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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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schluchze noch mal. »Ist alles gut. Mama ist gleich wieder in Ordnung. Ich musste nur mal eben Dampf ablassen.«
    »Ich habe eine Idee«, sagt Ralf. »Morgen machst du dir einen ganzen Tag nur für dich.«
    »Echt jetzt?« Ich sehe ihn durch meinen Tränenschleier verwundert an.
    »Klar. Einen Tag für Mama! Da kannst du machen, was du willst. Lass dich massieren, geh schwimmen, lies – ganz egal. Wir lassen dich in Ruhe.«
    »Das wäre … fantastisch«, hauche ich.
    »Ja. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Jetzt bin ich aber mal gespannt.« Ich wappne mich gegen irgendeine unmögliche Forderung wie Dann kümmerst du dich den Rest des Urlaubs um die Kinder, während ich einen Segeltörn mache . Aber Ralf sagt: »Du machst mir keine Vorschriften, was ich mit den Kindern machen darf und was nicht.«
    »Was hast du denn mit ihnen vor?«, frage ich alarmiert.
    »Das ist egal. An diesem Tag ist es nicht deine Sache, ob die Kinder nur Limo trinken oder nur Pommes essen oder pädagogisch zweifelhafte Spiele spielen. Wenn du es einmal schaffst, dich rauszuhalten, dann hast du den ganzen Tag frei.«
    »Mache ich das denn sonst immer?«, frage ich erstaunt. Er nickt. Und auch Moritz und Fiona nicken. Und Nico natürlich auch.
    »Abgemacht«, sage ich. »Ich halte mich aus allem raus.«
    Als ich aufwache, kann ich es nicht fassen. Das Appartement ist ruhig. Ralf ist mit den Kindern früh aufgestanden, und sie sind weg. Und ich habe frei. Richtig frei! Niemand, der mir am Hosenbein zerrt, niemand, der im Abstand von fünf Sekunden nach mir ruft, niemand, dem ich etwas zu trinken, zu essen, zu spielen geben soll. Niemand, den ich erziehen muss! Jippieh! Ein ungeahntes Glücksgefühl überschwemmt mich. Ich könnte Zeitung lesen, Kaffee trinken, bummeln, shoppen, spazieren oder sonst was. Mein Gott. So eine Fülle an Möglichkeiten. Mir wird schwindelig. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Also gut, der Reihe nach. Als Erstes mache ich mir einen Termin für eine Lomi-Lomi-Massage am Nachmittag, danach trinke ich einen Kaffee in einem Straßencafé und gucke einfach nur die Leute an. Dann mache ich einen Spaziergang und vielleicht ein bisschen Gymnastik. So kann ich die Massage noch besser genießen. Das wird fantastisch! Ich kämme mich und lege sogar ein wenig Make-up auf, dann schlendere ich gut gelaunt zur Rezeption des Wellness-Centers. »Tut mir leid«, sagt die freundliche Dame. »Wir haben heute leider keine Termine mehr frei.«
    »Wie bitte? Gar nichts mehr? Und morgen?«
    »Nein.« Sie studiert den Computermonitor. »Die nächsten zehn Tage sind komplett ausgebucht. Ich kann Sie nur auf die Warteliste setzen, falls jemand absagt.«
    Ich will schon gehen, da habe ich eine Eingebung. »Warten Sie. Mein Mann sagte, er hätte schon für mich Termine gemacht. Gucken Sie bitte nach. Ich heiße Yvonne Hirsch.« Sie wirft mir einen prüfenden Blick zu, und ich laufe ein bisschen rot an. Aber sie wendet sich wieder ihrem Computer zu und sagt: »Ja, Frau Hirsch. Sie haben heute um fünfzehn Uhr Massage und Gesichtsbehandlung.«
    Mit Tunnelblick laufe ich aus dem Wellness-Center. Ist das zu fassen? Wieso hat sie all das, was ich nicht habe? Warum ? Ich hätte das ja wohl auch verdient, bei allem, was ich leiste. Phhhhh … ja, so ist es gut. Atme tief aus und wieder ein. Da ist eben eine Frau, die mehr Glück hat als du. Akzeptier es. Es ist egal. Es hat keinerlei Einfluss auf dein Leben. Dir geht es nicht schlechter, weil es ihr besser geht. Aber warum um alles in der Welt fühlt es sich dann so an ? Ohne dass ich es irgendwie beeinflussen könnte, gehe ich in Richtung Strand und setze mich auf eine Bank. Ich versuche gar nicht, mir einzureden, dass es Zufall sei, dass ich von hier aus die Hinterseite von Appartement Nummer zehn beobachten kann. Ich diagnostiziere bei mir selbst geistige Umnachtung allererster Güte. Ich sollte mich einweisen lassen. Da habe ich den ersten freien Tag seit Erfindung der Mutterschaft und verplempere ihn mit irgendwelchen Schwachsinnsaktionen. Wobei ich noch nicht mal weiß, was ich eigentlich machen will. Ich weiß nur eines: Diese Frau, diese Mutter Perfekt, hat vermutlich den einzigen Nerv bei mir getroffen, der noch intakt ist. Ich bin stinkwütend auf sie! Jetzt bringt sie mich auch noch dazu, ihr hinterherzuspionieren. Na gut. Ich sitze hier fünf Minuten, bis ich mich beruhigt habe, dann haue ich ab und mache mir einen schönen Tag. Ehepaar Hirsch frühstückt gerade auf der

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