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Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich ...: Der Jakobsweg aus Sicht eines Rheinländers (German Edition)

Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich ...: Der Jakobsweg aus Sicht eines Rheinländers (German Edition)

Titel: Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich ...: Der Jakobsweg aus Sicht eines Rheinländers (German Edition)
Autoren: Sebastian Sedlacek
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Gott sei Dank auch. Wir kommen in der örtlichen Gemeindeherberge unter, ich gehe duschen und wasche meine Wäsche; Pilgeralltag. Als ich vom Wäscheaufhängen zurück in die Herberge gehe, sehe ich denselben Rucksack wie am Mittag vor der Bar – ein Radfahrer hängt nicht dran, dafür mein amerikanischer Freund. Sachen gibt‘s, tz tz tz! So lange gehofft ihn wiederzusehen, taktiert und und und … dann steht er völlig unvermittelt und erschöpft vor mir, leicht stinkend, wie für einen guten Pilger nach einem solchen Tag in der Sonne üblich, aber vor allem glücklich, mich zu sehen. Sensationell! Wir müssen ersteinmal Neuigkeiten austauschen, wie zwei kölsche Tratschtanten auf dem Altermarkt, beim morgendlichen Einkauf. Eine wirkliche gelungene Überraschung.
    Abends essen wir gemeinsam mit Nick und Andreas. Ich probiere die lokale Spezialität „Morcilla“. Es handelt sich um Blutwurst, der noch Reis und Zwiebeln beigemischt wurden. Es schmeckt gut. Aber Blutwurst kenne ich und unser Finne weiß zu berichten, dass dies auch eine Art Nationalgericht in Finnland ist. Also eher eine länderübergreifende Mahlzeit. Dem vorzüglichen Geschmack tut es jedoch keinen Abbruch.

30.05.: Villalcázar de Sirga – Calzadilla de la Cueza (23,5km)
    Sandy und ich gehen an dem Morgen alleine los. Wir haben uns noch viel aus den vergangenen Tagen zu erzählen und brauchen erstmal Zeit für uns. Nach den ersten Kilometern wird es Zeit für das zweite Frühstück mit Napolitaner, Café con letche und einem frisch gepressten O-Saft … Nick ist schon vor Ort, zieht dann aber auch zeitnah weiter, Andreas schließt wieder auf. Ich lerne noch Martin kennen; Sandy ist er schon bekannt. Er kommt von der Insel – und erfreut sich mehr oder weniger meiner freien englischen Übersetzung des Begriffs „Inselaffen“ – „Monkey Island“. Er kann außer Englisch noch Deutsch und Französisch. Auf dem weiteren Weg nach dem Frühstück – es geht über eine schnurgerade Strecke einer alten römischen Straße, die von mir persönlich als wirklich anstrengend empfunden wird – holen wir Drei Andreas wieder ein.
    Am Ende des heutigen Tages tun mir die Füße trotz der wenigen Kilometer wirklich weh. Abwechslung in diese triste Streckenführung bringen wir mit dem Singen unserer Nationalhymnen. Ich soll anfangen. Hurra, die Gehirnwäsche der letzten 12 Schuljahrefunktioniert. Deutschland hat Vergangenheit – keine gute – es kommt mir komisch vor die Hymne vor den anderen zu singen. Vor allem als sie die verbotene Strophe hören wollen, die ich sowieso nicht kann. Zu allem Überfluss baue ich auch noch einen kleinen Patzer ein. Ich komme mir wirklich dämlich vor. Das relativiert sich, als auch Andreas in der finnischen kurz hakt und ist völlig verflogen als sogar unser amerikanischer Freund einen kleinen Bock schießt. Nur Martin singt mal eben die deutsche, die englische und die französische; fehlerlos! Zudem kann er auch noch eine weitere englische Hymne singen. Ich begreife nicht so ganz für welchen Part sie steht, aber staune vor der Leistung mal eben vier Hymnen aus dem Hut zu zaubern. Allerdings haben wir mit unserem Singsang, der nunmal auch noch von drei Nationen nicht wirklich zufriedenstellend präsentiert wurde, den Wettergott verärgert. Bei der Pause an einer Hütte zieht sich der Himmel zu – rabenschwarz – es fängt an zu gewittern.
    Wir gehen mit einigem Gelächter und Hochrechnungen über die Wahrscheinlichkeit, auf dem Weg vom Blitz erschlagen zu werden, weiter. Ich bestehe auf einen möglichst auffälligen Grabstein mit vier authentischen Fotos von uns, die ich bis zum Abschluss der Reise nicht geschossen habe. Nach 50 Metern wird uns die Wahrscheinlichkeit, nass zu werden zu groß, der Blitz ist auf einer flachen Ebene ja nie ein Problem?! Wir gehen zurück zur Hütte. Nach 15 Minuten des Wartens wagt unser Priester eine Wettervorhersage: “Das zieht am Weg vorüber, wir sollten weitergehen“. Was sagt man da? That‘s not your business? Es ist es wirklich nicht, denn wir werden einen Kilometer später vom Unwetter eingekreist und mit Regen und Hagel belohnt für unsere gesanglichen Darbietungen. Ich schleppe nach dem ca. 20 Minuten andauernden Regenguss außer meinen beiden 1,5l- Flaschen Wasser, nun auch noch eine dritte in meinen Wanderschuhen mit. So werden die Socken, die ich gemäß Ratschlag zweier vertrauenswürdiger Personen, seit dem ersten Tag nicht wasche nun doch ansatzweise gereinigt. Die
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