. Aber ich erkannte jetzt, dass diese andere dunkle Komponente, die ich bei Kjell nie zuordnen konnte, der Geruch des schwarzen Sees war. Der Geruch von Moor und Tod. Nur, dass Kjells Cousin den Geruch des Todes viel intensiver ausströmte, als Kjell es getan hatte. Ich trat automatisch einige Schritte zurück, bis ich mit dem Rücken zur Wand stand.
    Er kam mir nach und stützte seine beiden Arme rechts und links von meinem Kopf an die Wand. Dann beugte er sich zu mir hinunter.
    »Du hast doch wohl nicht etwa Angst vor mir, oder?«, fragte er mich leise.
    Ich fühlte mich gefangen und mir wurde erst jetzt bewusst, dass ich völlig allein mit ihm war. Niemand würde mir zu Hilfe eilen, falls er mir etwas antun wollte. Ich schluckte. »Natürlich nicht!«, log ich.
    »Nun, vielleicht solltest du besser Angst zu haben. Aber so ist es natürlich einfacher für mich.« Seine Stimme hatte nun einen schmeichelnden Tonfall angenommen und in meinem Kopf begann ein ganzes Orchester von Alarmglocken zu schrillen.
    »Was ist für dich einfacher?« Die Frage war meinem Mund entschlüpft, noch bevor ich mir darüber klar war, ob ich die Antwort überhaupt hören wollte.
    »Dich davon zu überzeugen, mit mir zu kommen.« Seine Stimme klang kühl und sachlich, während ich in meinem Kopf alle Möglichkeiten durchspielte, wie ich diesem Mann – nein, diesem Wassergeist – entfliehen konnte, sollte er versuchen, mich in den See zu schleifen oder ähnliches.
    Mir wollte einfach keine Fluchtmöglichkeit einfallen.
    »Mit dir zu kommen?«, wiederholte ich
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