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Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Titel: Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Autoren: Jennifer Ashley
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hast gesagt, sie hätte sich im Gang vor dem Zimmer herumgedrückt. Während du im Salon gewartet hast und Hart sich nebenan angezogen hat, ist Lily ins Zimmer geschlüpft, hat mit Sally gestritten und sie dann erstochen. Kein Wunder, dass Lily sich sofort bereit erklärt hat, nach Covent Garden zu ziehen und alles für sich zu behalten.«
    Ian beugte sich über sie. »Im Moment ist es mir vollkommen gleich, wer Sally umgebracht hat.«
    Gekränkt sah sie ihn an. »Aber ich habe das Rätsel gelöst. Sag es dem Inspektor.«
    »Inspektor Fellows kann meinetwegen in der Hölle schmoren.«
    »Ian.«
    »Fellows hält sich doch für einen exzellenten Schnüffler. Soll er es doch selbst herausfinden. Du ruhst dich erst einmal aus.«
    »Aber mir geht es doch schon so viel besser.«
    Ian funkelte sie an, dabei vermied er es, sie direkt anzusehen. »Das kümmert mich nicht.«
    Gehorsam legte sich Beth in die Kissen zurück, konnte allerdings nicht widerstehen, ihm über die Wange zu streicheln. Sein Gesicht war dunkel und rau wie Sandpapier, offenbar hatte er sich schon eine ganze Weile nicht rasiert.
    »Wie hast du mich in der Kirche gefunden?«, fragte Beth. »Woher hast du gewusst, wo ich war?«
    »Fellows hat jemanden ausfindig gemacht, der gehört hat, wie Mrs Palmer den Kutscher angewiesen hat, nach Bethnal Green zu fahren. Hart wusste, dass Mrs Palmers Schwester dort lebte. Als du dort nicht warst, dachte ich, du seiest vielleicht in die Kirche deines Mannes geflohen.« Er senkte den Blick. »Ich wusste ja, dass du einst sehr glücklich dort warst.«
    »Und wie hast du die Kirche überhaupt gefunden?«
    »Ich habe alle Stadtteile in London erkundet. Ich konnte mich daran erinnern.«
    Beth beugte sich über ihn, der Geruch seines frischen Leinenhemds stieg ihr wohltuend in die Nase. »Dem Himmel sei Dank für dein Gedächtnis, Ian. Von nun an wird es mich nie wieder erstaunen.«
    »Erstaunt es dich denn?«
    »Ja, aber bislang habe ich es eher wie einen Zirkustrick wahrgenommen. Als wärst du ein dressierter Affe … «
    »Affe?«
    »Schon gut. Danke, dass du mich gefunden hast, Ian MacKenzie. Danke, dass du Sally Tate nicht umgebracht hast. Und danke dafür, dass du so gewissenhaft und edel bist.«
    »Manchmal habe ich mir Sorgen gemacht.« Ian rieb sich die Stirn, als würden ihn wieder Kopfschmerzen plagen. »Manchmal war ich wirklich drauf und dran zu glauben, ich hätte den Mord in einem Wutanfall verübt und die Tat dann aus dem Gedächtnis gestrichen.«
    Beth nahm seine Hand. »Aber du bist es nicht gewesen. Beide Mörder sind tot, und alles ist vorüber.«
    »Du hast doch gesehen, wie ich Fellows an die Kehle gesprungen bin. Curry und Mac mussten mich gewaltsam fortziehen.«
    »Wobei der Inspektor einen schon sehr reizen kann«, sagte Beth leichthin.
    »In der Heilanstalt habe ich mich zunächst gegen die Wärter aufgelehnt. Dabei ist mehr als einer verletzt worden. Für die Behandlung mussten sie mich am Bett festschnallen.«
    »Wärter?« Beth wollte sich aufsetzen, doch die Schmerzen zwangen sie zurück in die Kissen. »Du warst doch kein Tier.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Niemand sollte gefesselt, geschlagen und mit Stromstößen malträtiert werden.«
    »Wenn die Kopfschmerzen unerträglich wurden, habe ich um mich geschlagen.« Er sah zum Fenster. »Ich habe die Wutanfälle nicht immer im Griff. Wenn ich dir nun etwas antue?«
    Die Angst in seinen Augen brach ihr fast das Herz. »Du bist nicht dein Vater.«
    »Wirklich nicht? Mein Vater hat mich wegsperren lassen, weil ich Zeuge am Mord meiner Mutter war, doch das war nicht der einzige Grund. Mir ist es nicht gelungen, die Kommission von meiner geistigen Gesundheit zu überzeugen. Ich wurde so wütend, dass ich immer wieder eine einzige Gedichtzeile wiederholt habe, um nicht die Beherrschung zu verlieren.« Er nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen. »Und wenn sich meine Wut nun gegen dich richtet? Wenn ich dir wehtue? Wenn ich die Augen öffne und du leblos zu meinen Füßen … «
    Er verstummte, kniff die Augen fest und fester zusammen.
    »Nein, Ian. Du darfst mich nicht verlassen.«
    »Ich war so böse mit Sally. Und ich bin so stark.«
    »Deshalb hast du ja auch das Zimmer verlassen. Du bist hinausgegangen, um dich zu beruhigen.« Sie küsste seine geballte Faust. »Ich muss umgehend mit Inspektor Fellows sprechen«, sagte sie.
    Auf einmal war er über ihr, presste sie in die Matratze. Alle Angst war aus seinen Augen gewichen. Obwohl er ihre
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