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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses
Autoren: Unbekannter Autor
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mit meinem Freund besprochen hatte. Jedenfalls saß Botoni leichenblaß und zitternd in einem Fauteuil. Dr. Wachsmann betrachtete mich gedankenvoll.
    »Wir stehen vor einer schweren Entscheidung«, begann er. »Herr Botoni hat mich über die Sachlage unterrichtet. Ich finde 75 Pfund im Monat eher zu wenig, aber das ist schließlich Sache des Vermieters. Dessen ungeachtet muß ich Sie fragen, mein Herr, welche Garantie Sie uns geben können, daß Sie die Wohnung tatsächlich nach Ablauf einer einjährigen Mietfrist verlassen werden?«
    »Entschuldigen Sie«, entgegnete ich ein wenig pikiert. »Wir beide sind schließlich alte Freunde und Schulkameraden. Oder nicht, Botoni?«
    Botoni wollte antworten, brachte aber aus seiner offensichtlich verschnürten Kehle keinen Laut hervor. Statt dessen ergriff Dr. Wachsmann das Wort:
    »In Fragen der Wohnungsmiete gibt es keine Sentimentalitäten. Das Mieterschutzgesetz legt fest, daß Sie eine Wohnung, die Sie einmal bezogen haben, nie wieder zu verlassen brauchen. Ich werde Sie deshalb bitten müssen, eine Kaution von 8000 Pfund bei mir zu erlegen.«
    »Warum?« fragte ich. »Die Wohnung ist doch höchstens 6000 Pfund wert.«
    »Richtig«, bestätigte Dr. Wachsmann. »Eben deshalb verlange ich ja eine höhere Summe, weil Sie es dann ganz bestimmt vorziehen werden, die Wohnung zu räumen. Ich verlange die Summe in bar und werde sie nach Ablauf ihrer Miete noch ein weiteres Jahr einbehalten, damit Sie keinen Versuch machen, die Wohnung auf betrügerischen Wegen wieder zu beziehen. Wenn Sie mit diesen Bedingungen einverstanden sind und sie zu unserer Zufriedenheit erfüllen, bekommen Sie die Schlüssel.«
    Ich nahm ein Darlehen auf und brachte dem Anwalt das Geld. Als ich es auf den Tisch legte, fiel Botoni mit einem leisen Aufschrei in Ohnmacht.
    »In Ordnung«, sagte Dr. Wachsmann, nachdem er die Banknoten gezählt hatte. »Jetzt ist nur noch eine Kleinigkeit zu regeln. Was geschieht, wenn das Geld durch Inflation entwertet wird?«
    »Ich erkläre hiermit an Eides statt, daß ich die Wohnung auch dann räumen werde.«
    »In Fragen der Wohnungsmiete gibt es keine eidesstattlichen Erklärungen. Wir brauchen Garantien. Hier mein Vorschlag: Sie adoptieren Herrn Botoni und bestimmen ihn zugleich testamentarisch zum einzigen gesetzlichen Erben Ihres gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögens einschließlich der Mietrechte an seiner Wohnung. Diese Formalitäten möchte ich a priori, ipso facto und in toto unwiderruflich gesichert haben. Es ist, wie gesagt, nur eine Formalität.«
    Ich gab ihm recht, adoptierte Botoni und machte mein Testament. Auf Dr. Wachsmanns Wunsch übernahm ich auch noch die Beerdigungskosten und die Erbschaftssteuer. Dann händigte ich ihm meinen Familienschmuck aus, den ich für den äußersten Notfall aus Europa mitgebracht hatte, und dann war die Zeremonie vorüber. Am nächsten Tag sollte ich die Schlüssel bekommen.
    Mein Stiefsohn saß während der ganzen Zeit zusammengekauert in einer Ecke und wimmerte.
    Am nächsten Tag bekam ich die Schlüssel nicht. Mit engelsgleicher Geduld setzte mir Dr. Wachsmann auseinander, daß für den Fall eines verfrühten Ablebens seines Mandanten bestimmte Vorkehrungen zu treffen wären, damit er bei dieser ganzen Transaktion keinen Verlust erlitte. Ich sollte deshalb an das Oberrabbinat ein formelles Ansuchen richten, über mich den sogenannten »großen Bannfluch« zu verhängen, falls ich nach Ablauf eines Jahres auch nur einen Tag länger in der Wohnung verbliebe.
    Kaum hatte ich das entsprechende Dokument unterzeichnet, als Botoni einen Nervenzusammenbruch erlitt. Er sprang auf, begann zu brüllen, beschuldigte seinen Anwalt, daß er es an der nötigen Sorgfalt mangeln ließe, außerdem sei ich kein religiöser Mensch und kümmere mich nicht um Bannflüche, und er spüre in allen Knochen, daß er seine Wohnung endgültig eingebüßt habe.
    Nach einer kurzen Beratung, zu der sich die beiden Herren ins Nebenzimmer zurückzogen, erklärte mir Dr. Wachsmann, daß er sich den Argumenten Botonis nicht verschließen könne. Deshalb müsse ich von einer der im Sicherheitsrat der UNO vertretenen Großmächte einen Garantievertrag beibringen, daß sie im Falle einer nicht fristgerechten Freigabe der Wohnung bereit wäre, auch mit kriegerischen Mitteln gegen Israel vorzugehen.
    Wir einigten uns auf Frankreich. Ich ließ alle meine Verbindungen spielen und bekam tatsächlich die erforderliche Unterschrift des französischen
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