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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen
Autoren: Polina Daschkowa
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Miliz an.«
    »Wie lange ist sie jetzt weggetreten?« fragte der Mann und trat aufs Gaspedal. »Reicht das, bis wir da sind? Wacht sie auch
     nicht zu früh auf?«
    »Wenn doch, kriegt sie Nachschlag«, beruhigte ihn die Frau.

Dreißigstes Kapitel
    »Sie wollten ihn also heiraten, Vera?« Katz schüttelte den Kopf. »Na schön, kein weiterer Kommentar. Anton, sag ehrlich, wohnst
     du im Moment deshalb nicht zu Hause, weil du dich vor der Miliz versteckst? Oder hast du ein Problem mit der Steuer?«
    »Nein. Ich verstecke mich nicht vor der Miliz. Unsere Firma wurde von Banditen bedrängt. Na ja, auch von der Steuerfahndung.
     Übrigens habe ich den Eindruck, daß sie eng zusammenarbeiten. Irgendwie müssen wir jemandem in die Quere gekommen sein. Bei
     uns war nichts kriminell. Ein paar kleine Sünden haben wir natürlich begangen, aber nur das Übliche. Ohne das geht’s im Geschäftsleben
     nun mal nicht. Klar, wenn man will, kann man daraus was Kriminelles konstruieren. Und man will, ich weiß bloß nicht, wer eigentlich.
     Wieso?«
    »Weil ich jetzt in der Petrowka anrufen muß.«
    »Darf ich vorher kurz zu Hause anrufen?« fragte Vera. »Das Kind ist allein zu Hause.«
    »Ihr Kind? Wie alt?«
    »Zehn.« Vera nahm der Telefon vom Couchtisch. »Die Tochter meiner besten Freundin, sie wohnt im Moment bei mir, ihre Eltern
     sind verreist«, erklärte sie, während sie dem Tuten im Telefon lauschte.
    »Vielleicht ist Sonja mit dem Hund runtergegangen?« mutmaßte Anton, der bemerkte, daß Vera immer blasser wurde.
    »Vielleicht.« Sie legte auf.
    Bevor der alte Anwalt einen befreundeten Milizgeneral in der Petrowka anrief, schrieb er sich Veras Adresse auf.
     
    Für den Heimweg brauchten sie eine halbe Stunde.
    »Erst mal abwarten«, redete Anton unterwegs auf Vera ein, »nicht gleich nervös werden. Katz hat inzwischen schon den General
     angerufen, nach diesem Skwosnjak sucht fast die gesamte Petrowka.«
    Vera schwieg. Sie haßte sich dafür, daß sie heute früh nicht auf den simplen Gedanken gekommen war, Sonja mitzunehmen. Klar,
     man kreuzte bei einem fremden Menschen nicht einfach mit einem Kind auf. Klar, es war sehr früh gewesen und Sonja hatte noch
     geschlafen, außerdem hatte die Lage vor dem Gespräch mit dem Anwalt nicht ganz so katastrophal ausgesehen. Es gab eine Menge
     Rechtfertigungen. Aber es blieb eine Tatsache: Das Kind war allein in der Wohnung, und ein Bandit, ein Profikiller, hatte
     den Schlüssel zu dieser Wohnung. Das Leben des Kindes war das gewichtigste Argument, das er in der Hand hatte, und das wußte
     er sehr gut.
    »Vera, wir beide sollten jetzt am besten verschwinden, bis er gefaßt ist. Wir nehmen Sonja mit und den Hund und fahren nach
     Alexandrow. Dort sind meine Tante und meine Mutter.«
    »Und meine Mutter? Ich kann sie nicht anrufen, sie macht Hausbesuche. Soll ich etwa in der Poliklinik Bescheid sagen, mein
     Bräutigam Fjodor ist ein gesuchter Krimineller, bekannt als Skwosnjak, und sie solle lieber nicht nach Hause kommen, sondern
     bei einer Freundin übernachten? Nach den Hausbesuchen hat sie bis sechs Sprechstunde. Und überhaupt, vielleicht erwischen
     sie ihn gar nicht, wenn wirverschwinden. Er will Sie, na ja, und mich natürlich. Wir beide sind für ihn so eine Art Köder. Sie, weil er von Ihnen eine
     wichtige Information braucht, und ich, weil er mich als Zeugin beseitigen will. Aus demselben Grund will er vermutlich auch
     Sonja und meine Mutter. Katz hat gesagt, dieser Skwosnjak wird deshalb nie gefaßt, weil er grundsätzlich keine Zeugen hinterläßt.«
    »Mich wird er auch töten, sobald ich ihm das Fax ausgehändigt habe.«
    »Nicht unbedingt. Ohne Ihre Hilfe wird er kaum herausfinden, was das für eine Adresse ist. Er wußte ja nicht einmal, wie das
     Fax aussieht, nach dem er sucht.«
    Sie fuhren schon auf den Hof, und Vera verstummte. Ihr Herz schlug dumpf. Aus der Wohnung drang Matwejs nervöses Bellen. Der
     Hund tobte, kratzte an der Tür. Veras Hand zitterte, sie traf mit dem Schlüssel nicht ins Schlüsselloch.
    »Ganz ruhig, Vera. Machen Sie sich nicht vorzeitig verrückt. Vielleicht ist sie bloß runtergegangen, spielen«, sagte Anton,
     als sie in der leeren Wohnung standen.
    »Gehen wir runter auf den Hof, suchen.« Vera knüpfte die Leine an Matwejs Halsband. »Wenn sie spazierengegangen wäre, hätte
     sie den Hund mitgenommen.«
    Draußen zog Matwej sie nicht zum Hundeklo, wo er normalerweise sein Geschäft erledigte, sondern quer über den
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