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Karma Girl

Titel: Karma Girl
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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biete ein bisschen Last-Minute-Modeberatung an. Oder Beistand, wenn man sich so den Inhalt deines Schranks ansieht …«
    Gwyns Last-Minute-Modeberatung bedeutete meistens, dass sie sich in letzter Minute noch schnell Klamotten von mir für den Abend auslieh, aber an diesem Tag hatte ich weiß Gott selbst ein bisschen Anleitung nötig.
    Sie stand wieder vor den Betten und legte bei einigen gewagten Outfit-Kombinationen letzte Hand an. Es war sogar ein indisches Teil dabei, und zwar eine ziemlich kitschige Chaniya Choli in heftigen Farben, nach der sie im hintersten Winkel meines Schranks gewühlt haben musste.
    Schließlich ließ sie vier Varianten übrig, schritt von einem Outfit zum anderen und pries die jeweiligen Vorzüge an, so als wolle sie mir meine eigenen Klamotten verkaufen. Sie schien ziemlich zufrieden mit sich zu sein.
    »Gwyn«, sagte ich in sachlichem Ton. »Was du da zusammengestellt hast – also, an dir würde das alles toll aussehen. Ach was, nicht toll, es würde absolut atemberaubend an dir aussehen. Aber wenn ich was davon anziehe, sieht das einfach nur lächerlich aus.«
    »Ach komm, Dimps – wusstest du noch nicht, dass Marilyn eine ziemlich große Konfektionsgröße hatte? Du willst mir ja wohl nicht weismachen, dass sie nicht perfekt war, oder?«
    »Gwynnie, ich glaub einfach nicht, dass es aussieht.«
    »Oh Mann, ich hab befürchtet, dass so was passieren würde«, seufzte sie betont übertrieben. »Unzufrieden mit den eigenen Sachen? Na, umso besser, dass ich dir …«
    Sie bückte sich, langte unters Bett und brachte eine vertraut aussehende neonfarbene Plastiktüte zum Vorschein.
    »… dein Geburtstagsgeschenk mitgebracht habe! Direkt aus East Village.«
    »Oh, Gwyn, das ist doch Wahnsinn!«
    »Tja, mag sein. Los, mach doch mal auf.«
    Es war das Outfit, das eine der Schaufensterpuppen bei Style Child getragen hatte – also der weiße Minirock, der an beiden Seiten mit Reißverschlüssen verziert war. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich den Rock überhaupt über meinen feisten Hintern zwängen sollte.
    »Oh, Gwyn, das ist doch kompletter Wahnsinn!«, wiederholte ich.
    »Sieht der nicht absolut cool aus?«, sagte Gwyn. »Ich fand den so toll, dass ich mir auch gleich einen gekauft habe. Der ist doch ideal, um gleich einen guten ersten Eindruck zu machen.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    Gwyn schaute enttäuscht drein, weil ich keinerlei Anzeichen von Begeisterung zeigte. Und ich fühlte mich ziemlich daneben – denn sie hatte sich extra von Dylan losgerissen, nur um mir etwas Cooles für den Abend zu besorgen. Hier stand ich also, komplett undankbar. So war ich doch noch nie drauf gewesen.
    »Entschuldige, Gwynner«, sagte ich. »Der Rock sieht fantastisch aus. Vielen Dank!«
    »Heißt das, dass du ihn anziehst?«
    »Ich zieh ihn an«, seufzte ich.
    »Braves Mädchen!«, sagte sie sichtlich erleichtert.
    Nachdem wir die passenden Schuhe ausgesucht hatten, streifte ihr Blick das dunkelrote Oberteil, das zum Tragen unter dem Chaniya Choli gedacht war.
    »Dieses kleine Top ist absolut super, Dimps!«, rief sie.
    »Das ist kein kleines Top – das ist wie ein BH«, sagte ich. »Das trägt man unter dem Sari.«
    Ach, wenn du's nicht trägst, kann ich's dann anziehen?
    »Ach, wenn du's nicht trägst, kann ich's dann anziehen?«
    »Nur zu«, sagte ich.
    Als Gwyn schließlich ihre indische Unterbekleidung zusammengestellt hatte, schaute sie auf ihre Uhr.
    »Ich hab gerade noch Zeit genug, um schnell die Accessoires mit dir durchzugehen«, sagte sie. »Was hast du denn so auf Lager?«
    »Ist alles in der obersten Schublade.«
    Ich setzte mich etwas erschöpft auf die Bettkante und Gwyn öffnete die Kommode.
    »Wow! Dimple! Das hast du mir noch gar nicht gezeigt! Wie jetzt – hat das deine Mutter beim letzten Mal alles aus Indien mitgebracht?«
    »Ja«, sagte ich.
    Ich ging ebenfalls zur Kommode. Ehrlich gesagt hatte ich vollkommen vergessen, was ich dort verstaut hatte.
    Haufenweise Plastik-Armreifen in knallbunten Farben lagen dort, außerdem silberne Reifen mit kleinen Diamanten und Herzen, die grün und rot funkelten, Fußkettchen mit lauten Glöckchen, Fußkettchen mit leisen Glöckchen, Fußkettchen ohne Glöckchen, Ringe für Zehen, Ringe für Finger, bunte Ohrringe, die wie kleine Kronleuchter aussahen, Bindis in allen möglichen Farben – und, und, und. Die Schublade war voll mit Schmuck, und zwar war nicht nur Strass, sondern auch das eine oder
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