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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Isabel Morf
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werfen. Barbara
Flückiger blieb allein zurück.
    »Was ist
los?« Wieder die Stimme von Nadine Attinger. Obwohl sie eben die Strapaze einer
mehrstündigen Geburt hinter sich hatte, klang ihre Stimme ganz wach und bestimmt.
Sie schaute der Hebammenschülerin hinterher. »Warum bringen Sie mir mein Kind nicht?«
    Barbara
Flückiger trat an ihr Bett. Sie wusste, was zu sagen war. »Ihr Kind atmet nicht
richtig, es muss gleich auf die Intensivstation. Aber machen Sie sich keine Sorgen.«
    Nadine Attinger
wirkte alarmiert. »Natürlich mache ich mir Sorgen. Was hat es? Und ist es ein Mädchen
oder ein Junge?«
    Barbara
Flückiger schwieg. Sie wusste es nicht. »Ich werde jetzt Ihren Mann hereinholen.
Dann können Sie zusammen warten.« Sie legte der Frau kurz die Hand auf die Schulter.
Aber es war eine falsche Geste, sie spürte es. Ohne ihr die Gelegenheit zu einer
Antwort oder einer neuen Frage zu geben, eilte sie aus dem Gebärsaal. Sie funktionierte
automatisch, wie ein Roboter. Sie musste jetzt den Mann zu seiner Frau bringen.
Dann blieb den Ärzten etwas Zeit herauszufinden, was zu tun war.
    Stefan Attinger
saß in einem Sessel im Korridor. Er sprang auf, als er die Hebamme erblickte. »Ist
es da?«, fragte er. Sein Haar war zerwühlt, sein Hemd zerknittert. Gott sei Dank
war er bei der Geburt nicht dabei, schoss es Barbara Flückiger durch den Kopf. Ihr
Herz begann heftig zu klopfen. Gleich wird er fragen, was es ist, dachte sie. Und
ich weiß es nicht. Sie trat auf ihn zu. »Ja, Ihr Kind ist geboren. Sie können jetzt
zu Ihrer Frau«, sagte sie.
    Er strahlte:
»Gesund? Junge oder Mädchen? Wie groß? Wie schwer?«
    »Es atmet
nicht ganz richtig«, sagte Barbara. Ich lüge, dachte sie. Aber es ist richtig so.
»Wir mussten es gleich in die Intensivstation verlegen. Machen Sie sich keine Sorgen.«
Ihre Lippen wurden ganz trocken beim letzten Satz.
    »Es atmet
nicht?«, rief der Vater erschrocken. »Was hat es denn? Etwas Ernstes?«
    Sie schüttelte
den Kopf. »Kommen Sie zu Ihrer Frau. Wir geben Ihnen so rasch wie möglich Auskunft.«
    »Ich möchte
es sehen«, sagte Stefan.
    Sie nickte.
»Bald.« Sehen, dachte sie. Nein, das möchtest du nicht sehen.
    Sie führte
den Mann in den Gebärsaal. Seine Frau richtete sich auf. »Stefan, sie haben mir
mein Baby fortgenommen«, sagte sie. »Etwas ist nicht in Ordnung mit ihm.«
    »Ich bin
gleich wieder bei Ihnen«, sagte Barbara und ging hinaus.
     
    Das Reanimationszimmer war ein kleiner
Raum. Zwei Babybettchen standen darin, umgeben von Wärmelampen und Monitoren. Nichts
von sanften Farben und leiser Musik. Hier kamen die Babys hin, die krank zur Welt
kamen, die nicht gut atmeten, deren Herzen nicht richtig schlagen wollten, deren
Leben auf dem Spiel stand. Jetzt lag ein nacktes Neugeborenes auf dem einen Bettchen.
Es atmete. Es schrie mit einem dünnen Stimmchen. Es bewegte sich, es blinzelte.
Es hatte zwei Ärmchen, zwei Beinchen, alle Finger und Zehen, es war ein Mädchen.
Um das Bettchen herum standen Barbara Flückiger und Rainer Stocker. Am Rande drückte
sich Beatrice Meier herum. Es war eng und sehr warm im Raum. Alle schwiegen und
betrachteten den Säugling. Sein ganzer Körper, auch das kleine Gesicht war über
und über bedeckt mit dichten, dunklen, drei Zentimeter langen Haaren. Es hat ein
Fell, dachte Beatrice Meier, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Es sieht aus wie
ein verkleinerter Chewbacca aus Star Wars, ging es Stocker durch den Kopf. Er schämte
sich für den Gedanken.
    Die Tür
ging auf. Regula Frey, Oberärztin Gynäkologie, trat ein. »Guten Tag. Was …« Sie
brach ab, als ihr Blick auf das Baby fiel. Rasch trat sie ans Bett. Sie berührte
das Kind, befühlte die Haare, nahm es auf, musterte es ungläubig. Bevor sie etwas
sagen konnte, öffnete sich die Tür wieder und Hans-Rudolf Mathis, Oberarzt Pädiatrie,
erschien. Auch er zuckte zusammen, als er den Säugling sah. Regula Frey reichte
ihm das Kleine. »Haben Sie schon …?« fragte er. »Nein, bin eben erst gekommen«,
antwortete sie mit gepresster Stimme. Mathis prüfte die Herztöne des Kindes, hörte
auf sein Atmen, legte einen Pulsfühler an ein Fingerchen und maß den Sauerstoffgehalt
im Blut. Flückiger reichte ihm das Resultat der Nabelblutanalyse.
    Regula Frey
und Hans-Rudolf Mathis sahen sich an. Mathis schüttelte auf die unausgesprochene
Frage von Frey den Kopf. »Nein, mir ist so was noch nie begegnet. Auch noch nie
davon gehört. Eine Art Hypertrichose. Ansonsten scheint es
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