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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey
Autoren: Ueberreuter
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und ich arbeiteten in der Schicht von vier bis acht Uhr morgens. Wir nannten es die Nachtschicht, obwohl wir eigentlich bereits am frühen Morgen anfingen. Nur vier Stunden Arbeit, aber mit sechzehn Mücken die Stunde ohne Gewerkschaftsbeiträge und mit Krankenversicherung, sobald man die neunzigtägige Probezeit überstanden hatte, war es, als hätte man einen Vollzeitjob mit Teilzeitstunden.
    Darryl und ich arbeiteten in Ladebereich sieben und luden Pakete in Sattelschlepper für Virginia. Yul scannte in Sortierbereich zwei die Strichcodes auf den Etiketten der Pakete ein und schickte sie auf das richtige Förderband, damit sie in den richtigen Laster gelangten. Jesse dirigierte auf dem Hof die Sattelschlepper von einem Verladebereich zum anderen. Yuls Job war recht einfach, wenngleich er schnell und genau sein musste. Sonst konnte es passieren, dass eine für Baltimore bestimmte Sendung stattdessen in Boston landete. Jesses Aufgabe war ein Kinderspiel. Er hatte jede Menge Freizeiten, die er für Rauchpausen nutzte. Man sah ihn oft im Pausenraum Kaffee trinken und die Zeit totschlagen. Die Knochenjobs hatten Darryl und ich. War man außer Form, wenn man einem Verladebereich zugewiesen wurde, änderte sich das bis zum Ende der ersten Woche – andernfalls war man tot. Ich arbeitete seit fast einem Jahr dort und hatte acht Kilo abgenommen. Meine Bierwampe hatte sich in ein Sixpack verwandelt, meine Muskeln waren hart und definiert geworden. Wenn man vier Stunden täglich das tat, was wir taten, brauchte man kein Fitnessstudio.
    In jener Nacht hatten wir nur eine halbe Stunde gearbeitet. Wir traten wie üblich um vier Uhr morgens zu unserer Schicht an. Zwanzig Minuten später fiel in der gesamten Anlage der Strom aus. Im einen Moment schufteten wir uns mit dem Verladen von Kisten in die Laster den Hintern ab, im nächsten wurde alles stockfinster und still. Die Stille war der verstörendste Teil. Keine brummenden Förderbänder, quietschenden Rollen, Befehle brüllenden Leute oder Gabelstapler mit Warntönen. Tatsächlich empfand ich es als ein wenig beängstigend, wenngleich ich das nie laut zugegeben hätte. In Zeiten wie diesen konnte man nie wissen ... Das Leben an sich war beunruhigend. An jeder Ecke lauerten Terroristen oder Durchgeknallte, die ihren Arbeitsplatz in die Luft sprengen wollten.
    Aber daran lag es nicht. Später stellte sich heraus, dass ein Auto wegen des Regens von der Straße abgekommen und gegen eine Versorgungsleitung gekracht war. Unsere Wartungsleute konnten die Notstromversorgung nicht in Gang bringen, deshalb entschied die Firma, uns nach Hause zu schicken, statt uns fürs Herumstehen zu bezahlen. Trotz des Stundenverlusts hatten wir damit kein Problem. Die Leute jubelten. Es war Freitag. Besser noch, es war Zahltag. Und da GPS darauf bestand, alle Mitarbeiter durch Überweisungen zu bezahlen, wartete der Lohn bereits auf unseren Konten. Wir brauchten nur zu einem Geldautomaten zu fahren.
    Ein verlängertes Wochenende, und Bares in der Tasche. Besser wurde das Leben nicht. Vielen Dank, wer immer den Wagen zu Schrott gefahren und uns vorzeitigen Feierabend beschert hatte. Hoffentlich war der- oder diejenige dabei nicht umgekommen.
    Das Striplokal war Jesses Idee.
    Wir vier trafen uns auf dem Parkplatz und beratschlagten, was wir tun sollten. Das ärgste Unwetter war vorüber. Vom Himmel fiel nur noch leichter Niesel – zu wenig, um als Regen durchzugehen, aber genug, um ein Ärgernis zu sein. Ohne Strom funktionierte auch die nächtliche Sicherheitsbeleuchtung nicht. Das einzige Licht stammte von den Scheinwerfern der Autos unserer Kollegen, die an der Wachhütte vorbei und weiter auf die Straße rasten. Die meisten fuhren wahrscheinlich nach Hause oder höchstens zu Partys bei Freunden. Die Bars hatten um diese Zeit geschlossen.
    »Ein früher Start ins Wochenende«, meinte ich. »Was wollen wir unternehmen?«
    »Wir könnten im Knotty Pine aufschlagen«, schlug Yul vor. »Die haben die ganze Nacht offen.«
    »Keine Chance.« Darryl zündete sich eine Zigarette an und schirmte sie mit den Händen ab, um zu verhindern, dass sie nass wurde. »Meine Ex hängt dort rum, und ihr neuer Typ genauso. Wenn wir dort hingehen, kann ich euch garantieren, dass die beiden irgendeinen Mist anfangen und mir auf den Sack gehen werden. Um zu beweisen, wer den längeren Pimmel hat. Dafür bin ich heute Nacht nicht in der Stimmung. Wenn mir der Kerl blöd kommt, schlage ich ihm die Fresse ein. Und mir ist
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