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(K)ein Mann fuer die Liebe

(K)ein Mann fuer die Liebe

Titel: (K)ein Mann fuer die Liebe
Autoren: Kelly Hunter
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vermummter Junge aus der Tür und wandte sich in die Richtung der wartenden Seilbahn. Er ging in Coles Spur, blieb aber weit hinter ihm und schloss gewissenhaft die Tore hinter ihnen. Als Cole unter dem schützenden Vordach der Seilbahnstation angekommen war, schüttelte er den Schnee von seinem Mantel und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Dann stieg er in die Gondel, in der ein riesiger Pappkarton schon die Hälfte des Platzes einnahm. Fröstelnd steckte Cole die Hände in die Taschen seines Wollmantels. Ganz eindeutig war er viel zu dünn angezogen für eine Bergtour. Unter dem Mantel trug er noch den schwarzen Anzug von der Beerdigung. Nur die Lederschuhe hatte er gegen Bergstiefel getauscht.
    Jetzt hatte auch der Junge die Gondel erreicht, schwang sich hinein und zog die Tür hinter sich zu. Er war klein und schmal für einen von Hares Gehilfen. Normalerweise stellte Hare nur Männer ein, die nicht nur Verstand besaßen, sondern auch kräftig und durchtrainiert waren. Die Arbeit in den Bergen forderte ihren Tribut.
    Dieser hier aber schien fast noch ein Kind zu sein, so zierlich war er. Jetzt kauerte er sich neben den Karton, zog die Beine an und lehnte den Kopf gegen das Fenster. Er war Snowboarder, kein Skiläufer, vermutete Cole. Alles an seiner lässigen Haltung sprach dafür. Und wahrscheinlich ein sehr guter, denn er schien keinen Wert auf angesagte Sportkleidung zu legen. Einer von denen, die niemandem mehr etwas beweisen mussten, außer sich selbst.
    Cole beneidete ihn.
    Seine nächsten Tage, Wochen und Monate würden darin bestehen, die Banker und Aktionäre des Familienimperiums zu überzeugen, dass er als neuer Chef ebenso gut war wie sein Vater. Als hätte er nicht schon seit Jahren bewiesen, dass er hoch qualifiziert war. Von der Pike auf hatte er sich hochgearbeitet. Nicht der kleinste Teil seines Erfolges war ihm geschenkt worden, nur weil er der Sohn des Inhabers war.
    Vor zwei Jahren hatte James Rees erfahren, dass er unheilbar krank war. Von einem Tag auf den anderen hatte er seinem Sohn die Geschäfte übertragen und ihm gezeigt, was wichtig war und welche Fehler es zu vermeiden galt. In dieser Zeit hatte Cole begonnen, seinen Vater zu bewundern. Ihm ging es nicht um das schnelle Geld, sondern um die Verantwortung für sein Unternehmen und für die Mitarbeiter.
    In allem, was er tat, war er besonnen, jeder Schritt war wohlüberlegt. Nur ein einziges Mal, als es darum ging, seine standesgemäße Ehefrau gegen eine hergelaufene Geliebte einzutauschen, hatte sein Verstand ausgesetzt. Er hatte tatsächlich geglaubt, die beiden Frauen könnten friedlich nebeneinander in der kleinen Stadt leben.
    In diesem Punkt war James Rees ein Narr gewesen.
    Cole wusste, was sein Vater in Rachel Tanner gesehen hatte – schon als Junge war er nicht blind gewesen für weibliche Reize, und jetzt, als Mann, schon gar nicht. Sie strahlte eine verheißungsvolle Sinnlichkeit aus, gegen die kein Mann gefeit war. Rachel Tanner wirkte, als kenne sie die geheimsten Wünsche eines Mannes und könne jeden davon erfüllen. Ganz im Gegensatz zu seiner spröden, wohlerzogenen Mutter, die bei jeder Andeutung von Leidenschaft tadelnd die Stirn runzelte.
    Doch auch James Rees hatte Bedürfnisse. Und wahrscheinlich hätte niemand erfahren, wie er sie stillte, wenn er es bei diskreten Affären belassen hätte. Doch er hatte sich nicht damit zufriedengegeben. Er wollte mehr. Und damit hatte er allen Menschen in seiner Umgebung unendlichen Schmerz zugefügt.
    Langsam setzte sich die Skigondel in Bewegung. Zunächst noch geschützt von den Wänden der Station, wurde sie wenig später von den ersten Windböen erfasst. Feine Schneeflocken wurden knisternd an die Scheiben gepeitscht. Unwillkürlich sahen beide Passagiere hinauf zu dem dicken Stahlseil, als wollten sie sich überzeugen, dass es den Naturgewalten standhielt.
    â€žWenn man dem Wetterbericht glauben kann, ist das Unwetter noch ein Stück von uns entfernt“, sagte der Junge schließlich mit leiser Stimme, die durch das Tuch vor seinem Gesicht kaum mehr war als ein Murmeln.
    Cole nickte. Vom Gipfel aus hatte er den Sturm näher rücken sehen. Vermutlich hatte der Junge die Front auf dem Bildschirm in Hares Büro beobachtet. So, wie er sich ausdrückte, schien er doch älter zu sein, als Cole geschätzt hatte. Doch es war unmöglich, das genauer zu
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