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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition)
Autoren: Bernard Minier
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schwört, dass sie ihn bis in alle Ewigkeit lieben wird, und ihm am nächsten Tag sagt, dass sie einen anderen liebt? Was ist das für eine Frau, die im Bett so schön, so wunderbar ist und anschließend so gemein und hässlich? Welche Frau spielt so mit den anderen? Und da hab ich mir gesagt: Die gleiche Sorte Frau, die Kinder aus Feigheit dem Tod ausliefert … Sie war schön, jung, sorglos, und sie dachte nur an sich. Nur sie zählte, das wurde mir plötzlich klar. All diese Gewissensbisse, die sie plagten, diese Schuldgefühle, das war nur leeres Gerede. Genauso wie ihre Liebe. Eine Lüge … Sie erfand Geschichten. Sie belog sich selbst, so, wie sie andere belog. An diesem Abend wurde mir klar, dass Claire Diemar nichts als eitle Selbstdarstellung und Verstellung war. Dass sie für alle die, deren Weg sie kreuzte, immer ein Gift sein würde. Sie hatte nicht das Recht … Ich konnte es nicht zulassen …“
    „Da hast du sie geschlagen“, sagte Servaz. „Du hast das Seil gefunden und hast sie gefesselt, ehe du sie in die Badewanne gelegt hast. Und dann hast du den Wasserhahn aufgedreht …“
    „Ich wollte, dass sie, ehe sie stirbt, versteht, was die Kinder wegen ihr durchgemacht haben. Ich wollte, dass sie wenigstens einmal im Leben begreift, wie viel Leid sie anderen angetan hat …“
    Tief aus dem Gefängnis ertönte eine Art schallendes Gelächter. Wütend und ohnmächtig. Dann unterdrücktes Schluchzen. Dann wieder Stille. Aber im Gefängnis blieb es nie lange still.
    „Das hat sie verstanden, ganz bestimmt!“, sagte Servaz. „Dann hast du die Puppen ins Schwimmbecken geworfen und dich an den Rand gesetzt … Wozu die Puppen? Als Symbol für deine ertrunkenen Kameraden, deren Leichen an die Seeoberfläche aufgestiegen sind?“
    „Jedes Mal, wenn ich zu ihr kam, ist es mir beim Anblick dieser Puppensammlung kalt den Rücken hinuntergelaufen.“
    „Und dann?“
    Hugo hob den Kopf, sah sie an.
    „Was, und dann?“
    „Du standest unter Schock, warst wie gelähmt durch das, was du getan hattest, und der Alkohol und die Drogen haben dich zusätzlich benebelt: Wer hat an diesem Abend Claires E-Mails gelöscht und ihr Handy mitgenommen, um den Eindruck zu erwecken, dass ein anderer seine Spuren zu verwischen versucht, wer hat die CD mit der Musik von Mahler in die Stereoanlage gelegt?“
    „David.“
    Servaz schlug so heftig mit der Faust auf den Tisch, dass die vier anderen Personen, die sich im Zimmer aufhielten, zusammenzuckten. Er richtete sich auf und beugte sich über den Tisch.
    „Du lügst! David hat sich gerade umgebracht, weil er dich, seinen Bruder, seinen besten Freund, schützen wollte, und schon ziehst du sein Andenken in den Schmutz?! David hat an diesem Abend das Pub nach dir verlassen, er war auf den Videos der Überwachungskamera der Bank auf der anderen Seite des Platzes zu sehen. Er hat mich sogar niedergeschlagen, um die Aufzeichnungen zu stehlen! Aber die CD, das war er nicht. Als ich ihm davon erzählt habe, direkt bevor er sich umgebracht hat, hat er mich nur ratlos angesehen: Er wusste nicht, wovon ich sprach.“
    Hugo schwieg weiterhin. Er schien erschüttert.
    „Okay“, sagte er schließlich mit toter Stimme, einer Stimme voller Liebe, Hass, Mitleid und Selbstekel. „David hat an diesem Abend bloß das Pub verlassen. Er hat versucht, mich aufzuhalten, mich zur Vernunft zu bringen … Er wusste, was ich vorhatte … Er wollte mich davon abhalten, Claire alles zu erzählen. Ich hab ihn zum Teufel gejagt, und er ist wieder ins Pub zurück. Die Videoaufzeichnungen hat er nur deshalb gestohlen, weil er verhindern wollte, dass man über sie bis zum Kreis vordringt, und weil das die Hypothese von einem anderen Täter erhärtet hat. Als ich mit ihm telefoniert habe, hat er mir gesagt, er hätte sich an diesem Abend beinahe mit Ihnen vom Dach gestürzt und ist erst im letzten Moment davor zurückgeschreckt.“
    Ein, zwei Sekunden lang überlief es Servaz eisig.
    „Und die Zigarettenstummel, die im Wald hinter Claires Haus gefunden wurden?“, fragte er. „Ehe er starb, hat er mir gesagt, man würde seine DNA darauf finden.“
    „Er war gegen mein Verhältnis mit Claire. Er hasste sie. Oder aber er war eifersüchtig, ich weiß es nicht … Aber ich weiß, dass er uns manchmal vom Wald aus beobachtet hat und dabei eine Zigarette nach der anderen rauchte … Auch das war eine Seite von David …“
    „WER?“, hakte Servaz nach, auch wenn er immer stärker bezweifelte, eine
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