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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Autoren: Christine Anlauff
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Tränenschleier an.
    »Na also«, knurrte sie. »Geht doch.«
    »Bitte?«
    »Brust raus, Po rein. Wer den Hintern rausstreckt, will eins draufhaben, hat mein Vater immer gesagt.«
    Liebermann war, als hätte der Stock ihn endgültig in zwei Hälften geteilt. »Jemand könnte auch einen anderen Grund dafür haben, den Hintern rauszustrecken«, murmelte er.
    »Guck mal einer an! Welchen denn, zum Beispiel?«
    »Schmerzen.«
    »Schmerzen!«, wieherte die Alte. »Sehen Sie mich vielleicht den Hintern rausstrecken? Kommen Sie mal in mein Alter, dann wissen Sie, was Schmerzen sind. Und bis dahin: Brust raus, Po rein. Wegen Leuten wie Ihnen haben wir den Krieg verloren.«
    Sie zog ihren Kittel straff, wie um zu demonstrieren, dass sie nicht gewillt sei, noch einer Kapitulation beizuwohnen, und humpelte von dannen. Erschüttert sah Liebermann ihr nach. Das war also der friedlichste Fleck der Erde.
    »Was ist ein Kittel?«, fragte Miri.
    »Eine Art Schürze. Dieser hier war blau.« Oder grau? Liebermann musste zugeben, dass er kaum auf die Kittelfarbe seiner Peinigerin geachtet hatte. Er erinnerte sich nur an ein paar große Brandlöcher am Saum.
    Miri pulte eine Erdbeere aus ihrem Kuchenmatsch. »Frau Krebs«, sagte sie sachlich. »Die hat eine blaue Schürze. Und sie ist böse.«
    »Warum?«
    »Sie wollte Vincent verhauen, nur weil er sie mit dem Frisbee getroffen hat. Außerdem hat sie ein Messer.«
    »So«, sagte Liebermann. »Und wer ist Vincent?«
    »Der wohnt da.«
    Nach dieser kryptischen Mitteilung schob Miri die unverwertbaren Reste ihres Kuchens beiseite und verlangte zu spielen.
    Gegen sechs zog sich Liebermann erschöpft mit einer Zigarette auf den Balkon zurück. Er hatte sich von Miri jedes einzelne ihrer Spielzeuge vorstellen lassen, seine Haare für Frisierversuche hingegeben und einen babylonischen Legoturm gebaut, ehe er endlich eine Gelegenheit zur Flucht gefunden hatte. Auf dem Weg durchs Wohnzimmer war er an der von Thekla erwähnten Pinnwand vorbeigekommen. Unter dem Zettel mit der Balletteinladung klemmte ein Zeitungsausschnitt mit der Zeile: Nicht das Auge, sondern der Verstand sieht.
    Aha. Offenbar war der Pate des Zitats nie einem Blinden begegnet, was Liebermann allerdings nicht im mindesten störte. Für den Luxus einer eigenen Pinnwand war er bereit, selbst die idiotischsten Sprüche abzusegnen.
    Er wusste, dass man sich in der Vermisstenstelle des Berliner LKA über seinen Tick, kleine Auffälligkeiten auf Zetteln, Aktendeckeln und selbst auf den Möbeln im Büro zu notieren, amüsierte. Aber auch das störte ihn nicht, denn erstens konnte er es nicht ändern, und zweitens taten sie es leise. Was vielleicht daran lag, dass dieser Tick bereits das eine oder andere Mal zu einem ihrer Verschollenen geführt hatte, wenn auch leider meist erst post mortem.
    Liebermann warf einen etwas neidischen Blick in die Kronen einiger weiß blühender Bäume, die die Straße unter ihm säumten. Dann setzte er sich vorsichtig in einen von zwei Korbsesseln, legte die Zigaretten in Griffweite auf die Brüstung, drückte sich eine Diclofenac in den Mund und wählte die Nummer seines Büros.
    Nach dreimaligem Klingeln erklang am anderen Ende die Stimme von Kommissarin Marion Allhorn. Liebermann sah verdutzt auf sein Display. Er teilte sich das Büro mit Kommissar Uwe Schüler, Marion hatte das nebenan.
    Mitten in sein Erstaunen sagte sie: »Ich sortiere hier nur was.«
    »Und Uwe?«
    »Beim Zahnarzt.«
    »So. Dann sag ihm, er soll mich zurückrufen, wenn er wiederkommt.«
    »Ich glaub nicht, dass der hier heute noch mal auftaucht«, sagte Marion heiter. »Wenn mich nicht alles täuscht, fault ihm da gerade ordentlich was weg. Er roch aus dem Mund wie meine Schwester damals, als ...«
    Zu spät riss Liebermann sich das Handy vom Ohr und hielt es über die Balkonbrüstung. Sein Ellbogen stieß gegen die Zigarettenschachtel. Als er Zugriff, schnippte sie nach oben, beschrieb einen trägen Salto vor weißgrünem Laub und verschwand in der Tiefe. Liebermann fluchte leise. Dann zählte er langsam bis zehn und näherte das Handy wieder seinem Ohr.
    »... hat sie sich noch wochenlang Knochensplitter aus dem Zahnfleisch gezogen«, sagte Marion. Liebermann nutzte die folgende Atempause.
    »Ich bin krankgeschrieben.«
    Stille.
    »Die Bandscheibe?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Ja.«
    »Also doch! Ich hab doch gerochen, dass das kein normaler Hexenschuss ist.«
    Nicht, dass Liebermann sich darüber wunderte. Marion war
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