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Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman

Titel: Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
Autoren: Lynda Hilburn
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mir näherte, sofort niedere Motive unterstellte? Zwischen Vorsicht und Paranoia lag bisweilen ein sehr schmaler Grat – über den ich gelegentlich stolperte.
    »Sie haben recht. Das traf ins Schwarze, auch wenn ich Ihre Beschreibung noch für untertrieben halte.« Ich lachte und sah sie an, wobei mir auffiel, dass ihre Augen genauso himmelblau waren wie meine. Ihr seltsames Haar hatte mich so sehr abgelenkt, dass ich alles andere bisher gar nicht beachtet hatte, wie zum Beispiel ihre vollkommenen Gesichtszüge. Der Horrortrip bei Carson musste mich heftiger aus der Bahn geworfen haben, als ich gedacht hatte.
    O Mann, Kismet, du Versagerin! Sollen Psychotherapeuten nicht aufmerksame Beobachter sein? Würdest du nicht jederzeit behaupten, eine gute Beobachtungsgabe wäre ein wichtiges Instrument für Therapeuten?
    Maxie entblößte beim Lächeln ihre perfekten Porzellanzähne. »Darf ich Ihnen einen Kaffee spendieren?«
    Fragend neigte ich den Kopf zur Seite. »Und Sie behaupten, dass Sie
kein
Interview mit mir wollen?«
    Sie hielt eine Hand wie zum Eid in die Höhe. »Ich schwöre bei einem Stapel
Dracula
-Ausgaben, dass unser Kaffeekränzchen und alles, worüber wir reden, inoffiziell ist. Also, was sagen Sie? Wir sind jetzt im siebzehnten Stock, mein Büro ist unten im zehnten, und im zwölften gibt es ein Starbucks. Ist Starbucks neutral genug?« Mit sehr unschuldiger Miene zeigte sie zum Fahrstuhl.
    Ich musste lachen. Tatsächlich gefiel mir die Aussicht auf eine harmlose Plauderei mit einer Frau, die ungefähr in meinem Alter war und derselben Spezies angehörte wie ich – egal, welche Hintergedanken oder Hoffnungen sie hegen mochte. So faszinierend es auch war, viel Zeit mit den Untoten zu verbringen, fühlte ich mich bei ihnen stets wie eine Außenseiterin, eben
anders
. Nicht dass ich wegen dieses Gefühls jemals irgendwelche Hilfe gebraucht hätte.
    Zudem blieben mir noch ein paar Stunden, ehe mein erster Klient kam, also warum nicht?
    Ich nahm meinen Mantel von einem der Wandhaken neben dem Aufzug, und wir fuhren hinunter in den zwölften Stock. Dabei wurden wir ununterbrochen von Carsons schmieriger Stimme begleitet, die etwas über »sagenhafte Titten« aus den Lautsprechern quäkte. Verglichen mit Carsons jetziger Besucherin war ich offenbar noch ganz gut davongekommen.
     
    »Ist das Zeug gut!«, schwärmte Maxie, die ihren Kaffeebecher mit beiden Händen umfing und den Duft inhalierte. Sie schloss lächelnd die Augen, als steckte sie mitten in einer religiösen Erfahrung.
    Lachend nippte ich an meinem Becher. Noch ein Kaffee-Junkie. Wenigstens hatten wir das gemein.
    Während ich wartete, dass Maxie mit ihrer euphorischen Java-Anbetung fertig wurde und die Augen wieder öffnete, blickte ich mich in dem Café um. Maxie zog einige Aufmerksamkeit auf sich, was angesichts ihres Haars, ihres Covergirl-Gesichts und ihrer Modelfigur nicht weiter verwunderlich war. Nicht zu vergessen, dass sie eine undefinierbare Energie ausstrahlte. Und obgleich ich mich neuerdings daran gewöhnte, mehr Beachtung zu finden – mit Vampiren zusammen zu sein, förderte die wilde Seite einer Frau zutage –, war es richtig angenehm, einmal nicht im Scheinwerferlicht zu stehen.
    »Also, du willst das mit dem Haar wissen, stimmt’s?«, riss Maxie mich mitten aus meinen Gedanken.
    Plötzlich hallte mir fernes Gelächter durch den Kopf, und ich nahm eine schnelle Bewegung aus dem Augenwinkel wahr. Als ich mich dorthin umdrehte, sah ich nichts. Gänsehaut zog sich einer Marathon-Mannschaft gleich über meine Arme. Ich starrte in meinen Kaffee und fragte mich, ob die heutige Mischung eine besondere Zutat enthielt oder ich schlicht eine Angstattacke hatte. Nach meinen Erfahrungen vor wenigen Monaten nahm ich nichts mehr für selbstverständlich – nicht einmal meine geistige Gesundheit. Nun, die erst recht nicht.
    Ich blickte mich nochmals um und erinnerte mich, dass ich hier in der »normalen« Welt weilte, in einem gewöhnlichen Coffeeshop. Hier lauerten mir keine paranormalen Kreaturen auf. Nichts lungerte im Schatten herum, das mich bei erstbester Gelegenheit attackieren wollte. Bei den Gästen hier handelte es sich um typische Angestellte in der Kleidung von Karrieremenschen, die sich ein bisschen überteuertes Koffein leisteten. Klar, und was war mit dem Vampir, der gerade beim Sender angerufen hatte? Er hatte sich wie ein echter Vampir
angefühlt
, noch dazu wie ein mächtiger echter. Der Gedanke, dass einer von ihnen
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