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Kishons beste Familiengeschichten.

Kishons beste Familiengeschichten.

Titel: Kishons beste Familiengeschichten.
Autoren: Ephraim Kishon
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Sprößling, dein Stammhalter.« Ich liebte Rafi von der ersten Sekunde an, ich liebte ihn leidenschaftlich. Und trotzdem – ich weiß nicht recht, wie ich mich ausdrücken soll –: er sah eigentlich mehr einem alten Börsenmakler ähnlich als irgend jemandem sonst: glatzköpfig, zahnlos, mit tiefen Ringen unter den Augen und mit geröteter Haut… Gewiß, er war ein herziger kleiner Makler, das ließ sich nicht leugnen. Aber die Enttäuschung, daß er bei meinem Anblick nicht sofort »Papi, Papi!« gerufen hatte, nagte an mir.
    Jetzt öffnete er den Mund und gähnte sich eins.
    »Habt ihr seinen Gaumen gesehen?« stieß Tante Ilka hervor. »Onkel Emil, wie er leibt und lebt!«
    Wahrlich, die Natur wirkt Wunder. Oder ist es nicht wunderbar, daß ein so winziges Wesen alle physischen und geistigen Eigenheiten seiner Vorfahren in sich vereinigt? Tief bewegt umstanden wir unseren Nachkommen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte eine Schwester und schickte sich an, den Buffetwagen wegzuschieben.
    »Wo ist Frau Kishon?« fragte ich.
    »Was für eine Frau Kishon?«
    »Die Mutter. Ist das nicht der Sohn von Frau Kishon?«
    »Das Baby hier? Das gehört Frau Sharabi. Außerdem ist es ein Mädchen…«
    Und sie schob den häßlichen kleinen Wechselbalg mit sich fort.
    Es ist höchste Zeit, daß etwas gegen die anarchischen Zustände in unseren Spitälern unternommen wird.

Latifa und die Schwarze Magie
     
     
     
    Sollte der Leser glauben, daß wir es mit keinen weiteren Haushaltsproblemen zu tun bekommen hätten, so wäre er im Irrtum. Besonders seit der Ankunft unseres prächtigen kleinen Rafi nehmen die Probleme kein Ende. Eine schier unübersehbare Reihe von Sarahs, Mirjams und Leas ist seither an uns vorübergezogen, denn Rafi erwies sich als ein ungemein begabter Hausmädchen-Entferner. Kaum tritt eine neue weibliche Hilfskraft über die Schwelle unseres Hauses, beginnt Rafi, von irgendwelchen atavistischen Instinkten befeuert, seinen schrillen, langanhaltenden Kriegsgesang, der das aufzunehmende Mädchen unfehlbar zu folgender Bemerkung veranlaßt:
    »Ich wußte nicht, daß Sie so weit vom Stadtzentrum wohnen. Leider – «
    Und eine Sekunde später ist sie spurlos verschwunden.
    Aber die Vorsehung ließ uns nicht im Stich. Ein sonniger, gnadenreicher Tag bescherte uns Latifa, die eine Empfehlung von ihrer Schwester Etroga mitbrachte. Etroga hatte vor drei oder vier Jahren in unserem Haushalt gearbeitet. Jetzt schickte sie uns zur Rache ihre Schwester. Aus irgendwelchen Gründen ließ Rafi die gewohnte proletarische Wachsamkeit vermissen: Während wir mit Latifa verhandelten – und das dauerte länger als eine halbe Stunde –, kam kein Laut über seine Lippen. Zu unserer grenzenlosen Freude nahm Latifa den Posten an.
    Latifa war ein breitgesichtiges, kuhartiges Geschöpf. Ihr arabischer Dialekt bildete ein reizvolles Gegenstück zum fließenden Österreichisch meiner Schwiegermutter. Bald aber mußten wir entdecken, daß mit Latifa auch die schwarze Magie in unser Heim eingezogen war. Zunächst jedoch erfreute sich Latifa allgemeiner Beliebtheit, obwohl sie eine eher langsame Wesensart an den Tag legte und mit jeder ihrer schläfrigen Bewegungen deutlich bekundete, daß sie viel lieber in der Sonne oder im Kino gesessen wäre, statt sich mit Windeln und ähnlichem Zeug abzugeben.
    Der erste schwerere Zusammenstoß mit Latifa entstand wegen des venezianischen Spiegels. Wir waren gerade dabei, einige innenarchitektonische Veränderungen in unserer Wohnung vorzunehmen. Während wir die Möbel prüfend hin und her schoben, ließ meine Gattin an Latifa den Auftrag ergehen, den erwähnten Spiegel in die Zimmerecke zu hängen. (Mein Schwiegervater hatte das unförmige Ding in Wien gekauft, auf Grund der schwindelhaften Versicherung des Händlers, daß man in Israel für diesen Wertgegenstand eine ganze Schafherde im Tausch bekäme.)
    »Den Spiegel in die Ecke?« stöhnte Latifa. »Hat man je gehört, daß jemand freiwillig einen Spiegel in die Zimmerecke hängt? Jedes Kind kann Ihnen sagen, daß ein Spiegel in der Ecke entsetzliches Unglück über das ganze Haus bringt!« Und mit ungewohnter Lebhaftigkeit erzählte sie uns von einer ihrer Nachbarinnen, die allen Warnungen zum Trotz einen Spiegel in die Zimmerecke gehängt hatte. Was geschah? Eine Woche später gewann ihr Mann zehntausend Pfund in der Lotterie, erlitt vor Freude einen Schlaganfall und starb.
    Wir waren tief betroffen. Und da wir uns keinem solchen Unheil
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