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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Autoren: Christine Anlauff
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Anlass für das Festmahl auch diesmal eine Ratte war, so hatte Serranos Erinnerungsvermögen sie vollständig getilgt. Zusammen mit allem, was danach kam. Hatte er seine Revierrunde gemacht? Cäsar den versprochenen Denkzettel verpasst? War Aurelia schon da gewesen?
    Ihn überkam eine leichte Unruhe. Für gewöhnlich besuchte ihn Aurelia am frühen Nachmittag. Seltener auch abends, wenn die Alte, die ihr Haus bewachte, schlief. Serrano hatte nach einem Attentat mit einem Küchenmesser, das nur knapp an seinem verbliebenen Ohr vorbeigesegelt war, von Gegenbesuchen Abstand genommen. Die Alte hasste Katzen, und alle Katzen der Gegend hassten die Alte und bedauerten Aurelia dafür, dass sie in ihrem Dunstkreis leben musste. Aber weiter. War Aurelia, oder war sie nicht?
    Mühsam drehte Serrano den Kopf. Jetzt erkannte er, wo er sich befand. Im Schlafzimmer des Fleischers. Das war ungewöhnlich. Bisher hatte der Fleischer ihn nur einmal in dieses Zimmer gelassen. Nachdem die stinkende Töle von diesem Sänger Serrano ein Ohr abgebissen hatte. War inzwischen tot, die Töle, überfahren. Dem Sänger waren nur ihre Flöhe geblieben. Serrano krümmte sich zu einem Haken. Mehr war nicht drin. Die Mühen der letzten Viertelstunde hatten ihn erschöpft. Er überlegte, ob er sich wenigstens ein kurzes Zweites Leben gönnen sollte. Nein, erst musste er es wissen. Was war nach dem Schnitzel passiert? Nicht Cäsar, auch nicht Aurelia. Was?
    Die Sonne schien gleißend, beinahe weiß in das Schlafzimmer. Und dann kam etwas, ein Bild, herausgelockt, vom Gegenteil: etwas Dunkles, oder doch fast, das in Serrano ein dumpfes Gefühl von Panik heraufbeschwor. Ohrenbetäubende Stakkatogeräusche, unterbrochen vom Fluchen des Fleischers, dann verhältnismäßige Ruhe, dann eine weibliche Menschenstimme. Er hatte sie gemocht, diese Stimme. Er schwor, dass ihre Inhaberin es war, die ihn aus dem Dämmer seines Käfigs befreit hatte. Braune Augen, eine zarte Hand, die ihn hinter dem verbliebenen Ohr kraulte, und: aus.
    Starr wie eine der gefrorenen Schweinehälften des Fleischers lag Serrano auf der Decke. Es konnte nicht sein. Es durfte nicht sein! Und vor allem nicht jetzt!
    Mit einer Anstrengung, die ihn an die Grenze seiner Kraft trieb, schob er den Kopf zwischen seine Hinterläufe und erstarrte. Dort, wo einmal die Reichsäpfel seines Reviers geprangt hatten, hingen zwei armselige kleine Beutel. Es hatte ihn erwischt.
    Einige Straßen weiter diskutierte Liebermann mit seiner Tochter den Nachmittag. Sie wollte sofort und auf der Stelle zu Knut. Er erklärte ihr, dass Knut vermutlich gerade seinen Mittagsschlaf hielt, was sie bezweifelte. Da Liebermann sich im Biorhythmus des Nordpols nicht wirklich auskannte, versuchte er es anders. Er bestand darauf, vor dem Ausflug Kaffee zu trinken. »Was meinst du, was passiert, wenn wir vor dem Eisbärenkäfig stehen und mein Magen knurrt?«
    »Was denn?«
    »Knut wird mich für seine Mutter halten. Oder noch schlimmer, für einen Feind. Er wird versuchen, mich in seinen Käfig zu ziehen, und dann ade ihr schönen zwei Wochen mit Miri. Von nun an wirst du deinen Vater nur noch im Zoo besuchen können.«
    Miri lachte.
    »All das Eis, das ungekauft bleibt!«, klagte Liebermann. Miri spitzte die Ohren. »All der Kuchen. Du wirst zur Oma ziehen müssen, weißt du noch, wo sie wohnt?«
    »In der Kavalierstraße«, sagte Miri beflissen. »Na gut, aber morgen gehen wir wirklich.« Liebermann atmete auf.
    Die Wahrheit war, dass es ihn keine halbe Stunde mehr auf den Füßen gehalten hätte. Während er sprach, lag er auf dem Wohnzimmerteppich, ein Sofakissen im Rücken, und winkelte abwechselnd die Beine an, wie ihm der Arzt empfohlen hatte. Die Wahrheit war, dass er schleunigst eine Apotheke brauchte, keinen Eisbären.
    »Abgemacht, morgen«, sagte er. »Dann deck du schon mal den Tisch, während ich schnell zum Bäcker springe.«
    Miri sah kritisch auf ihn herunter. Und Liebermann ersetzte das Wort »springen« beschämt durch ein bescheideneres »gehen«.
    Irgendwann, er hatte es aufgegeben, auf das Fenster zu achten, hörte Serrano einen Ruf von der Straße her. Er wartete den nächsten ab, ehe er zur angelehnten Tür wankte, die Treppe hinunter, am Büro des Fleischers vorbei.
    Die Fleischerin stockte, als er sie passierte. »Serrano! So fix wieder auf den Beinen?«
    Er ließ sie hinter sich. Er verstand ohnehin nur seinen Namen. Aber er roch ihr schlechtes Gewissen. Stufe um Stufe kämpfte er sich die
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