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Kim Schneyder

Kim Schneyder

Titel: Kim Schneyder
Autoren: ich hab den Prinzen verzaubert! Hilfe
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warum es im Englischen Garten keinen Verkaufsstand für Rohrstöcke gibt. Ich würde jetzt glatt das Topmodell kaufen, um Dellbert den nötigen Respekt beizubringen, gewaltfreie Erziehung hin oder her.
    Doch dann, während ich noch erwäge, ihn zu fesseln und darauf zu warten, bis wieder ein Hündchen – diesmal ein richtig großes – des Weges käme, den Lümmel mit den gleichen Farben wie sein abhandengekommenes Gummibällchen zu bemalen und ihn zum richtigen Zeitpunkt von der Bank zu schubsen, geht mir plötzlich ein Licht auf: Dieser Knabe ist selbst ein Meister der Manipulation, aber natürlich! Der versucht doch bloß, mich fertigzumachen, um endlich sein Futter zu bekommen. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen: Der findet mich gar nicht dick und alt – wie käme er auch dazu? – der hat bloß einen direkten Angriff auf mich geführt, um mich aus der Reserve zu locken.
    Der will mich weichkochen!
    Puh, nur gut, dass ich das noch rechtzeitig geschnallt habe, ich stand schon kurz vorm Ausflippen.
    Also gut, Zeit für eine clevere Gegenstrategie. Zuallererst: Tief durchatmen. Und dann lächeln, lächeln kommt immer gut.
    »Ich sehe schon, Dellbert, du bist ein schlaues Kerlchen.« Ich versuche, seinen Blick festzuhalten. »Du versuchst, mich zu ärgern, stimmt’s?«
    Dellbert schweigt einen Moment lang, dann schüttelt er den Kopf. Und scheint schon wieder nachzudenken.
    »Kaufst du mir nun Pommes?«, sagt er dann, und es klingt erneut wie eine Drohung.
    »Nö.«
    »Dann leg ich mich auf den Boden und schreie, so laut ich kann. Und ich kann laut schreien!«, stellt er klar.
    Daran habe ich auch gar keinen Zweifel, aber die Sache liegt doch so: Verhaltensforscher behaupten, das Schreien eines Jungen übe nur deshalb Druck auf die Mutter aus, weil damit mögliche Feinde herbeigerufen werden könnten. Gemeint sind damit Löwen, Panther, Hyänen und derlei Gesocks.
    Bloß, die gibt es im Englischen Garten nicht. Pech für Dellbert.
    Ich beschließe, meine Entschlossenheit mit ein bisschen Körpersprache zu unterstreichen, und bringe mein Gesicht näher an seines heran. Dann ziehe ich meine Augenbrauen Unheil verkündend zusammen und sage mit eisiger Ruhe: »Na, dann mach mal, Dellbert.«
    Tatsächlich scheine ich ihn damit zu beeindrucken, denn er wird für ein paar Sekunden still. Dann tippt er sich mit dem Zeigefinger an die Stirn und sagt: »Du hast da eine Falte. Eine ganz tiefe.«
    Mann, ist der gut!
    Ich muss tief Luft holen – das wievielte Mal eigentlich, seit ich diesen Knaben getroffen habe? – und suche verzweifelt nach einer passenden Antwort, als plötzlich mein Handy in der Handtasche läutet.
    Dem Himmel sei Dank!
    »Einen Moment, Dellbert«, sage ich und beginne hektisch in der Tasche zu kramen, als erwarte ich den wichtigsten Anruf meines Lebens. Mein Kleid klebt mir mittlerweile am Körper, und ich bete, dass es Dellberts Mutter ist.
    Als ich das kleine Ding endlich in den unergründlichen Tiefen meiner Tasche gefunden habe, sehe ich, dass es nicht Dellberts Mutter ist, und auch kein Anruf, sondern eine SMS . Von einer gewissen Nora.
    Nora? Seltsam, ich kenne gar keine Nora.
    Und als ich die Nachricht abrufe, gleich die nächste Überraschung: »Du warst gestern der Wahnsinn! Glückwunsch! Nora.«
    Spontan fühle ich mich geschmeichelt. Jeder Mensch hört gerne, dass er der Wahnsinn ist. Aber von einer Nora? Und wobei bin ich überhaupt der Wahnsinn gewesen? Ich habe gestern doch gar nichts Besonderes getan. Ich hatte einen Termin mit einem Kunden – der hat aber auch nicht Nora, sondern Erich Schönegger geheißen – und ich habe eingekauft. Sicher, bei der Wurstabteilung habe ich schon ordentlich zugeschlagen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Verkäuferin dort Nora heißt und mich wegen meines Einkaufes am nächsten Tag euphorisch per SMS beglückwünscht, erscheint mir doch eher gering.
    Während ich noch grüble, hat Dellbert anscheinend beschlossen, seinen erpresserischen Plan in die Tat umzusetzen, denn er hat sich mitten auf den Gehweg geworfen und beginnt jetzt zu schreien.
    Und wie der schreit!
    Nicht dass er vielleicht aussagekräftige Sätze wie »Ich will Pommes!« oder »Ich will ein Eis!« oder von mir aus auch »Ich hasse dich!« brüllt, nein, dem geht es einzig und allein um die Lautstärke, und das in einer Tonlage, die einem durch und durch geht.
    Spontane Wut überkommt mich, gepaart mit lähmender Hilflosigkeit. Wie soll ich denn nun darauf reagieren?
    Ah ja,
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