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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes
Autoren: Sydney Hosier
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Squire stellte sich mit dem Glas in der Hand neben das Klavier und stärkte sich mit einem Schluck, bevor er sagte: »Kann ich nicht behaupten, alter Junge.«
    Kaum erklangen die ersten Takte, da hörte man aus dem vom Mond erhellten Garten eine Stimme, die das Klavier singend begleitete.
    Während Charles weiterspielte, wenn auch zögernd, standen wir auf und gingen zum Fenster. Obwohl kein Wort gesprochen wurde, tauschten alle Anwesenden fragende, verwirrte und ängstliche Blicke aus.
    Die Wolken hatten sich gelichtet, und das Mondlicht ließ im Garten die einsame, geisterhafte Gestalt einer jungen Frau sichtbar werden.
    Sir Charles, der langsam ebenso die Nerven zu verlieren schien wie die anderen, verließ das Klavier und kam zu uns ans Fenster. Der Gesang ertönte weiterhin mit einer quälend klaren Stimme, während die schattenhafte Gestalt einer jungen Frau heranschwebte und uns einen erschreckenden Blick auf ihr blutverschmiertes Gesicht ermöglichte.
    Lady Margaret fiel prompt in Ohnmacht.
    Sowohl der Colonel als auch Sir Charles erstarrten auf der Stelle wie die Wachsfiguren von Madame Tussaud. Vi stolperte zurück und hielt sich am Klavier fest. Der Squire, dessen Gesicht vor Grauen und Unglaube verzerrt war, warf sein schweres Kristallglas mit solch einer Gewalt gegen das Fenster, daß durch die Wucht Tausende von Fensterscherben nach draußen flogen.
    »Es ist Nora! Es ist Nora!« schrie er immer wieder.
    »Wie könnte es Nora sein?« fragte ich ihn. »Sie haben sie doch getötet!«
    »Ja, aber Sie haben sie gesehen – wir alle haben sie gesehen!« entgegnete er heftig, bevor er sich über die Tragweite seines Eingeständnisses klar wurde.
    Er ging zum Barschrank, wo seine zittrigen Hände mit mäßigem Erfolg versuchten, ein Whiskyglas zu füllen.
    Ich drehte mich zu seinem Bruder um. »Sir Charles«, befahl ich ihm, »bitte kümmern Sie sich um Ihre Frau, sie ist ohnmächtig!«
    Selbst noch in einem etwas benommenem Zustand hob der Baronet mit Hilfe des Colonels die Lady auf das Sofa.
    »Emma Hudson, was ist hier eigentlich los?« schrie Vi, die offensichtlich nach allem, was sie gesehen hatte, recht aufgebracht war. »Zuerst singt da draußen ein verflixter Geist hübsche Lieder, dann gesteht der Squire den Mord… Ich dachte, wir wären hinter…« Sie richtete ihren Blick auf Sir Charles, hielt sich dann aber doch im Zaum.
    »Ich denke, Henry muß hier etwas erklären«, antwortete der Baronet, während er sich über seine Frau beugte und versuchte, sie mit sanften Schlägen auf die Wange wieder zum Leben zu erwecken.
    Die Augen von Lady Margaret öffneten sich langsam. »Was ist, Charles?« fragte sie. »Was ist geschehen?«
    »Es scheint, mein Liebling, als habe Bruder Henry gerade allen Anwesenden gestanden, die junge Frau umgebracht zu haben, die man draußen gefunden hat.«
    »Ach was!« fuhr ihn der jüngere Mann an und schüttete seinen Drink zurück. »Wer will mich den an den Galgen bringen? Du etwa, Charles? Du, Margaret? Wie sieht’s mit Ihnen aus, Colonel?«
    »Was? Was? Also wirklich, alter Junge, das ist doch…«
    »Nein«, antwortete der Squire überheblich, »das kann ich mir kaum vorstellen! Und«, fügte er hinzu, wobei er sich Vi und mir zuwandte, »wer wird denn schon zwei närrischen alten Frauen glauben? Die Auferstehung Noras von den Toten wird die Absurdität der Behauptung nur verstärken. Aber machen Sie nur, Mrs. Hudson«, fuhr er mit einer gewissen Arroganz in der Stimme fort, »rennen Sie zu Ihrem Inspektor. Ich kann mir seine Reaktion auf Ihre Geschichte nur allzugut vorstellen.«
    »Können Sie das tatsächlich, Sir?«
    Alle Augen wandten sich Thackeray zu, der ohne Melone in das Zimmer schlenderte.
    »Sie haben alles gehört, Inspektor?«
    »In der Tat, Mrs. Hudson. Es tut mir leid, Squire, aber ich muß Sie offiziell des Mordes an Nora Adams anklagen.«
    »Nora St. Clair, Inspektor«, korrigierte ich ihn.
    Auf das verblüffte Schweigen folgten Laute des Erstaunens.
    »St. Clair? Wie meinen Sie das?« fragte Thackeray.
    Ich wandte mich an den Squire von Haddley. »Soll ich es ihnen erzählen, oder wollen Sie es tun?«
    »Sie scheinen ja alle Antworten zu kennen«, erwiderte er bitter und sank in einen Sessel.
    »Nun, ich möchte gerne wissen, woher du wußtest, daß es der Squire war«, schmollte Violet. »Und was soll das Ganze mit dieser Nora St. Clair, hä?«
    »Zur Beantwortung deiner ersten Frage, Vi«, antwortete ich, »du erinnerst dich doch daran, daß du
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