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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche
Autoren: Granger Ann
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Halsband in die Küche geschoben und die Tür vor seiner Nase geschlossen. Er nahm die rücksichtslose Behandlung übel auf und war deutlich hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, angestrengt dem Treiben im Flur zu lauschen, aus dem er verbannt worden war, und dem dazu in Konflikt stehenden Bedürfnis, ein höllisches Kläffen anzustimmen. Draußen murmelten Männerstimmen, dann herrschte Stille. Oscar legte den Kopf zur Seite.
    »Wuff?«, fragte er probehalber. Doch die Beute war verschwunden. Margaret Holden ließ ihn wieder in den Flur. Er schoss hinaus wie eine Rakete und gab eine Reihe herausfordernder Beller von sich, und sei es nur deshalb, weil er das letzte Wort haben musste. Dann tappte er davon, um zu sehen, ob sich nicht irgendwo im Haus ein weiteres Erfolg versprechendes Wild aufscheuchen ließ. Margaret blickte Meredith fragend an. Mrs. Holdens Augenbrauen waren blassblond, wie ihr Haar, und ließen die tief liegenden blaugrauen Augen merkwürdig nackt erscheinen. Meredith überlegte, warum sie keine Wimperntusche benutzte oder sich die Wimpern färben ließ, wie es heutzutage modern war.
    »Ist etwas passiert? James wirkte recht beunruhigt. Es hat doch wohl keinen Unfall gegeben, hoffe ich?« Während sie redete, stellte sie ihre Lederhandtasche auf den Tisch neben Oscars Hundeleine. Irgendetwas an ihrer sorgfältigen Aussprache verriet Meredith, dass Englisch nicht Margaret Holdens Muttersprache war.
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete Meredith.
    »Ich bin auch eben erst gekommen, und Pater Holland hat fast die ganze Zeit über telefoniert. Warten Sie, ich hole Ihnen eine Tasse.« Margaret zog ihre Handschuhe aus, glättete jeden einzeln und legte sie fein säuberlich über ihrer Handtasche übereinander. Sie schien nachzudenken.
    »Ich frage mich, ob er länger wegbleiben wird. Sie wissen nicht rein zufällig, ob das Gresham-Begräbnis nur im engsten Familienkreis stattfindet?«
    »Gresham?« Meredith kam mit einer frischen Tasse zurück.
    »Tut mir Leid, aber ich fürchte, darüber weiß ich nichts.« Oscar erschien in der Küche, tappte zur Wasserschüssel, die der Pfarrer für ihn hingestellt hatte, verspritzte überall auf dem Boden Wasser und verschwand wieder. Dann war Trappeln auf der Treppe zu hören.
    »Verflixt, jetzt ist er nach oben gerannt«, murmelte seine Besitzerin.
    »Nun ja, wahrscheinlich kommt er alleine wieder runter. Natürlich, Sie können Mrs. Gresham nicht kennen. Dazu leben Sie noch nicht lange genug hier. Sie starb vor kurzem. Ihre Familie ist alteingesessen und betätigt sich in der lokalen Politik. Als ich hierher gezogen bin, war Mrs. Gresham selbst Gemeinderätin und Mitglied des Bezirksrats. Sie hat Lars’ Karriere aufmerksam verfolgt. Ich besuchte sie kurz vor ihrem Tod, und bei dieser Gelegenheit gab sie mir dies hier.« Margaret berührte die hässliche Brosche mit der Raubvogelklaue.
    »Sie war eine sehr aufgeschlossene Frau.« Das erklärte, warum Mrs. Holden ein Schmuckstück im edwardianischen Stil trug, das so überhaupt nicht mehr in die heutige, naturbewusste Zeit passte.
    »Ich habe mich sehr gefreut, dass sie an mich gedacht hat, und ich würde gerne an ihrem Begräbnis teilnehmen, falls es nicht rein familiär ist, wissen Sie?«, fuhr Margaret fort. Trotz des Informationsflusses schien sie mit den Gedanken woanders. Ein schwaches Stirnrunzeln stand auf ihrem Gesicht, und die Worte kamen rasch und abgehackt. Dann verschwand das Stirnrunzeln wieder. Etwas lebhafter fuhr sie fort:
    »Ich wollte Sie anrufen, wissen Sie, und Sie und Alan für nächsten Samstag zum Essen einladen. Es ist vielleicht ein wenig kurzfristig. Ich bitte dafür um Entschuldigung. Aber mein Sohn wird da sein, und wann immer ich Lars mit einbeziehen möchte, muss ich seinen engen Terminkalender berücksichtigen. Jedes Mal tauchen im letzten Augenblick Probleme auf, die ihn in London festhalten.« Ein Schatten überflog ihr Gesicht. Für einen kurzen Augenblick sah sie älter aus. Doch wie schon zuvor hatte sie sich auch diesmal rasch wieder im Griff und fuhr auf ihre forsche Art fort:
    »Allerdings hat er versprochen, dass er am Wochenende kommt. Ich wollte James Holland ebenfalls einladen. Ich glaube, Sie haben meinen Sohn noch nicht kennen gelernt?« Es war Frage und Feststellung zugleich. Hätte Meredith Lars Holden gekannt, würde seine Mutter davon gewusst haben. Hätten sie sich kennen gelernt, ohne dass sie etwas davon wusste, dann würde Margaret den Grund dafür erfahren
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