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Kerzilein, kann Weihnacht Suende sein

Kerzilein, kann Weihnacht Suende sein

Titel: Kerzilein, kann Weihnacht Suende sein
Autoren: Juergen von der Lippe
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Zellen in Wallung gebracht. Eckis Eck, Connys Corner, Horstis Horst, Ottos Örtchen, Hottes Hütte, Carstens Kastell, Gruftis Gruft, nein, der war blöd. Der Grog kam, wurde gekostet und ließ die Speiseröhre umgehend erglühen. Der Mann war Refluxösophagetiker und wusste: Mehr als einen Säurelocker dieser Kategorie mit hochprozentigem Alkohol und Zucker, und er konnte die Nacht in der Badewanne verbringen, weil das Sodbrennen ihn sonst umgebracht hätte.
    Außer ihm und dem Wirt war nur noch ein Gast da, eine Frau, sie saß an einem der Tische und hatte ein Viertel Weißwein vor sich. Der Mann fragte den Wirt: »Kann man bei Ihnen was essen?«
    Ohne von der Zeitung aufzublicken sagte der Wirt: »Landjäger mit ’ner Scheibe Brot.«
    Der Mann zögerte, da hörte er die Frau sagen: »Ich habe eine Ente im Ofen, die braucht noch eine halbe Stunde, bis dahin könnten wir bei mir sein, den Baum schmücken und den Rotwein atmen lassen, den Sie in Ihrer Reisetasche haben.«
    »Genauso machen wir’s«, sagte der Mann, legte einen Zehner auf den Tisch und die beiden verließen das Lokal.
    Ohne ein Wort gesprochen zu haben, betraten sie wenig später eine gemütliche kleine Wohnung und liebten sich noch im Flur. Dann nahm der Mann den winzigen roten Seidenslip der Frau und hängte ihn an den Weihnachtsbaum, der schmucklos bis auf ein paar Kerzen neben dem Fernseher stand. Der Mann öffnete seine Reisetasche, entnahm ihr etwa zwei Dutzend weitere Damenslips und schmückte den Baum.
    »Wie findest du es?«, fragte er die Frau.
    »Toll«, sagte sie mit vollem Mund und ließ ihn auch von der perfekt gebratenen Entenkeule probieren.
    »Superb«, murmelte er, öffnete die Flasche Tignanello, die er aus seiner Reisetasche geholt hatte, schenkte ein, und sie prosteten sich zu. In der Küche, während die Frau die Ente vollständig tranchierte, liebten sie sich erneut, später, als die brennenden Kerzen am Baum sich in den Seidendessous spiegelten, ein weiteres Mal.
    »Wollen wir nächstes Jahr vielleicht mal ein anderes Rollenspiel ausprobieren?«, fragte die Frau irgendwann.
    »Och, ich finde dieses so toll, aber wenn du unbedingt willst, lasse ich mir was einfallen. Vielleicht: Wir kommen nach Hause, wollen poppen und dann fällt uns ein, dass wir ganz leise sein müssen, damit die Kinder nicht wach werden!«
    »Ja, das können wir machen, das wird schön. Fröhliche Weihnachten, mein Schatz, und was ich noch sagen wollte: Ich bin übrigens schwanger.«
    II. Porno Santa
    Robert, 24, wartete sehnsüchtig auf das zarte Bimmeln, das die Ankunft des Weihnachtsmannes ankündigen würde. Robert war ein wenig retardiert, geistig auf der Stufe eines Sechsjährigen, dafür kannte er jeden Film, der in den letzten 15 Jahren gedreht worden war mit Titel und komplettem Abspann, soweit es im Internet verfügbar war. Es reichte ihm ein einziges Detail aus dem jeweiligen Werk und er ratterte die Infos runter. Dieses Mal würde übrigens der Vater den Weihnachtsmann spielen, das Studentenwerk war ausgebucht. Im Sack wartete als Geschenk eine kleine kompakte virtuelle Surround-Anlage für den Computer, die das Kinderzimmer in ein High-Tech-Kino verwandeln würde. Die Tür ging auf, Vater erschien im Weihnachtsmann-Kostüm, den Sack auf dem Rücken, in der Linken das Goldene Buch mit Roberts Verfehlungen, soweit man davon sprechen konnte. Robert guckte angestrengt, zwei steile Grübelfalten zerfurchten die verpickelte Stirn des Autisten. Dann begann er zu strahlen, was sein altes Kindergesicht fast schön wirken ließ und legte los: »Rudolf, das Rentier mit dem roten Dödel, deutscher Pornofilm aus dem Jahre 1991, Handlung: Der Weihnachtsmann beglückt ein ganzes Mädcheninternat samt Kollegium unter Mithilfe seines Rentiergespanns. Regie: Lars Larsen, Kamera: Albert Zweistein, Darsteller: …« Dann fiel Vaters Name und Mutter in eine barmherzige Ohnmacht.
    III. Das Problem
    Die Aufnahmeprüfung für Weihnachtsmänner ist traditionell rein schriftlich. Nur so ist zu erklären, dass Eberhard von Wangen, alter deutscher verarmter Adel, sie bestand. Denn normalerweise hätte man ihm eine Anstellung, selbst eine auf Probe, verweigern müssen. Es war ein bisschen so, als wenn ein Legastheniker ein Tattoo-Studio eröffnet hätte. Und die Probleme ließen nicht lange auf sich warten. Eberhard lenkte den Rentierschlitten geschickt auf den Behindertenparkplatz und sprang vom Bock, direkt vor die Politesse.
    »Ich hoffe für Sie, dass Sie eine
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