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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition)
Autoren: Daniela Benke
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Hals und Dekolleté waren mit roten Flecken übersät. Sie zuckte resigniert mit den Schultern und öffnete die Tür. Christiano sah tadellos aus. Das schwarze Haar war feucht aus dem Gesicht gekämmt. Seinem Anzug sah man den langen Tag im Büro nicht an. Seine grünen Augen leuchteten. Anna seufzte innerlich. Er lächelte sie an. In der Hand hielt er eine grüne Plastiktüte.
    „Hast du Hunger?“, er rauschte an ihr vorbei und drückte Laura einen Kuss auf die Wange.
    „Entschuldige die Verspätung, aber ich bin im Aufzug stecken geblieben.“
    „Geschieht dir recht“, erwiderte Anna und meinte es so.
    Christiano sah sie amüsiert an.
    „Du wünschst mir wohl die Pest an den Hals.“
    „Richtig. Was hast du mitgebracht?“ Anna deutete auf die Plastiktüte.
    „Ein paar Antipasti.“ Er stellte die Tüte in der Küche ab.
    Als er wieder auftauchte, hatte er seine Krawatte gelockert. Er zog seine Anzugjacke aus und hängte sie an die Garderobe. Dabei schaute er sie triumphierend an.
    Sie schmunzelte. „Und jetzt denkst du, die Anzugjacke an der Garderobe statt auf den Wohnzimmerstühlen macht alles wett?“
    Er lachte.
    „Darf ich sie baden und ins Bett bringen?“ Er schaute Laura sehnsüchtig an. Die Kleine strahlte ihn an.
    Verräterin, dachte Anna und reichte sie ihm.
     
    Anna versuchte eine Kerze anzünden und verbrannte sich an dem Feuerzeug. Christiano reichte ihr ein Glas Wein.
    „Setz dich, bitte. Ich mach das schon.“ Er nahm ihr das Feuerzeug aus der Hand. Sie zuckte zusammen bei der Berührung.
    Dummes Schulmädchen, schalt sie sich innerlich.
    Sie setzte sich an den dunklen Holztisch, der einen warmen Kontrast zu der modernen weißen Küche bildete.
    „Schenkst du mir bitte Wasser ein?“
    Christiano nahm aus dem roten amerikanischen Kühlschrank eine Wasserflasche. Er hatte sich wie ein kleines Kind gefreut, als sie schließlich zugestimmt hatte, dieses Ungetüm zu kaufen.
    Anna trank einen Schluck Wein, ohne auf Christiano zu warten.
    Er setzte sich ihr gegenüber und legte ein paar Scheiben rohen Schinken auf seinen Teller.
    „Anna, ich war nie geduldig“, platzte er heraus. Sie blickte auf.
    „Es tut mir leid. Es ist unverzeihlich, was ich getan habe, oder?“
    Er sah sie unsicher an.
    Fast ängstlich, dachte Anna. Aber das konnte auch Schauspielerei sein, er war ein guter Anwalt.
    Sie schaute aus dem offenen Fenster und sagte nichts. Ein leichter Wind spielte mit der Gardine. Die Küche ging zur Straße. Schemenhaft erkannte sie die Fassade der gegenüberliegenden Altbauten durch das Blätterwerk der Bäume. Es war fast dunkel. Sie drehte sich zu ihm und sah ihn direkt an.
    „Es geht nicht darum, was du getan hast, sondern darum, was du zerstört hast. Tiefes Vertrauen, die Einzigartigkeit unserer Liebe. Ich weiß nicht, ob sich das jemals kitten lässt.“ Er sah sie traurig an. Sie wollte glauben, dass es echte Traurigkeit war. Er senkte den Blick, starrte in die dunkelroten Tiefen seines Rotweins. Die Küchenuhr tickte.
    Ihr Blick fiel auf den Messerblock. Sie fröstelte, obwohl es warm war.
    „Christiano?“, sie ertrug die Stille nicht mehr.
    Er hob den Blick. In seinen Augen schimmerte es verdächtig. Es rührte sie. Christiano hatte sich nie für seine Tränen geschämt. Sie sehnte sich nach seinen Armen.
    „Anna, bitte gib mir noch eine Chance. Ich kann nicht gutmachen, was passiert ist, aber ich kann es besser machen.“
    Lauras verzücktes Lächeln auf dem Arm ihres Vaters kam ihr in den Sinn. Sie wurde weich.
    „Warum, Christiano? Warum?“ Sie sah ihn an. In ihren blauen Augen breitete sich abgrundtiefer Schmerz aus.
    Christiano schluckte, trank einen Schluck Wein.
    „Wir hatten uns verändert, du hattest dich verändert“, sagte er schließlich. Sie setzte zu einer giftigen Antwort an, doch er gebot ihr Einhalt.
    „Ja, ich weiß, ich wollte, dass du deinen Job aufgibst und mit mir nach Italien kommst. Wir waren uns beide bewusst, dass du erst die Sprache lernen müsstest, bevor du hier Arbeit finden kannst. Ich bin unfair, ich weiß, aber ich hatte unterschätzt, was dieser Umzug für eine Veränderung mit sich bringen würde.“
    „Und die Hausfrau war dir zu langweilig geworden.“
    „Nein, so war es nicht.“
    „Wie war es dann?“
    „Es war plötzlich alles so erwachsen.“
    „Aber du wolltest das alles so. Du wolltest heiraten, ich sollte meinen Job aufgeben, nach
    Italien mitkommen, du wolltest sofort ein Kind.“
    „Ich habe mich hinreißen lassen.
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