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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Gregor Weber
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nur.«
    Der junge Mann lächelte fein, dann setzte er eine übertrieben feierliche Miene auf.
    »Aber das ist doch großartig. Vielleicht gelingt es der Polizei nach all den Jahren doch noch, den oder die Täter zu ermitteln. Nicht wahr?«
    »Ja. Großartig. In der Tat.« Schuster goss sich neuen Tee ein, er bot seinem Gegenüber keinen an. Der junge Mann grinste breit.
    »Jetzt stellt sich natürlich die spannende Frage, ob die Kollegen vom LKA Zugang zu Dienstreiseanträgen des Verfassungsschutzes haben. Anträge von 1992. Und ob sie innerbehördliche Zusammenhänge von damals so gut interpretieren können, dass sie aus diesen Anträgen zu lesen fähig sind, ob eine Dienstfahrt nach – sagen wir mal Brüssel – stattgefunden hat oder nicht.« Er beugte sich vor. »Ich denke, dafür bräuchten sie schon einen deutlichen Hinweis und direkte Unterstützung aus unserem Haus. Was glauben Sie?«
    Schuster sah ihn an. Lachte bitter.
    »Sie haben einen Preis, denke ich. Nennen Sie ihn doch einfach.«
    Der junge Mann zeigte auf die schwarze Eisenkanne.
    »Eine Schale Tee würde ich gerne nehmen.«
    Schuster schüttelte den Kopf.
    »Ihren Preis will ich wissen, keine Höflichkeiten mehr.«
    Der junge Mann nickte.
    »Das Foto, das Ihnen Jäger gegeben hat. Ich möchte es sehen.« Er lächelte. »Als erste Rate, sozusagen.«
    Schuster zog eine Schublade auf und schob das Foto rüber. Der junge Mann nahm es.
    »Ah. Jäger. Und links daneben, das ist eindeutig Ihre Frau.«
    Schuster schaute wieder in das Unwetter.
    »Christine.«
    Schusters Kopf fuhr herum.
    »Was ist mit meiner Tochter?«
    »Wir sehen uns seit einer Weile. Hat sie Ihnen nichts davon erzählt?«
    Auf Schusters Hals zeigten sich rote Flecken. Der junge Mann betrachtete weiter das Foto.
    »Von strafrechtlichen Konsequenzen mal ganz abgesehen – wie würde Christine die Wahrheit verkraften? Was denken Sie?«
    Schuster zog laut Luft durch die zusammengepressten Zähne. Atmete zwei-, dreimal tief ein.
    »Wenn Sie meiner Tochter …«
    Der junge Mann hob die Hände.
    »Seien Sie da unbesorgt. Ich liebe Christine. Wie Sie ihre Mutter auch geliebt haben.«
    Schuster spürte Stiche in der Herzgegend. Sein Puls raste. Er war erst vor zwei Wochen beim Check-up gewesen. Es war alles in Ordnung. Er musste ruhig bleiben.
    »Was ist der Plan?«
    »Sie gehen doch bald in den Ruhestand. Ich will nicht sofort Ihren Sessel, das würde zu Unmut führen. Der eigene Schwiegersohn als Nachfolger. Aber eine strategisch günstige Position für den nächsten Wechsel … Sie wissen schon.«
    Schuster nickte.
    »Und was geben wir der Polizei?«
    »Sie hören sich erst mal an, was die sagen. Dann bleiben Sie bei der Version von damals. Dass wir hier noch Belege haben, auf die Idee kommt doch keiner, wenn man sie nicht drauf bringt. Und wir machen den Kollegen noch eine große Freude.«
    Schuster hob eine Augenbraue.
    »Die Löbkow. Wir haben Fühlung. Die können sie haben.«
    »Gut. So machen wir es.«
    Schuster streckte die Hand aus.
    »Das Foto.«
    Der junge Mann schüttelte den Kopf.
    »Ich denke, das behalte ich. Das kommt in meine private Akte.« Er zeigte auf die Unterlagen, die auf dem Schreibtisch lagen. Dann betrachtete er noch mal eingehend das Bild.
    »Christine sieht ihrer Mutter wirklich sehr ähnlich. Und ihrem Vater auch.«
    Schuster merkte, wie sich seine Kehle zuschnürte. Der junge Mann schob das Bild in den Ordner und stand auf.
    »Aber Ihnen ähnelt sie wirklich überhaupt gar nicht, Herr Schuster. Denken Sie immer daran, wenn Sie sie nicht ganz verlieren wollen.«
    Am nächsten Mittwoch gegen vier Uhr morgens stand die ehemalige Altenpflegerin Sandy Löbkow im Zimmer 312 eines billigen Hotels im Duisburger Bahnhofsviertel.
    Sie hatte eine selbstgenähte Stoffweste mit vielen Taschen umgelegt. Darin steckte C4-Sprengstoff. Auf dem kleinen Nachttisch stand ein Foto von Udo Pramm, ihrem toten Kameraden und Liebhaber. Auf dem Bett lagen ein weiter Mantel sowie zwei Tücher, beides hatte sie aus einem türkischen Kleidergeschäft. Daneben eine aus dem Internet ausgedruckte Beschreibung, wie eine Muslima ihr Kopftuch korrekt bindet. Auf dem kleinen Schreibtisch ein Stadtplan von Duisburg, auf dem die größte Moschee Deutschlands markiert war.
    Sie dachte an Udo. Und wie Gandalf ihn erschossen hatte. An den verdammten Türken, dessen Habgier an allem schuld war. Und der jetzt mal sehen würde …
    Sie war erschöpft. Aber beseelt von ihrem Entschluss. Sie war bereit. Am
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